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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0472
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456

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

harret und vordarb. Und als 1. Corinth. 5 einer
aus missbrauch christlicher freiheit, welche er
zum schanddeckel machte, seine stiefmutter zum
weibe genommen, und die kirche Christi damit
geergert, und das heilige evangelium verlestert
hatte, schreibet Paulus an die gemeine mit
grossem apostolischen eifer, und zeiget an:
Erstlich, was für eine öffentliche schande und
ergerniss unter ihnen sei, nemlich, dass einer
seines vaters weib habe.
Zum andern, dass diss eine solche hurerei
und ergerniss sei, welches auch bei gottlosen
heiden nicht gehöret worden.
Zum dritten scheldet er die ganze kirche,
dass sie solches gelitten, und denselbigen in ihrer
gemeine bei sich gedüldet, und nicht von ihnen
weggethan haben.
Zum vierten spricht er, dass er habe be-
schlossen, er wolle denselbigen im namen unsers
herrn Jesu Christi in den bann thun, und von
der gemeine Christi umb solcher blutschande
willen ausschliessen. Denn das ist, das er saget,
er wolle mit der kraft unsers herrn Jesu Christi,
oder in kraft des bindeschlüssels, ihn übergeben
dem sathan, zum vorderbe des fleisches.
Zum fünften, solches solle zur erbauunge da-
hin von ihm gemeinet sein nnd geschehen. Erst-
lich, dass er dadurch zu rechter busse gebracht
werde, und vorgebunge dieser grossen schweren
blutschande bei gott durch Christum suche, dass
also der geist am tage des herrn selig werde.
Und zum andern, dass solches exempel nicht weiter
umb sich fresse in der gemeine und andere des-
gleichen auch zu thunde sich unterstehen mügen.
Denn wisset ihr nicht (spricht er), dass ein weinig
sauerteig den ganzen teig vorseuret?
Und zum sechsten strafet er sie, dass sie
für christen wollen gehalten sein, und gleichwol
solche schande zu des heiligen evangelii und gött-
lichen namens verlesterunge bei sich in der ge-
meine dülden und vordragen, euer ruhm ist nicht
fein, spricht er.
Zum siebenden heisset und befehlet er ihnen,
dass sie den ergerlichen menschen aus ihrer ge-
meine ausschliessen, und von sich hinaus thun
sollen, damit das ergerniss abgeschaffet werde.
Darum feget den alten sauerteig aus, auf dass ihr
ein neuer teig seid.
Zum achten, dass nicht jemand sich bedünken
lasse, als ob nur mit diesem einigen blutschender
Paulus solchen ernst der excommunication oder
ausschusses wolle geübet und gemeinet haben,
machet er eine gar gemeine lehre daraus. Nem-
lich, so jemand, der sich einen bruder nennen
lesset, aber doch ein hurer oder geiziger, oder
abgöttischer, oder ein lesterer, oder ein trunken-
bolt, oder ein reuber ist, das ist, in öffentlichen

bekanten ergerlichen todtsünden, ohn busse un-
aufhörig stecket, dass mit demselbigen ebener
masse solle umbgegangen werden. Thut von euch
hinaus (schreibet er) wer da böse ist. Und
2. Cor. 12: Ich fürchte, wenn ich komme, dass
ich euch nicht finde, wie ich wil, und ihr mich
auch nicht findet wie ihr wolt. Dass nicht hadder,
neid, zorn, zank, afterreden, ohrenblasen, auf-
blehen, aufruhr da sei, dass ich nicht aber-
mal komme, und mich, mein gott, demütige bei
euch, und müsse leid tragen uber viele, die zuvor
gesündiget, und nicht busse gethan haben für die
unreinigkeit, hurerei und unzucht, die sie ge-
trieben haben.
Zum neunden lehret er sie, wie er auch
2. Thess. 5 thut, dass sie solcher ausgeschlossener
leute gemeinschaft meiden, und mit ihnen keine
freundliche gesellschaft haben, noch mit ihnen
essen sollen, damit sie dadurch schamrot, und
zur busse umb so viel deste mehr gereizet werden.
Doch in bürgerlichen eusserlichen sachen und
hendeln mügen sie mit ihnen wol umbgehen, aber
nicht als mit christen, sondern als mit heiden,
jüden und türken, und derwegen sie solches auch
an allen gebehrden und werken ihnen sollen an
sich merken und spüren lassen, denn wenn sie
aller dinge gar in keinen sachen solten mit ihnen
zu schaffen haben, so müsten sie gar und ganz,
welches unmüglich ist, die welt reumen.
Zum zehenden, wie nun der bannwirdiger
also von der kirchen zu Corintho gestrafet und
ausgeschlossen, und er hierüber betrübt worden,
und busse gethan hatte, schreibet Paulus weiter,
wie sie mit ihm nunmehr ferner handeln sollen.
Es ist genug (sagt er), dass derselbige von vielen
also gestrafet ist, dass ihr nun fort ihn deste mehr
vorgebet und tröstet, dass er nicht in allzu grosse
traurigkeit versinke, darumb ermane ich euch,
dass ihr die liebe an ihm beweiset, und welchem
ihr etwas vergebt, dem vorgebe ich auch. Nemlich,
weil er gnade von gott und von der gemeine be-
geret, dass die ihm sein ergerniss verzeihen
müchte, so sollen sie ihn wiederumb öffentlichen
von seinen sünden und gottes zorn absolviren,
das ergerniss verzeihen, und aus christlicher liebe
wiederumb für ein gliedmass des leibs Christi
auf- und annemen.
In diesen puncten beschreibet der apostel
den ganzen process und ordnunge, von anbegin bis
zum ende, wie es mit dieser hohen ernsten kirchen-
disciplin in der gemeine gottes wider öffentliche
ergerliche sünde, laster und schande solle gehalten
werden, wie wir das kurz zuvor erzelet haben.
Und solcher zeugnuss könten wir gar liederlich
vielmehr allhie anziehen, wo wir nicht wüsten, das
gutherzigen und gottfürchtigen christen grundes und
berichtes mehr denn genuch hiemit gezeiget were.
 
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