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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0081
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an neuen Versuchen des Rates, abermals ausländische, reformierte Kaufleute nach Stade zu ziehen 40.
Erst unter schwedischer Herrschaft setzte sich das lutherische Bekenntnis endgültig durch. Die Stader
KO von 1652 41 nennt auch die Konkordienformel unter den verpftichtenden Symbolen. Im übrigen ba-
siert sie auf der sog. alten KO, ist jedoch stark erweitert.

Wie der Rat 1563 im ehemaligen St. Johanniskloster ein Armenhaus einrichtete, so scheint er sich
auch sonst nach der Reformation für eine bessere Regelung des Armenwesens eingesetzt zu haben.
Die Nachweise für eine städtische Armenfürsorge stammen jedoch erst aus späterer Zeit. Eine „Ordi-
natio pauperum“ wurde am Sonntag Palmarum 1613 publiziert 42, eine allgemeine Stadtarmenrechnung
ist erst seit der 2. Hälfte des 17.Jh.s nachweisbar4 3. Im übrigen bestanden in Stade etliche Bruder-
schaften aus vorreformatorischer Zeit fort, die sich die Armenpflege angelegen sein ließen 44; neue Bruder-
schaften traten noch hinzu.

Polizeiliche Vorschriften zum Schutz des Gottesdienstes, durch die der regelmäßige Besuch des
Gottesdienstes, besonders an Sonn- und Feiertagen, eingeschärft, Ausschank und Trinken während der
Zeit untersagt wurden usw., auch ein Verbot der Gotteslästerung, des Fluchens und Schwörens, wurden
in die 1585 und 1609 renovierte „Bursprake“ der Stadt Stade aufgenommen 45. - Die schon genannten
Edikte zur Aufwandsbeschränkung bei Familienfeierlichkeiten anläßlich kirchlicher Handlungen von
1613 und 1617 wurden auch später noch öfter erneuert 46.

Die Oberältesten, Ältesten und Juraten heißen in der KO von 1652 Obere, Älteste und Jura-
ten, sonst auch Patroni, Älteste und Juraten47. Es handelt sich dabei um Kirchspielskollegien, offenbar
jeweils bestehend aus einem patrozinierenden Bürgermeister, den im Kirchspiel ansässigen Ratsherren
und den mit der Verwaltung der Kirchengelder betrauten, aus den Bürgern gewählten Kirchgeschwore-
nen 48. Der KO von 1652 zufolge lag bei diesen Kirchspielskollegien das ius praesentandi für die Pfarr-
stellen, während der übrige Besetzungsprozeß ziemlich kompliziert, unter Beteiligung des Gesamtrates,
des Ministeriums, des schwedisch-königlichen Konsistoriums, auch der Gemeinde, vonstatten ging. Zu
den Streitigkeiten zwischen dem Rat und der schwedischen Regierung um die Episkopalrechte, insbeson-
dere die Jurisdiktion in Ehesachen und die Pfarrbesetzung, s. die Ausführungen von Brambach 49.

40 Vgl. den Brief des Rates an den arminianischen Geistlichen Uytenbogaert vom 10. März 1620, worin den Armi-
nianern Gastfreundschaft angeboten und im Fall der Annahme des Angebots das Recht freier Religionsausübung
zugesichert wird, bei D. Mahnke, Religiöse Duldung, 21f.Dazu W.F. Dankbaar, RGG 3 I, 620ff. VI, 1223f.

41 Das handschriftliche Original der KO mit dem Stadtsiegel und den Unterschriften der Geistlichen bis zur Gegen-
wart befindet sich im Stadt-A. Stade: Hs K 1, eine Abschrift ebd.: Hs W 7, Bl. 251ff. Abschriften besitzen auch
das Stadt-A. Buxtehude und die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen: Cod. Ms. jurid.
170w, Bl. 18-79. Auf Grund des Stader Originals wurde die KO von Schlüter im Druck herausgegeben. — Vgl. auch
die Beschreibungen bei J. H. Pratje, Herzogthümer Bremen und Verden VI, 13-17; H. Schlichthorst, Grund-
riß, 350f.;W.H. Jobelmann-W.Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 46f. 49.

42 Sie befindet sich abschriftlich im Stadt-A. Stade: A. St. Fach 81 Nr. 1a, Stück 1. Vgl. dazu W. H. Jobelmann-
W. Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 149f.; M. Bahrfeldt, 96; W. Stauder in: Stader Jb 1956, 143.

43 Vgl.W. H. Jobelmann-W.Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 150; M. Bahrfeldt, 96.
44 Vgl.W. H. Jobelmann-W.Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 149. 188ff.; M. Bahrfeldt, 103ff.

45 Die „Bursprake“ von 1585 befindet sich in Form einer frühen Abschrift im Stadt-A. Stade: Hs VV 5, Bl. 12ff.;
Abschriften der „Bursprake“ von 1609 sind häufig anzutreffen, im Stadt-A. Stade: Hs VV 11, S. 176ff. und St.V.
Fach 11-12 Nr. 15; im Archiv des Stader Geschichts- und Heimatvereins: Bb 6; im Staats-A. Hann.: Hann. Des.
131 Tit. 39 Nr. 4, Bl. 20—27.Vgl. dazu W. H. Jobelmann-W .Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 272.
46 Vgl.W.H. Jobelmann-W.Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 268ff. - Spätere diesbezügliche Edikte
und Ordnungen im Stadt-A. Stade: P Fach 47b Nr. 1. Die gedruckte Ordnung von 1674 z. B. in der Niedersächs.
Staats- u. Universitätsbibl. Göttingen: Jus stat. V 5854. Vgl. dazu auch J.K.W.Bode, 10ff.; W. Stauder, aaO.
149ff. 47 Vgl. Fundamentalrezeß vom 3. Februar 1652 bei H.Schlichthorst, Beyträge II, 55ff.

48 Vgl. H. Brambach, 41 f. Die Bezeichnung „Obere und Älteste“ für den Rat (im profanen Sinn) sowohl für Ham-
burg als auch für Stade in einem Notariatsinstrument vom 28./30. Oktober 1587, gedruckt bei J.H.Pratje, Her-
zogthümer Bremen und Verden VI, 222ff.

49 H.Brambach, 36ff. Eingehende Bestimmungen eherechtlicher Art enthalten schon die Stadtordnungen von 1613
und 1617.

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4 Sehling, Niedersachsen II/l
 
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