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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0500
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Hamburg mit Landgebiet.

er an Bugenhagens Ordnung mitgewirkt habe, ist wohl unbegründet. Am 17. Oktober 1529
wurde er als Pastor zu St. Petri eingeführt, und am 18. Mai 1532 zum ersten hamburgischen
Superintendenten ernannt. Vgl. Lappenberg, S. 541; Bertheau, in Realencyklopädie für
protest. Theologie und Kirche, 3. Aufl., unter Aepinus.
Aepinus hat mit grossem Eifer das Werk seines Lehrers und Freundes Bugenhagen
fortgesetzt. Er hat bei den Verhandlungen 1535, und in den Zeiten des Interim eine bedeut-
same Rolle gespielt.
Im Jahre 1539 erhielt er vom Rathe den Auftrag, mit seinen Pastoren eine Kirchen-
ordnung auszuarbeiten.
Er besass dazu in seiner Eigenschaft als der höchste Geistliche der Stadt die formelle
Legitimation und die materielle dadurch, dass er schon 1525 der Stadt Stralsund eine Ordnung
geschaffen hatte. (Vgl. Sehling, Evang. Kirchenordn. 4, S. 542).
Noch in demselben Jahre soll der Auftrag ausgeführt worden sein, der Entwurf sodann
nach Frankfurt geschickt, wo der evangelische Convent tagte, und das Urtheil des dortselbst
anwesenden Melanchthons eingeholt worden sein. Dieser habe sie gebilligt und endlich
— tandem — habe der Senat sie bestätigt, und den Pastoren und Kirchendienern mit einem
Mandat zur Nachachtung zugeschickt. Dadurch sei in die Verhältnisse der hamburgischen Kirche
Ruhe und Frieden eingekehrt. Diese bestimmten Nachrichten stammen aus der Oratio synodalis
de Eutaxia in ecclesia servanda, die der Superintendent Joachim Westphal 1573 gehalten hat.
Westphal ist ein sicherer Gewährsmann, denn er wurde 1541 Pastor an St. Katharinen, und
es liegt kein Grund vor, an der Richtigkeit seiner Angaben zu zweifeln. In so weit stimme
ich Mönckeberg in seiner Abhandlung „Die Aepinische Kirchenordnung“, in Zeitschr. des
Ver. für Hamb. Geschichte 1, S. 205 zu. Dagegen scheint mir seine Aufstellung, dass der
äussere Anlass zur Kirchenordnung ein von Aepinus und seinen Amtsbrüdern Stephan Kempe,
Johann Fritze, Joachim Francke und Johann Gartz am 3. November 1539 dem Rathe über-
reichtes Memorial, in welchem auch besonders um Verbesserung ihrer und der Kirche Ein-
künfte gebeten wurde, gewesen sei, mit den von Westphal vorgebrachten Daten nicht in Ein-
klang zu bringen zu sein. Denn in wie kurzer Zeit müsste die Ordnung (an der zwar
Westphal mit Recht besonders die Kürze bei aller Vollständigkeit rühmt) ausgearbeitet worden
sein, wenn der Auftrag dazu erst im November 1539 erging und noch in demselben Jahre
Melanchthon sein Gutachten abgegeben haben soll.
Mönckeberg bekämpft in seiner citirten Abhandlung die weit verbreitete Ansicht,
welche die Entstehung der Ordnung in das Jahr 1550, und ihre amtliche Einführung erst in
das Jahr 1556 verlegt. Das Jahr „1550“ als Entstehungsjahr anzunehmen, dürfte aller-
dings verfehlt sein. Anders aber steht es mit dem Jahre der offiziellen Einführung. Hier
lässt Mönckeberg und uns der Gewährsmann Joachim Westphal in Stich; er sagt nur
„tandem“, und bemerkt weiter, dass nach endlicher Einführung der Kirchenordnung für die in
Unruhe gerathene Kirche ruhige Zeiten angebrochen seien. Das alles lässt auf einen grösseren
Zwischenraum zwischen Ausarbeitung und amtlicher Einführung schliessen.
Nun will Mönckeberg aus dem Rezess von 1548 auf die Entstehungszeit der Aepinus-
schen Ordnung schliessen. Dieser Rezess, aus den Nöthen des Interim geboren, sieht in Art. 4
die Ausarbeitung einer christlichen Ordnung vor, die man vor Gott und dem Kaiser verant-
worten und im Falle der Noth vortragen möge. Diesen Artikel 4 fasse ich als Verlegenheits-
beschluss auf; er ist aus der Nothlage des Rathes gegenüber dem Kaiser zu verstehen, soll
den Kaiser vertrösten, dessen Interim man im übrigen bestimmt ablehnte. Die hier vom Rathe
vorgesehene Interims-Kirchenordnung ist nie erlassen worden; die Ereignisse machten solche
Conzessionen ja auch bald unnöthig. Ganz irrig ist natürlich die Annahme, dass die Aepinussche
 
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