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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0167
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sichtswesen im Stift Verden eine Neuregelung wie in den umliegenden weltlichen Territorien. Eine völ-
lige Umgestaltung der kirchlichen Ordnung scheiterte jedoch an den althergebrachten kirchlichen Rech-
ten, insbesondere des Domkapitels.

Folgende Bischöfe regierten das Stift Verden zur Zeit der Reformation in Deutschland und ihrer
Einführung und Durchführung im Stift:

1502-1558 Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel 10.

1558-1566 Georg von Braunschweig-Wölfenbüttel 11.

1567-1586 Eberhard von Holle (Administrator), 1555 Abt des Michaelisklosters in Lüneburg, 1561
Bischof von Lübeck, 1564 Koadjutor des Bischofs Georg.

1586-1623 Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel, ein Sohn des Herzogs Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel, 1591 auch Bischof von Osnabrück, 1598 Dompropst zu Halberstadt 12.

Die Reformation wurde im Stift Verden infolge der Reformationsfeindlichkeit des Bischofs Chri-
stoph 13, dessen Position in Verden, wo er sich meistens aufhielt, stärker war als im Erzstift Bremen,
und der noch etwas zögernden Haltung des Bischofs Georg erst verhältnismäßig spät durchgeführt. Die
Stiftsherren zu Verden waren freilich z.T.schon vor Christophs Tod evangelisch gesonnen 14. Georgs
Toleranz und seine Zugeständnisse an die lutherische Lehre 15 kamen auch dem Stift Verden zugute.
Während seiner Regierungszeit scheinen die Mitglieder des Domkapitels sich fast alle der evangelischen
Lehre zugeneigt zu haben; denn als der lutherische Eberhard von Holle anläßlich seiner Wahl zum Koad-
jutor bezüglich der Religion Einwendungen gegen den Kapitulationsentwurf erhob, zeigte es sich weit-
gehend zu Zugeständnissen bereit und versprach, zusammen mit ihm bessern zu wollen, was einer christ-
lichen Reformation bedürfe 16.

Eberhard von Holle nahm, wie auch Spangenberg 17 berichtet, die Durchführung der Reformation
noch im Jahr seiner Wahl zum Bischof in Angriff. Die Nachrichten über die Vorgänge im einzelnen sind
in der Literatur spärlich. Einiges läßt sich aber noch aus den bisher kaum ausgewerteten Rezessen bzw.
Protokollen der zu Verden und Rotenburg abgehaltenen Landtage und der Generalkapitel zu Verden ent-
nehmen.

Am 4. Juni 1567 ließ Eberhard dem Generalkapitel zu Verden 18 durch seine Räte aufgeben, über
Reformation und Visitation der Dorfkirchen und deren Pastoren zu beraten, nachdem dieser Punkt auf
einem vorangegangenen Landtag schon auf das Generalkapitel verschoben war. Das Kapitel beschloß,
zusammen mit dem Bischof zur Visitation „geschickte“ Leute zu deputieren. Auch wurde auf Ansinnen
Eberhards eine jährliche Visitation der Pastoren in Aussicht genommen. Gleichzeitig wurden dem Ka-
pitel vom Domprediger 19 etliche Artikel zur Regelung der Kirchenverhältnisse, insbesondere zur Ein-

10 Vgl. oben S. 6. 7ff. 11 Vgl. oben S. 6. 10.

12 Zur Reihe der Bischöfe vgl. P. v. Kobbe II, 276f.; Ch. G. Pfannkuche, Die neuere Geschichte, am jeweils
gegebenen Ort, u. a.

13 1524 trat Christoph mit den Domkapiteln und Prälaten zu Verden und Minden in eine Vereinigung gegen die
Reformation; vgl. Ch. G. Pfannkuche, Die neuere Geschichte, 24; im übrigen vgl. oben S. 7ff.

14 Vgl. J. H. Pratje, Altes und Neues III, 151, und Religions-Geschichte III, 1, 9; auch oben S. 8.

15 Vgl. oben S. 10.

16 Vgl. J. II. Pratje, Altes und Neues XI, 51; Ch. G. Pfannkuche, Die neuere Geschichte, 69ff.

17 Vgl. C. Spangenberg, 226: „Selbigen jahrs (1567) befürdert er, daß die päbstische messe in der tumkirche und
ganzen stift Vehrden ward abgeschaffet und die Augspurgische Confession und religion hin und wieder eingeführet
und eine christliche kirchenordnung angeordnet“ (Schreibweise vereinfacht); dazu auch Ch. Schlöpken, 425;
J.H. Pratje, Religions-GeschichteIII, 1, 11; H.W. Rotermund, Reformation, 171.

18 Vgl. das Protokoll im Staats-A. Hann.: Stade Br. Arch. Des. 8a Fach 11 Nr. 1.

19 Der Domprediger muß der gleich zu Beginn seiner Regierung von Bischof Eberhard berufene David Huberinus,
geb. 1540 in Augsburg, † 1598, gewesen sein, der vorher zu Minden das Amt eines Rektors innegehabt hatte; vgl.
D. Sonne, Geschichte der Domschule I, 6, Anm. 1; Die beiden ersten Jahrhunderte der Domschule, 5, Anm. 1;
auch v. Ortenberg, 38; Ph. Meyer, Pastoren II, 457f.

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