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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0286
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Wolfenbüttel

gemeinen almusen oder spitteln undergeschleift,
geheilet und zimlich underhalten werden, so-
lang biß sie ihre gesundheit zimlich erlangen,
und doch die herrn und frauen darneben durch
die kastenpfleger vermanet werden, ihnen, in
ansehung sie in derselben diensten krank und
niederfellig worden, zum wenigsten eine hand-
reichung und hülf zu thun.

Zum beschluß dieses capittels wöllen wir auch
ernstlich hiemit alle unsere underthanen, arm
und reich, vermanet und ersucht haben, das
sie sich selbst, auch ihre kinder und gesinde,
zu den predigten und sonderlich zu dem cate-
chismo, so man nennet der kinder predig und
frag, das wort Gottes zu hören und zu lernen,
mit allem vleiß schicken und fürnemlich, das
diejenigen, so die hand auß dem armenkasten
gebotten wird, ihre kinder, die manspersonen
die knaben und die frauen die töchter, mit sich
zu solcher kinderlehr selber führen und be-
suchen wöllen und der keine ohne ehehafte
ursachen versaumen bey verwirkung der ge-
meinen kastenhülf oder anderer straff, dem
verschülden nach; auch wo die herrn und frauen
ihre knechte und megde umb eigennutzigkeit
willen nicht zur predigt und catechismo an-
hielten, sollen dieselben, wo die knecht und
megde bey ihnen in krankheit fielen, noch
ferner mit hülf und handreichung solchen kran-
ken erhalten, nach gestalt der sachen gestrafft
werden.

Wie es mit den frembden bettlern und land-
streicher, auch den leichtfertigen armen ge-
halten sol werden.

Damit den einwonenden dürftigen armen
leuten dest statlicher und reichlicher geholfen
und andere beschwerlicheit und unrath, so von
den frembden betlern und landstreicher bißher
an vielen örtern und enden scheinbarlich und
beschwerlich begegnet ist, verhütet möge wer-
den, so wöllen und gebieten wir ernstlich, das
alle landstreicher in unserm fürstenthumb weder
auf jarmarkten, noch zu andern zeiten nicht
gelassen, darinnen gar nicht gedüldet, sonder
sollen hinaußgewiesen werden und fürnemlich

die amptleut, bürgermeister, gerichten und
kastenpfleger an den grenzen und ortemptern
die vleissige und ernstliche versehung thun,
das die daselbst abgewiesen und nicht in unser
fürstenthumb eingelassen werden. Dann diese
im schein angemaßter armuth allerley brand,
mord, raub, diebstal und verretherey anrichten
und uben, zudem mit ihrer faulkeit, gleich wie
die hummel dem arbeitsamen bienlein, den
armen dürftigen das brodt vor dem munde
abzuschneiden understanden. Würden aber die
an einem oder mehr örtern in unserm fürsten-
thumb, es were auf jarmarkten oder andere zeit,
von jemand zugelassen und gedüldet oder auf
den grenzen von den amptleuten und bürger-
meistern nicht abgewisen, geferlichen und wis-
sentlichen durchgelassen, gedenken wir, diesel-
bigen darumb mit ernst zu straffen, darnach sich
ein jeder wisse zu schicfcen.

Nachdem man aber einen frembden, den die
groß unvermeidliche noth etwan tringt, durch
ein land seiner notturft nach zu ziehen, leicht-
lich erkennen und underscheiden mag vor einem
landstreicher, der allein auf dem bettel und
faulenzen umbzeucht, sollen die landstreicher
an den grenzen unsers fürstenthumbs und ort-
emptern abgewisen und umb obangezeigter ur-
sachen willen zurück vdederumb zu ziehen mit
glübden verpflicht, den andern aber eine mal-
zeit, oder wo sie verspedet würden, uber nacht
von gemeinem almusen nach vermöge des
kastens und gelegenheit der personen eine zim-
liche steur gegeben und damit fortgewiesen
und ihnen keinswegs vor oder in den heusern
zu bettlen gestattet werden.

Und als sich oftmals zutregt, das die armen
durchreisenden ihrer leib halb also schwach,
krank und unvermüglich, das sie zu fuß und für
sich selbs ohne fuhr oder hülf nicht fortkommen
mögen und dann von alters solche kranken für-
ziehenden in fron an die negsten örter und flecken
durch die einwöhner geführt und gefürdert wor-
den, so wöllen wir demnach, das in solchen
gesetzten fellen, und wo ihnen also kranken
zukommen und zugebracht, unsere amptleut
jeder örtern und flecken allezeit die verordnung

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