Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0285
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1569

sam, sperig ;)od> frömmiglich, wesentlich und zu
Gottes wort und ehren zu halten, auch ihre
kinder dahin zu weisen und ziehen. Dann würde
hierüber derselben einer uber dem spiel oder
sonsten in den wirtsheusern, heimblich oder
öffentlich, oder sie, ihre weiber oder kinder
faulenzen, ohne arbeit und dienst, und doch
wol arbeit und dienst teglich und billiche be-
lohnung haben und bekommen möchten, er-
funden, darauf dann die amptleut, gericht, rath,
allgeschwornen und sonderlich die stattknecht,
bettelvögte, burmeister ein besonder aufmerken
haben sollen. Der oder dieselbigen alle, von
denen solches fürkömpt, sollen das erst mal,
nemlich der man im thurn am boden drey tag
und nacht gestrafft und gebüßt und das weib,
so also ergriffen, des almusen acht tag beraubt,
das ander mal der man acht tag im thurn
und die frau in einer frauen gefengnuß drey tag
gestrafft und gebüßt und zum dritten mal mit
weib und kindern des lands verwiesen werden,
ihnen selber zu wolverschüldter straff und da-
mit ander solch exempel für augen zu nehmen
und sich dafür zu verhüten wissen, alles nach
gestalt und gelegenheit der personen und
sachen. Welche straffen auch durch unsere
amptleut und gericht nicht eingestelt oder ver-
zogen. sondern gegen den uberfarern beyzeiten
fürgenommen werden sollen. Dann woferne
durch sie gefehrlichen 95e zugesehen, biß die
armen darüber in das alter oder sonsten leibs
unvermüglicheit gerieten, gedenken wir alßdann
gegen denselben fahrlessigen amptleuten und
gerichten gebürlichs einsehens also geschehen
zu lassen, damit die armenkasten ihrer fahr-
lessigkeit nicht entgelten sollen. Wo aber solche
haußarmen und kinder sein, die gerne arbeiten
und dienen wolten und zu arbeiten und diensten
für sich selber nicht kommen möchten, so
sollen die amptleut und gericht sie zu arbeit
und diensten, es sey am gemeinem nutz oder
sonder personen oder zu einem eigen eintragen-

95d = sparsam, Fischer, a. a. O. V, S. 1484 f.

den baugütlein befürdern oder die hand bieten,
damit in alle wege bey ihnen das müssiggehen
verhütet und nicht faulenzer, auch die arme-
kasten desto weniger mit ihnen beschweret
werden.

Den dritten, so nicht als gar mit tiefer armut
beschweret sein, sondern ein wenig guts haben,
oder einem armen handwerksman, der sein
handwerk ohne hülf und vorsetzung nicht an-
fahen noch treiben kan, muß man umb Gottes
willen auf wiedergeben, so sie es anderst mit
der zeit zuwegen bringen möchten, nach ver-
mög des kastens und gelegenheit der personen
zimlich leihen und vorsetzen. Und die sollen
mit dem bettlerzeichen auß beweglichen ur-
sachen nicht beschweret werden.

Den vierten, zur zeit der theurung, der ohne
grossen nachteil seine güter nicht verkeufen
kan, sol man nach vermögen des kastens und
gelegenheit der person auf wiedergeben leihen
und vorsetzen.

Zum fünften sol man auch in einer jeglichen
statt oder flecken, da man lateinische schulen
helt, etliche arme knaben nach vermügen der
statt oder flecken mit dem almusen zur schul
halten oder ihnen zum wenigsten wochenlich
ein steur geben.

Armen vaterlosen weysen.

Zum sechsten, arme vaterlose weysen sol man
zu handwerken, schulen, zun ehren und hauß-
haltung mit angehefter vermanung der wieder-
geltung, wo ihnen ihre hand so lang wird,
mit höchstem vleiß verhelfen.

Zum siebenden, zur zeit sterbender noth, auch
sonsten, so oft arme dienstknecht und megde,
auch andere frembde hastig niederfellig und
krank würden oder mit dem erbgrind und
andern schweren krankheiten beladen weren,
und aber von ihrem eigen nicht zu leben,
auch von ihren herrn und frauen underhaltung
nicht erlangen möchten, die sollen von dem

95e Vgl. S. 247 u. Anm. 68 b.

33

265
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften