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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0287
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Kirchenordnung 1569

thun, damit die kranken den negsten flecken
auf die straß ihres negsten wegs und für-
genommener reiß in fron (welche sie dann nach
gelegenheit und rechter ordnung unsern under-
thanen auferlegen und under ihnen abwechßlen
und die armenkasten damit umbeschweret
lassen sollen) gefürt und desselbigen orts ampt-
man, den kranken volgends ferners zu fürdern,
zugeschicket. Und damit in allweg der kranken
notturft gehandelt und sie gewißlichen an ge-
bürenden örtern geliefert, sol der schickende
amptman dem andern solches und des armen
kranken vorhabende reiß auch schriftlich bey
dem fuhrman zu wissen machen und der fuhr-
man schüldig sein, von dem andern amptman,
biirgermeister, heimbiirgen oder kastenpfleger
ein schriftlich urkund oder sonst ein urkünd-
lich warzeichen seines lieferns mitzubringen,
und dem amptman, so ihne abgefertiget, zu an-
zeig seiner verrichtung uberantworten.

Wir bevehlen und wöllen auch, das unsere
underthanen, welchen solche furfron auferlegt,
dieselbe also verrichten, damit den kranken
armen kein nachteil darauß ervolge. Do aber
einer gefehrlichen und fiirsetzlichen den kran-
ken also beleidigen, das demselben an seinem
leben nachteilig oder verletzlich, oder auch vor
dem andern flecken abschütten und nicht, wie
obsteht, liefern würde, gedenken wir, denselben
mit allem ernst unnachlessig straffen zu lassen.

Demnach sich auch bißher zum weilen begeben,
das etwan die flecken solche kranken nicht
der nechsten strassen ihrer fürgenommenen reiß
nach, sonder den nechsten flecken zugefürt,
auch nicht den amptleuten geliefert, sondern
underwegen oder vor den flecken abgeschütet
haben, ist unsere meinung, das die thurhüter
und menniglich, so solches sehen oder wüsten,
dieselben, wer die gleich seind oder wem sie
zustanden, anhalten und unsern amptleuten
uberliefern. Die sollen alsdann sie mit allem
ernst nach schwere ihrer uberfarung straffen.
Doch da einer so gar krank were, der das

führen nicht erleiden möcht, und sich dasselbige
scheinbarlich ereugte 95f, sollen solche arme
kranken von den armenkasten ein zeitlang, biß
es sich umb sie besserte, erhalten und alsdann
erst fort, wie obsteht, gefiihrt werden.

Wenn aber einer unser landsassen an dieser
hülf des armenkasten sich nicht settigen lassen
wolte und, damit er soviel mehr seinem muth-
willen und faulenzen iiachkommen möchte,
frembde lande allein umb bettelns willen durch-
streichen, dem sol hinfurt das fürstenthumb ver-
schlossen sein und nimmermehr aufgethanwerden

Und nachdem wir befinden, das von etlichen
unsern amptleuten und gerichten hierüber sam-
mel und bettelbrief gegeben worden, und damit
frembde land, noch auch unsere flecken durch
unsere underthanen mit unnötigem betteln nicht
beschweret, sonder solches abgestelt und unsere
armen weder ob unsern nachbaurn, anstossern
noch andern unsern flecken nicht liegen, wollen
und bevehlen wir ernstlich, das solches hinfurt
genzlich vermitten, sonder bey jetzt gemeltem
artickel bleibe. Wo aber solchs von einem oder
mehr ubertretten, so sollen die ubertretter zu
straff in den armenkasten unnachlessig geben
10 gülden, und so oft sich hierüber begeben
und erfunden würde, das also einer mit einem
bettelbrief, von unsern amptleuten, underthanen
oder schirmsverwandten verfertigt, umbziehen
und samlen würde, so sollen unsere amptleut,
bürgermeister, kasten oder spittalpfleger, statt-
knecht und bettelvögte bey ihren pflichten und
eyden solchen brief alsbald von ihme nehmen
und denselbigen zu unser kanzley schicken, da-
mit die aufgesetzte straff von den ubertrettem
eingezogen und solcher streifer abgeschaffet
werde. Es sol auch der also streifend alsbald
heim in sein ampt gewiesen und vor dem
bettlen und umbstreichen gewarnet oder der
gebür nach gestrafft werden.

Es sol auch leichtfertigen leuten, die arbeiten
können und doch nicht wöllen, desgleichen
welche zartlich zehren, sich köstlich kleiden,

95f = augenscheinlich zeigte, Fischer, a. a. O. V, S. 745 und II, S. 751.

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