Kirchenordnung von 1585.
439
davon laufen, und was solcher dinge mehr sein
mügen, mit ernste an den schüldigen gestrafet
warden sollen, dass nicht umb solcher sünden und
unser nachlessigkeit willen gott zugleich uns als
die obrigkeit sampt den unterthanen mit ungnaden
angreifen müge.
Dazu uns auch nicht weinig beweget, dass
wir lesen und wissen, wie gott durch Mosen, mit
den obersten seines volkes in der wüsten, dass
sie unzucht ungestrafet hatten hin passiren lassen,
haus gehalten, und umb solcher sünden willen,
das land, auch die heiden die cananiter, aus-
gespeiet, und dazu seiner obrigkeiten auferlegt,
dass, wo jemand sich zu eines andern eheweibe
gesellen würde, sie so wol die ehebrecherinne, als
den ehebrecher, am leben zu strafen, und das
böse von Israel weg zu thunde. Num. 25, Deut. 22.
Demnach haben wir nach gehabten rat gott-
fürchtiger, christlicher gelarter leute von ehe-
sachen, wie es damit in diesem unserm fürsten -
thumb unnachlessig solle gehalten, auch mit nie-
mande, wes er standes sei, durch die finger ge-
sehen werden, nachfolgende anordenunge beliebet,
stellen und publiciren lassen, darüber wir mit
göttlicher vorleihung steif, feste und getreulich zu
halten, entschlossen und eigentlichen gemeinet
sein.
Und dass sich auch niemand, so uns an-
gehörig, hiegegen einiger seiner unwissenheit im
geringesten nicht müge zu entschüldigen, schein oder
fuge haben, wollen wir hiemit allen unsern kirchen-
dienern, superintendenten, pastoren und capellanen
im ganzen fürstenthumb mit ernste auferlegt
haben, dass sie diese unsere ordnunge von ehe-
sachen alle jahr zwei mal, als auf mitfasten, und
darnach am negsten sontage vor Michaelis, ihren
kirchspielvolke von wort zu worte, deutlich und
verständlich, von der canzel fürlesen sollen. Und
auf dass die leute deste fleissiger in grosser an-
zal bei solcher abkündinge erscheinen mügen,
sollen sie acht tage zuvor solches den zuhörern
anmelden und in unserm namen, ohn alles aussen-
bleiben, gegen negst künftigen sonntag, gewiss-
lich zu solcher ablesunge sich einzustellen, treu-
lich und ernstlichen vormanen und gebieten.
Und wenn dann solche ablesunge geendiget,
sollen sie zugleich aus gottes wort die harte,
schwere drauungen gottes wider unzucht, ehebruch
und unchristliche ehehendel und freiaten, und
schreckliche exempel göttlicher strafe wider solche
solche sünde dem volke ausfürlich und treulich
fürhalten, dass also umb zeitliche und ewige plage
zu vormeiden, sie sich für diese greuel hüten.
Und dagegen auch wiederumb zeugnussen und
exempel der heiligen schrift anziehen, wie gott
lust habe an keuschheit, zucht, ehrbarigkeit, reinig-
keit und christlichem, friedsamen eheleben, dass
also durch gottes gnaden der unzucht und schand-
losen vormischungen gesteuret, zucht, keuschheit
und dergleichen tugende geübet und blüen, auch
die ehe in unsern landen bei den untersassen in
allen stenden ehrlich, und das ehebette unbeflecket
gehalten, und ein jeder seines eigen leibes ge-
fesse in heiligunge, ohn welche gott niemand
schauen kan, Ebr. 12, besitzen, und so viel immer
müglich, den bösen und schrecklichen strafen
gottes gewehret und fürkommen werden müge.
Setzen und verordenen demnach in gottes
namen wie folget.
I.
Von heimlichen vorlöbnussen oder un-
ordentlichen eheverpflichtungen.
Dieweil gott in seinem worte den eltern, und
demnach auch denen, so der eltern stette vortreten,
auferlegt, dass sie sollen ihre kinder aussteuren
und vorehelichen, Jerem. 29, 1, 1. Cor. 7. und
über das den kindern im vierten gebote befohlen
hat, vater und mutter zu ehren, derwegen sollen
weder töchter noch söne, wes die auch alters
sein, mit niemande, ohn wissen und bewilligung
ihrer eltern, als vaters und mutter, und wo die
vorstorben, des grossvaters und der grossmutter,
sich vorloben, unangeacht, ob gleich viele zeugen
dabei, mit-, an- und über gewesen. Denn heim-
liche vorlöbnussen sein und heissen wir mit Luthero,
welche da geschehen hinder wissen und willen der
jenigen, welche die uberhand, und daher die ehe
zu stiften recht und macht haben, als da sein
vater, mutter, und was an ihrer stat sein mag.
Und mit diesem stimmen alle natürliche und
kaiserrechte, haben auch alle veter und christliche
concilia, aus gottes wort gleichesfalles geschlossen
und gehalten, dabei wir auch bleiben, ungeachtet,
was das kind der vordamnisse, der römische anti-
christ, hievon anders, wider gottes gebot, geifert.
Instit. lib. 10 de Nupt. Justas nuptias inter
se contrahunt, qui secundum praecepta legum
coeunt, dum tamen, si filii familias sint, consen-
sum habeant parentum, quorum in potestate sunt.
Nam hoc fieri debere et civilis et naturalis ratio
suadet, in tantum, ut jussus parentis praecedere
debeat. Hermenop. lib. 4 titul. 4. Contractae vero.
Wo auch jemand hiegegen handeln würde,
sol solches alles für unordentlich und unchristlich
geachtet, und unbündig erkand, und solche per-
sonen in unserm lande nicht vortrauet werden.
Und wo sie halsstarrig hindan gesetzet und un-
geachtet aller getreuer vormanunge, auf solchen
ihren unrechtmessigen fürnemen beharren, und
ihre unchristliche ehegelübd zu vollziehen sich
unterfangen würden, sollen solche kinder und
contrahenten wegen solches geübeten mutwillens
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davon laufen, und was solcher dinge mehr sein
mügen, mit ernste an den schüldigen gestrafet
warden sollen, dass nicht umb solcher sünden und
unser nachlessigkeit willen gott zugleich uns als
die obrigkeit sampt den unterthanen mit ungnaden
angreifen müge.
Dazu uns auch nicht weinig beweget, dass
wir lesen und wissen, wie gott durch Mosen, mit
den obersten seines volkes in der wüsten, dass
sie unzucht ungestrafet hatten hin passiren lassen,
haus gehalten, und umb solcher sünden willen,
das land, auch die heiden die cananiter, aus-
gespeiet, und dazu seiner obrigkeiten auferlegt,
dass, wo jemand sich zu eines andern eheweibe
gesellen würde, sie so wol die ehebrecherinne, als
den ehebrecher, am leben zu strafen, und das
böse von Israel weg zu thunde. Num. 25, Deut. 22.
Demnach haben wir nach gehabten rat gott-
fürchtiger, christlicher gelarter leute von ehe-
sachen, wie es damit in diesem unserm fürsten -
thumb unnachlessig solle gehalten, auch mit nie-
mande, wes er standes sei, durch die finger ge-
sehen werden, nachfolgende anordenunge beliebet,
stellen und publiciren lassen, darüber wir mit
göttlicher vorleihung steif, feste und getreulich zu
halten, entschlossen und eigentlichen gemeinet
sein.
Und dass sich auch niemand, so uns an-
gehörig, hiegegen einiger seiner unwissenheit im
geringesten nicht müge zu entschüldigen, schein oder
fuge haben, wollen wir hiemit allen unsern kirchen-
dienern, superintendenten, pastoren und capellanen
im ganzen fürstenthumb mit ernste auferlegt
haben, dass sie diese unsere ordnunge von ehe-
sachen alle jahr zwei mal, als auf mitfasten, und
darnach am negsten sontage vor Michaelis, ihren
kirchspielvolke von wort zu worte, deutlich und
verständlich, von der canzel fürlesen sollen. Und
auf dass die leute deste fleissiger in grosser an-
zal bei solcher abkündinge erscheinen mügen,
sollen sie acht tage zuvor solches den zuhörern
anmelden und in unserm namen, ohn alles aussen-
bleiben, gegen negst künftigen sonntag, gewiss-
lich zu solcher ablesunge sich einzustellen, treu-
lich und ernstlichen vormanen und gebieten.
Und wenn dann solche ablesunge geendiget,
sollen sie zugleich aus gottes wort die harte,
schwere drauungen gottes wider unzucht, ehebruch
und unchristliche ehehendel und freiaten, und
schreckliche exempel göttlicher strafe wider solche
solche sünde dem volke ausfürlich und treulich
fürhalten, dass also umb zeitliche und ewige plage
zu vormeiden, sie sich für diese greuel hüten.
Und dagegen auch wiederumb zeugnussen und
exempel der heiligen schrift anziehen, wie gott
lust habe an keuschheit, zucht, ehrbarigkeit, reinig-
keit und christlichem, friedsamen eheleben, dass
also durch gottes gnaden der unzucht und schand-
losen vormischungen gesteuret, zucht, keuschheit
und dergleichen tugende geübet und blüen, auch
die ehe in unsern landen bei den untersassen in
allen stenden ehrlich, und das ehebette unbeflecket
gehalten, und ein jeder seines eigen leibes ge-
fesse in heiligunge, ohn welche gott niemand
schauen kan, Ebr. 12, besitzen, und so viel immer
müglich, den bösen und schrecklichen strafen
gottes gewehret und fürkommen werden müge.
Setzen und verordenen demnach in gottes
namen wie folget.
I.
Von heimlichen vorlöbnussen oder un-
ordentlichen eheverpflichtungen.
Dieweil gott in seinem worte den eltern, und
demnach auch denen, so der eltern stette vortreten,
auferlegt, dass sie sollen ihre kinder aussteuren
und vorehelichen, Jerem. 29, 1, 1. Cor. 7. und
über das den kindern im vierten gebote befohlen
hat, vater und mutter zu ehren, derwegen sollen
weder töchter noch söne, wes die auch alters
sein, mit niemande, ohn wissen und bewilligung
ihrer eltern, als vaters und mutter, und wo die
vorstorben, des grossvaters und der grossmutter,
sich vorloben, unangeacht, ob gleich viele zeugen
dabei, mit-, an- und über gewesen. Denn heim-
liche vorlöbnussen sein und heissen wir mit Luthero,
welche da geschehen hinder wissen und willen der
jenigen, welche die uberhand, und daher die ehe
zu stiften recht und macht haben, als da sein
vater, mutter, und was an ihrer stat sein mag.
Und mit diesem stimmen alle natürliche und
kaiserrechte, haben auch alle veter und christliche
concilia, aus gottes wort gleichesfalles geschlossen
und gehalten, dabei wir auch bleiben, ungeachtet,
was das kind der vordamnisse, der römische anti-
christ, hievon anders, wider gottes gebot, geifert.
Instit. lib. 10 de Nupt. Justas nuptias inter
se contrahunt, qui secundum praecepta legum
coeunt, dum tamen, si filii familias sint, consen-
sum habeant parentum, quorum in potestate sunt.
Nam hoc fieri debere et civilis et naturalis ratio
suadet, in tantum, ut jussus parentis praecedere
debeat. Hermenop. lib. 4 titul. 4. Contractae vero.
Wo auch jemand hiegegen handeln würde,
sol solches alles für unordentlich und unchristlich
geachtet, und unbündig erkand, und solche per-
sonen in unserm lande nicht vortrauet werden.
Und wo sie halsstarrig hindan gesetzet und un-
geachtet aller getreuer vormanunge, auf solchen
ihren unrechtmessigen fürnemen beharren, und
ihre unchristliche ehegelübd zu vollziehen sich
unterfangen würden, sollen solche kinder und
contrahenten wegen solches geübeten mutwillens