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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0456
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440

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

des halben theils ihre patrimonii, oder wo die
gelegenheit der sachen darnach also beschaffen,
auch ihres ganzen erbteils vorlustig sein, und
wer zu solchen dingen rat, that, hülfe und vor-
schub gethan, sol auf der eltern ansuchen, nach
gutachten unsers consistorii, auch gestrafet werden.
Wo auch solche contrahenten ihren eltern
und freunden zu vordriess, sich heimlich zusammen
finden, und mit einander vormischen würden, in
meinunge, damit nun also allermassen, weil res
nicht mehr integra sei, durchzubrechen, weil ihres
erachtens, solche ehe nicht wol müge noch könne
zerrissen werden, solche sollen sich hiedurch
genzlich erblos gemacht haben, und mit zeitlichem
gefengnis gestrafet, und hernach aus unserm fürsten-
thumb zeit ihres lebendes vorwiesen werden. Doch
wofern ein teil das ander zur unzucht, den eltern
zu vordriess und nachteil ihrer elterlichen macht,
da es gewust hat, die eltern wollen umb redlicher
ursachen willen in diese ehe nicht willigen, noch
ihrem kinde dieselbige vorstatten, gereizet hette, sol
billig solchem ergerlichen und gefehrlichen folgen
und exempeln zu wehren, zu erhaltung der eltern
autoritet und der kinder gehorsam, solche ehe
zerrissen werden, und das ander schüldige teil
allhie seiner list und büberei halben gestrafet
werden, wie Lutherus sagt.
Und was wir allhie von der kindern gehor-
sam in ehevorpflichtungen gesagt, das wollen wir
auch gleicher gestalt von elterlosen kindern und
weisen, auch den widwen, gegen ihre ordentliche
vormunder und negste blutvorwante freunde, vor-
standen und gemeinet haben.
Zum andern.
Weil aber viele eltern, freunde, und bevorab
die vormünder, oft ihrer macht und gewalt uber
ihre kinder, freunde und mündelinge in ehevor-
pflichtungen zur unbilligkeit schwerlich miss-
brauchen, und etwa sich nicht umb ihre kinder
und mündelinge zur gebürender rechten zeit, sie,
wie billich, zu vor heiraten annemen, oder wenn
die kinder und mündelinge, umb erlaubniss mit
ehrlichen und unvorweisslichen leuten sich in
ehehandel einzulassen oder zu befodern, sie dazu
freundlich ersuchen und bitten, nirgend finden,
noch zur billigkeit bewegen lassen, sondern ohne
alle erhebliche redliche ursachen, keinen richtigen
bescheid von sich geben wollen, sondern die ihren
wider ihre pflicht wissentlich verseumen, sollen
sie in solchen fellen die kinder und mündelinge,
für sich selbst ihres gefallens nicht wirklichen
vorfaren, sondern genzlichen die ehevorpflich-
tunge, so lange anstehen lassen, bis sie bei ihrem
seelssorger umb beistand und rat ansuchung ge-
than, ihre eltern, freunde und vormünden eines
bessern zu berichten, und die ehe zu befodern

und darin zu willigen, unterwiesen haben. Und
wo diss auch unfruchtbar sein würde, sol die sache
an unser consistorium gelangen, die parten aller-
seits durch das klagende theil dazu citiret, und
mit fleisse erorterunge darin nach gebür geschehen,
und entlicher bescheid erfolgen.
Und können, sollen auch gleicher gestalt keine
eltern , freunde oder vormünder die ihren, uber
welche sie recht, gewalt und macht haben, mit
nichte wider ihren willen sich mit einiger per-
sonen zu vorehelichen, zwingen und dringen,
dazu die ihren aus bedenklichen ursachen so ehr-
lich sein, weder sinn, willen, lust, noch liebe
tragen, D. de sposal. leg. 12. Ext. de sponsal
c. 2. 14. 15. 17 et 22. Hermenopul. lib. 4.
Tit. 1 et 1. filio familias. Denn weil die ehe
eine göttliche zusammenfügung eines mannes und
eines weibes ist, und aus bedenklichen vornunf-
tigen ursachen das kind oder mündeling sich zu
der angedrungen personen nicht begeben kan, so
befindet sichs damit, dass nicht in menschlicher
macht stehe, die herzen und gemüter zu andern.
Derhalben sagt Lutherus, thut der vater mit
solchem gewaltsamen zwingen unrecht, als ein
teufel und tyranne, und nicht als ein vater. Es
vorursachet auch oft der eigennutz bei vormünden
und freunden, solche unchristliche hendel in ehe-
sachen, derhalben auch hierin der pastor, obrig-
keit und rat jedes orts, dem zur unbilligkeit be-
drangtem teile sol zu hülfe kommen, und wo auch
also nichts solte zu erheben sein, sol auch solches
an unser consistorium gebracht, und allda fleissig
in acht genommen werden, ob die eltern redliche
und billiche ursachen ihres fürnemendes haben
oder nicht, und darauf zur billigkeit den sachen
ihre gebürende mass und bescheid gegeben
werden. Denn es ist klar, gleich wie Samson,
nicht ohn wissen und willen seiner eltern, sich
vorheiratet, sondern sie umb rat und einwilli-
gunge ersucht, Jud. 14, und die eltern, weil es
von gott kam, willig darin gehelet haben. Also
hat gleichsfals die mutter und bruder die Rebeccam,
nicht ohn ihren consens, dem Isaac vorlobt, son-
dern zuvor auch umb ihren willen und vollbort
angesprochen, Genes. 14. Daraus allerseits er-
scheinet , wie vormüge gottes wortes hirin zu
handeln sei, dass nicht ihres gefallens alleine
menschen, sondern gott die personen in den ehe-
stand zusammen fügen müge. Und hieher ge-
höret die Constitutio Martiani, da er schreibet:
Welche eltern, so ihre kinder in ihrer gewalt
haben, und sie nicht zur rechten zeit zu ehe aus-
steuren, oder das ehegelt nicht geben wollen, die-
selbige eltern sollen inhalts der ordnung und be-
fehl der löblichen keiser Severi und Antonii
durch die bürgermeister und landvögte dahin ge-
halten werden, dass sie ihre kinder aussteuren,
 
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