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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0453
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Kirchenordnung von 1585.

437

Zum dritten.
Das niemand mit langen processen aufgehalten,
noch zu vielen schweren unkosten vorursachet,
sondern den consistorialsachen ohn verzug schleunig
und bald den parteien zu gute abgeholfen werde,
so sollen die procuratores nicht schriftlich, son-
dern mündlich, ohn langes unnützes plaudern und
vergeblichen disputiren, die klage und speciem
facti mit ihren meritis ziemlicher notturft nach
anbringen, und das gegentheil sein exception
dagegen einwenden, und sich aller vorbitterungen
in reden und geberten, sampt aller unwarheit
und verkerungen der hendel genzlichen, so wol
in den klagen als exceptiones, duplicis, triplicis etc.
enthalten, und der parteien notturft mit ge-
bürenden circumstantiis bescheidentlichen für-
bringen, und nach dem so viele klagen, als man
auf einmal zu erörtern zeit hat, von den vor-
ordenten consistorialibus eingenommen worden,
sollen die parteien ausgewiesen, und von dem
praesidenten die merita jeder klagen und contro-
versien summarie den assessoribus aus des secre-
tarii protocollo repetirn, und eines jedes bedenken
darauf erfodern, und die vota fleissig ponderiren
und in acht haben.
In den votis sol jederman dahin sehen, dass
er (wie gesagt) seines bedenkens vornufftige, ge-
wisse fundamenta fürbringe, und nicht im finstern
oder aus dem stegereife votire, damit niemand
gefehret, noch sein eigen gewissen vorletzet
werde etc.
Und wenn man denn also ordentlich von einer
sachen zu der ander, durch alle fürgebrachte
klage und antwort durchgangen, und in einer jeden
das urteil einhelliglich bewilliget, beschlossen,
und aufs papir vom urteilfasser vorzeignet
worden, sollen die urteile abermal den assessori-
bus, ehe man sie publiciret, semptlichen eins nach
dem andern wiederumb fürgelesen, und wenn sie
denn also genugsam erwogen und beliebet bleiben,
sollen die parte wiederumb eingefodert, und in
geoffeneter thür einem jeden parte sein urteil aus
der schrift gefellet und gesprochen, und auf eins
jeden beger seins urteils copei , umb die ge-
bür mitgeteilet und gegeben werden, und sol
damit also der erster actus geendiget sein. Des-
gleichen sol es in folgenden actibus und sessioni-
bus auch gehalten werden, bis alle klagende und
gegenteil abgehöret, und in allen sachen gebür-
licher, rechtmessiger bescheid gegeben werden.
Zum vierten.
Es sollen unsere consistoriales nicht alleine
macht und frei haben, ihres gerichts sachen zu
entscheiden, zu vorabscheiden, und durch ent-
liche urteile zu erörtern und erledigen , sondern
auch bemechtiget sein, nach vorbrechunge und

beschaffenheit ihres gerichtes hendel, den schül-
digen teilen ausdrückliche penen, als geltstrafen,
dessen die helfte unserm fisco, die ander helfte
dem consistorio heimfallen sol, und auch peen des
gefengnisses aufzulegen. Denn was andere strafe
leibes und lebendes belanget, werden dieselbige der
weltlichen obrigkeit billig, in allen urtheilen des
consistorii fürbehalten und uberwiesen.
Zum fünften.
Weil urteil und gegebener bescheid den
parteien nicht zu gute kompt, sondern den ge-
richten nur zu schimpf und vorkleinerung, und
den böshaftigen zu allen mutwillen gedeiet, wo
nicht gebürliche unvorzugliche execution darauf
erfolget, und dieselbige nicht wirklich alsbald be-
stellet und befohlen wirt, also sol hiemit unser
consistorium unvorhinderte macht haben, wo unsere
unterthanen und vorwandte deme allen, was ihnen
fürm consistorio zuerkant worden, in ernenter
frist nicht gehorsamen, sondern sich widersetzig
erzeigen würden, wider solche mit gefengnissen,
oder nach der sachen gelegenheit, geltstrafen zu
vorfahren.
Und sollen unsere jedes orts beampte und
obrigkeiten in stetten, und die ritterschaft auf dem
lande, so bald sie umb behülfliche hand zu leisten,
von den consistorialen solcher gestalt ersucht werden,
ohn verzug zur stunde schüldig sein, der con-
sistorialen schreiben, mandata, abschied und ge-
fellete urteil, welche ihre kraft erreichet, und
davon ordentlicher weise nicht in gebürender
zeit appelliret oder querulirt, oder die appellation
in sechsischer frist, nach dem appelliret worden,
nicht zu hofe ist bei uns, dem landesfürsten an-
hengich, sondern deserirt worden, ohn ansehen der
person, bei unser ungnad und ernster strafe zu
exequiren, damit jedermann seines gebürenden
rechtes entlichen zu geniessen haben müge.
Denn wo jemand sich bedünken liesse, er
were für dem consistorio in urtheilfassen be-
schweret worden, der sol noch in wehrendem con-
sistorio oder in gebürender frist solches be-
scheidentlich anbringen lassen, und an den landes-
fürsten zu appelliren oder queruliren macht haben,
aber seine appellation dem gegenpart zu nachtheil
nicht hengen und anstehen, sondern in obgedachter
frist nach beschehener appellation das gegenteil
dazu citiren, und die appellation anhengich machen,
ursachen, darumb er appelliret, anziehen, und der
vöriger action mengel und defect, wie recht,
suppliren, und entliches bescheides darauf, ohn
vorlengerunge der sachen, gewertig sein. Wo er
aber solches in benenter frist nicht thut, sol der
appellate hirüber zu hofe klagen und queru-
liren, und die appellatio pro deserta erkant,
 
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