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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0191
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Kirchenordnung 1569

schwerung aus dem sinne bringen möge und
doch nicht viel sprüche auf einen haufen werfen,
sondern wenig und außerlesene, liebliche sprüche
führen, damit sie der kranke, betrübte mensch
desto besser fassen möge.

Es sol aber, indem solchs alles geschicht,
das volk, so im hause versamlet, von dem
kranken abtretten, damit der pfarherr mit ihm
insonderheit und im geheim reden möge.

Nach gethaner und gehörter beicht soll er
ihne auf sein bitte und begern im namen
und aus dem bevelch Jhesu Christi absolviren,
wie kurz zuvor vermeldet und ihn darnach
abermal ermahnen zum bestendigen, warhaf-
tigen glauben auf die zusage Gottes und ver-
dienst Jhesu Christi zur gedult, hoffnung und
embsigem gebet im namen Jhesu Christi, und das
er j'edermenniglich, der ihme zu nahe gewesen,
gerne und williglich vergeben solle, gleich als
er wolte, das ihme von Gott v/iederfahren solle.

Und weil auch billich, das wann ein kranker
soll communiciret werden, daß das gesinde, die
freunde und nachbauren zu dieser action ge-
fordert werden, so sol solches allenthalben
also gehalten werden, damit keine winkelmeß
darauß werden möge, und sol alßdann nach
gesprochener absolution uber den kranken auch
eine kurze vermanung geschehen an das volk
zum ernstlichen gebet für den kranken auf
diese oder dergleichen forma:

Lieben freunde, demnach wir befinden, das
unser lieber bruder (oder liebe schwester) in
Christo mit schwerer schwacheit oder grossem
schmerzen beladen und wir ihme in dem allem
nicht besser dienen können, denn mit unserm
christlichem gebet, so wil ich euch alle sampt-
lich vermahnet haben, ihr wöllet euer gebet
zusammen thun und mit diesem eurem kranken
N. N. Gott anruffen und bitten, Gott wölle ihm
in seiner schweren krankheit zu hülf kömmen,
im glauben sterken, in rechter anruffung Got-
tes und christlicher gedult erhalten und in
dieser seiner krankheit verleihen, was ihme
nutz und gut ist an leib und seel, hie zeitlich
und hernachmals ewiglich, sonderlich, das ihm
Gott gnade verleihen wölle, das er das heilige

sacrament wirdiglich empfangen mög zu ster-
kung seines schwachen glaubens, zu trost seiner
betrübten conscientien etc., und also mit uns
beten auf Gottes beveich und seine gnedige
zusage von grund des herzen ein andechtigs
Vater unser etc.

Man mag in solcher vermanung nehmen das
exordium a dicto Christi Matth. 18 [19 f.]: Ich
sage euch, so zwen under euch eins werden auf
erden, warumb es sey, das sie bitten wöllen, das
sol ihnen von meinem Vater im himel wiederfah-
ren; denn wo zwen oder drey versamlet sein
in meinem namen, da bin ich mitten unter ihnen,
und also dirigirt werden ad orationem Deo offe-
rendam pro aegrotante, oder auch von andern
schönen sprüchen der schrift, und doch entlich
dahin gericht, daß das volk zum gebet ver-
mahnet.

Auf solche vermanung sol der pfarherr das
Vater unser sprechen fein laut, damit die kran-
ke person und das ganze volk mitbeten könne,
spreche auch darauf: Der allmechtige Gott wölle
unser gebet gnediglich erhören. Amen.

Es mag auch alhie ein pfarherr zur terinnerung
des kranken die artickel des glaubens erzelen
nach gelegenheit der zeit und personen.

Darnach, wenn man einen tisch fein ehrlich
mit reinen tüchern und mit brodt und wein
zu der communion zubereitet, so recitire der
pfarherr das erste theil der wörter Christi
von der einsatzung des abendmals.

Unser Herr Jhesus Christus in der nacht, da
er verrahten ward, nam er das brodt, danket
und brachs und gabs seinen jüngern und sprach:
Nemet hin und esset, das ist mein leib, der für
euch gegeben wird, solchs thut zu meiner ge-
dechtniss.

Auf diese wort reiche man dem kranken den
leib des Herrn Jhesu Christi.

Darnach recitire er das ander theil der wörter
Christi von der einsatzung des abendmals.

Desgleichen nam der Herr Jhesus Christus
auch den kelch nach dem abendmal, dankte und
gab ihnen den und sprach: Nemet hin und trin-
ket alle darauss, dieser kelch ist das neue testa-
ment in meinem blute, das vor euch vergossen

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