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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0181
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Kirchenordniing 1606

Darauß folget, das dieses die einige, rechte, war-
haftige und seligmachende lehr sey, die Gott selbst
in seinem wort, nemblich in den biblischen schrif-
ten der propheten und aposteln des alten und neuen
testaments, geoffenbaret hat.

Das aber dieselbige heilige schrift oder das wort
Gottes eine gewisse regula und richtschnur sey,
nach welcher die religion und glaubensarticul pro-
bieret, und von allen irtumen, ketzerey, falscher
lehr und opinionen muß unterscheiden werden, das
bezeuget S. Paulus, da er sagt (Galat. 1, vers. 8):
So auch wir oder ein engel vom himel euch würde
evangelium predigen anders, den wir euch gepre-
diget haben, der sey verflucht. Item (Galat. 6, vers.
16): Wieviel nach dieser lehr einhergehen, uber
die sey friede und barmherzigkeit, und uber den
Israel Gottes.

Und daher haben die alten kirchenlehrer die hei-
lige schrift canonicam scripturam 16 genennet. Auf
denselben grund und fundament göttliches worts
soll die jugend und in gemein alle menschen in kir-
chen und schulen gewiesen und geführet werden, das
sie darauß, als aus den rechten brünlein Israel, ja,
als auß der lebendigen gottesquelle (Psal. 68, vers.
27; 36, vers. 10) einig und alleine fassen und schöp-
fen, was zu einem rechtschaffenen erkentniß Got-
tes, zu einem christlichen und Gott wolgefelligen
leben und wandel und in summa zur ewigen seelig-
keit zu wissen vonnöten ist. Die schriften aber der
propheten und aposteln sollen in dem verstande
angenomen und gebraucht werden, der in den ur-
alten symbolis: Apostolico 17, Niceno 18 und Atha-
nasiano 19, begrieffen und außgedruckt ist. Mit ge-
melten und jetzt erzehleten symbolis einstimmen
auch uber Lutheri catechismi groß und klein 20 und
andere seine lehrhafte und von Gott dem heiligen
Geist eingegebene schriften, item Confessio Augu-
stana und derselben Apologia, wie die dem römi-
schen keyser Carolo quinto auf dem grossen reichß-

16 Vgl. Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 90 bei Anm.

17, dazu E. Schottu. L. Vischer,K,GG 3 III, 1118.

1119ff.

17 Bek. Schr., 21. 18 Bek. Schr., 26 f.

19 Bek. Schr., 28 ff. 20 Bek. Schr., 501 ff.

21 Vgl. zu diesem Absatz den ganz ähnlichen in der

Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 91f.

22 Confessio Augustana Variata, 1540 durch Melan-

tag zu Augspurg anno 1530 uberreicht und uber-
geben worden, wie dan nochmals durch besondere
gnad und schickung Gottes des allmechtigen in
evangelischen kirchen, so noch rein, dieselbige lehr
in den meisten, der Augspurgischen Confession zu-
getan, ländern, fürstentumen und stätten, beydes,
kirchen und schulen, Gott zu ehren und zu vieler
menschen seeligkeit einhelliglich gelehret und auß-
gebreytet wird.

Dieweil 21 aber in diesen letzten zeiten und ge-
fehrlichen leuften der jetzigen grundbösen welt
unter dem namen der Augßburgischen Confession 22
etliche schwermer und rottengeister wie ein wolf
in schaffstall allenthalben listiglich und verschla-
gener, tückischer weise einschleichen (Matth. 7,
vers. 15; Joha. 10, vers. 10; Acto. 20, vers. 29) und
ihr corruptelas und seelengift den leuten, sonder-
lich den einfeltigen, heimlich beyzubringen sich
unternehmen, so soll und muß dabey die declara-
tion in acht genomen werden, das wir die Augß-
burgische Confession und derselben lehr und inhalt
annehmen und behalten in dem verstand, wie sie
in der darauf erfolgeten Apologia und dan ferner
in den Smalcaldischen Articulen 23 und endlich im
Grossen und Kleinen Catechismo Lutheri und an-
dern büchern und schriften dieses teuren und wer-
den mannes Gottes außgeleget und erkläret wor-
den.

Also ist nu deutlich und verständlich gnug be-
richt getan, welches die norma und forma der rei-
nen, unverfelschten lehr in den kirchen dieses un-
sers stifts Verden sein und bleyben soll, nemblich
die heilige prophetische und apostolische schriften
des alten und neuen testaments in dem verstand,
der in den uralten symbolis: Apostolico, Niceno
und Athanasiano, und in den articuln der unver-
enderten und unverfelschten Augßburgischen Con-
fession begriffen ist. Was aber derselben formae
sanae doctrinae ungemeß, entgegen und zuwieder,

chthon besorgte lateinische Quartausgabe der Conf.
Aug. mit erheblichen Änderungen nicht nur forma-
ler, sondern auch dogmatischer Art, insbesondere
einer Erweichung des Artikels X (De coena Domini);
vgl. dazu unten S. 265f., Anm. 11; H. Bornkamm,
RG-G 3 I, 736. Abdruck der Conf. Aug. Var.: MW VI,
12 ff.

23 Bek. Schr., 407 ff.

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