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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0501
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Hamburg mit Landgebiet.

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Kirchenordnung in Folge dieses Art. 4 ausgearbeitet worden sei. Art. 4 beweist also nichts
für unser Thema.
Der Art. 7 bestimmt dagegen, dass die freiwerdenden Lehne zur Vermehrung und
Unterhaltung des Gottesdienstes und der Kirchendiener, auch der Schule zu St. Johannis „nach
des Herrn Doctoris Johannis Aepini Kirchenordnung“ benutzt werden sollen. Ich kann daraus
nicht lesen, dass der Rath die Ordnung als „in Geltung“ voraussetzt. Er würde sonst wohl von
seiner eigenen Kirchenordnung und nicht von der des Aepinus reden. Ich fasse den Art. 7 so
auf, dass die Behandlung der freiwerdenden Lehne in Gemässheit des Vorschlages von Aepinus
in seiner Kirchenordnung, besser in Gemässheit seines Kirchenordnungs-Entwurfes, der wohl beim
Rath lag, geschehen solle, finde also nicht einmal eine formelle Inkraftsetzung des entsprechen-
den Theiles des Aepinusschen Entwurfes in diesem Art. 7. Erst als der Augsburger Religions-
friede die Reformation gesichert hatte, liess der Senat die Aepinussche Ordnung am 28. April
1556 durch seinen Sekretär, Vogler, dem 1554 neu erwählten Superintendenten Paulus von
Eitzen überantworten, und dieser las sie an demselben Tage allen Geistlichen auf St. Marien-
Magdalenen Kirchensaal vor. Das war eine förmliche Publikation im Auftrage des Rathes, die
unnöthig gewesen wäre, wenn die Ordnung schon früher publiziert gewesen wäre. Höchstens
könnten einige Theile der Ordnung bis dahin schon gegolten haben, so dass jetzt erst die
ganze Ordnung in Kraft gesetzt worden wäre. .
Leider fügte der Senat, durch Lehrstreitigkeiten veranlasst, noch ein „Schluss-
Mandat“ hinzu; es wiederholte zwar im Wesentlichen das Mandat von 1526 (Staphorst,
IV, S. 17), hatte aber in einigen Paragraphen dieses abgeändert. Einige Geistliche wollten
deshalb die Ordnung nicht annehmen. Die Zwistigkeiten unter den Geistlichen gingen weiter
und führten endlich Samstag nach Visitationis Mariae 1560 zu einem energischen Eingreifen
des Rathes, der den Predigern befahl, nichts zu predigen, „denn wat der vörigen publizerden
ordeninge unde inverliveden articuln E. E. Rades gemetig is“. Die hervorgetretenen Gebrechen
will der Rath „motu proprio in kraft ihrer hoheit und obrigkeit aus pilligen, christlichen ur-
sachen und bewegnuss dem Exempel des Kaisers Constantini Magni nach“ ändern. Dieses
Mandat mussten die Pastoren unterschreiben. (S. die Abschrift im St.-A. Hamburg. Ministerial-
Archiv III. A. 1 a. S. 145.)
Im Jahre 1574 wurde vom Rath erneut die Beobachtung der Ordnung und der ein-
verleibten Artikel anbefohlen (Mönckeberg, S. 224). Dass es sich hier nur um die Aepinus-
sche Ordnung und das Schlussmandat handelt, ist klar.
Weitere Beweise für die thatsächliche Geltung der Ordnung im 16. Jahrhundert er-
bringt Mönckeberg S. 225 ff.; siehe auch Röhlk, S. 27. Wie sie dann im 17. Jahrli. in
Abnahme kam, ist hier nicht zu untersuchen. Unter dem 25. April 1639 schreiben die
Kirchgeschworenen zu St. Petri: nachdem die Diakonen zu St. Petri vor etlichen Jahren die
Bugenhagensche Ordnung nebst anderen gedenkwürdigen Sachen in 12 Bücher geschrieben und
den damaligen 12 Diakonen je ein Exemplar zugestellt hätten, hätten die jetzigen Diakonen das
Gleiche beschlossen bezüglich der „bei Zeiten weiland Herrn J. Aepini allhie in Anno 1550 neu
revidierten und bisher in observantia gehaltenen Kirchenordnung“.
Die Ordnung des Aepinus wurde also 1539 verfasst, aber erst am 28. April 1556
offiziell eingeführt.
Abgedruckt ist sie bei Ivlefeker, VIII, S. 272—315. Richter gibt 1, S. 315 einen
kurzen Auszug. Im St.-A. Hamburg ist sie in verschiedenen Handschriften vorhanden; ich
lege meinem Drucke die Handschrift Langenbecks. 01. I Lit. Oc Nr. 5 (vgl. zu dieser
Handschrift Bertheau S. XXXVI) zu Grunde (Nr. 80).
IV. Die Verfassungsbildung vollzog sich in der üblichen Gestalt. Ihre Geschichte ist
hier nicht im Einzelnen darzustellen. Insbesondere ist hier nicht zu schildern, wie die Geist-
 
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