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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0349
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Die freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf.

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Im Einzelnen kann auch dieses interessante Capitel der Kirchenzucht nicht weiter ver-
folgt werden. Es zeigte sich aber auch hier, auf dem eigentlichen Gebiete des „Geistlichen
Regierens“ im Sinne Luthers, die starke Entwickelung des landesherrlichen Regiments, wie sie
vielfach allerdings gerade durch das Übermass des „geistlichen Regierens“ im lnteresse des
Friedens in der Stadt direkt herausgefordert worden war. Dass den Geistlichen diese Ab-
hängigkeit vom Rathe nicht gefiel, ist erklärlich, und an Petitionen um Gewährung grösserer
Selbständigkeit hat es, wie wir sahen, nie gefehlt — wenn sie auch keinen Erfolg aufweisen
konnten. Ein Aufrollen der prinzipiellen Fragen erfolgte 1633, 1634. Da kam es zu scharfen
schriftlichen Auseinandersetzungen zwischen dem „Superintendent, Pastores und sämmtlichen
Prediger zu Lübeck“ und dem Rath über den Umfang des ius episcopale. Den äusseren
Anlass gab das Begräbniss eines Calvinisten; schon 1626 hatte es aus Anlass des Begräbnisses
eines Katholiken einen Zusammenstoss zwischen Rath und Ministerium gegeben. Es sei an
dieser Stelle nur auf das Material im St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl. Min. Tom. II, III, IV
verwiesen. —
Die Geschichte der Kirchenverfassung Lübecks soll noch geschrieben werden. —
III. Eine grosse Rolle im Rechtsleben Lübecks spielen die Massnahmen gegen die
Widertäufer, Sakramentirer, gegen den Calvinismus u. s. w. Hiergegen hat Lübeck zahlreiche
eigene Mandate erlassen, so 1540, 1546, 1547, 1554, 1567, 1576, 1591; ferner zusammen mit
den anderen wendischen Städten 1535, 1555; vgl. Dreyer, a. a. O. S. 60 ff., mit Litte-
raturangabe.
Über das Begräbnisswesen finden sich verschiedene Ordnungen im Staatsarchive, darunter
eine „Ordnung der Schoebande bei Begräbniss der Toten“ aus dem 16. Jahrhundert. Vgl. auch
Becker, a. a. O. 2, S. 207; Starck, a. a. O. S. 245. (Schoebande war die lübeckische Be-
zeichnung für die Frohnknechte.) Es sei ferner genannt eine „Ordnung E. Hochw. Raths, das
die Schule um zwei Uhr aus der Kirchen gehen soll“, von 1597 (St.-A. Lübeck, Archiv des
Geistl. Min. Tom. II, fol. 87). Aus dem Jahre 1604 findet sich ein Extract aus den Ordnungen
des Raths bei Anrichtung der Gräber und Begräbnisse, item bei Zuschreibung der Stühle in
den Kirchen. Aus späterer Zeit hat Lübeck verschiedene Begräbnisordnungen aufzuweisen.
Zur Sonntagsheiligung ergingen namentlich im 17. Jahrhundert zahlreiche Mandate.
Vgl. St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl. Min. Tom. II, fol. 85, 86.
Vom Jahre 1593 datirt eine Ordnung der Bettage. St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl.
Min. Tom. II, fol. 80, 81, 84.
Endlich sind noch Aufwandsordnungen zu nennen, die Lübeck, in ähnlicher Weise wie
andere Städte, gegen das Ende des 16. Jahrhunderts erlassen hat. Vgl. Behn in Michelsens
Archiv für Staats- und Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 1 Heft 1 (Kiel 1853).
IV. Für das Johanniskloster hatte der Rath schon in katholischer Zeit eine Ordnung
erlassen. Im Jahre 1569 regelte er die Klosterverhältnisse im protestantischen Sinne, durch
„E. E. Raths Ordnung des Johannisklosters von Ant. Ludinghausen, consule, und D. Hermann
von Vechetelde, Synd., gemacht, dem Ministerio vorgehalten und communizirt de 1569“. Hiervon
finden sich zwei handschriftliche Exemplare im St.-A. Lübeck, Klosterordnungen, wovon das
eine stark korrigirt ist, sowie eine weitere Handschrift im St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl. Min.
Tom. III, S. 194. Im Jahre 1667 wurde die Ordnung gedruckt, gleichzeitig aber auch die
Rathsordnung aus der katholischen Zeit. Exemplare des Druckes von 1667 finden sich im
St.-A. Lübeck, Klosterordnungen Vol. I, St. Johanniskloster, ferner St.-A. Lübeck, Archiv des
Geistl. Min. Tom. II, fol. 180. Es wird von ihr eine Inhaltsübersicht abgedruckt (Nr. 71). Im
Jahre 1574 schickte der Rath diese Klosterordnung den Theologen D. Lucas Bacmeister und
D. Martin Chemnitz zur Begutachtung zu. Ihr Gutachten (Actum Lübeck 1. Juli 1574) findet
sich im St.-A. a. a. O. Es findet in generali, daß die Ordnung gut und den andern Kloster-
 
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