Stift Verden
legenheit der zeit einen andern, auf der kanzel anfa-
hen.Und soll derselbige von dem chor oder der gemei-
ne vollends zu ende hinaus gesungen werden. Unter-
dessen aber soll der prediger, der das ambt halten und
die communion verrichten wil, seinen ornatum eccle-
siasticum wieder anlegen, darin fein andechtig für
den altar treten und, soferne es die zeit leiden wil, auf
die hohe feste die praefation de tempore singen, wie
dieselbige in dieser agenda am ende zu finden sein.
Darauf wird das Sanctus lateinisch oder zu
deutsch Esaia dem propheten das geschach 69 aus
Lutheri psalmbüchlein 70 gesungen, und soll der
priester oder kirchendiener einen unterricht und
vermanung an die communicanten und ganze ge-
mein vom hoch[wirdigen] nachtmal des Herrn Chri-
sti tun auf folgende weise:
Formula exhortationis zum volk, das zum
sacrament gehen wil 71.
Meine allerliebsten in Gott, dieweil wir nun das
abendmal unsers lieben Herrn Jhesu Christi wöllen
bedenken und halten, darin uns sein fleisch zu einer
speyse und sein blut zu einem trank, nicht des lei-
bes, sondern der seelen gegeben wird, sollen wir
billig mit grossem fleiß ein itzlicher sich selbst prü-
fen, als Paulus [1. K 11, 28] sagt, und den von die-
sem brodt essen und von diesem kelche trinken;
denn niemand soll, sondern allein ein hungerige
seele, die ihre sünde erkent, Gottes zorn und den
todt fürchtet und nach der gerechtigkeit hungerig
und dürstig ist, diß heilige sacrament empfahen.
So wir aber uns selbs prüfen, finden wir nichts in
uns denn sünd und todt, können uns auch selbst
69 Lied Luthers, zuerst in der Deutschen Messe 1526
(WA 19, 99f.; Sehling I, 16) veröffentlicht, von
vornherein als Ersatz für das lateinische Sanctus ge-
dacht; vgl. WA35, 230f. 455. 516ff.; Wackernagel
III, Nr. 30; S. Kümmerle, aaO. I, 648ff.; Ev.
Kgb. u. Kulp Nr. 135.
70 Verbreitet war das sog. Babstsche Gesangbuch, das
letzte, das Luther bevorwortet hatte, erstmalig ge-
druckt 1545 bei Valentin Babst zu Leipzig, danach
oft nachgedruckt. Originalgetreuer Nachdruck des
Druckes von 1545 im Bärenreiter-Verlag zu Kassel
1929, mit einem Nachwort von K. Ameln.
71 Die folgende Vermahnung auch in der Lüneburger
KO und in der Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1,
546 f. 146 f.; auch in der KO für Lippe, Spiegelberg
und Pyrmont von 1571, Bl. VIII f.; ebenfalls in der
in keinem wege daraus helfen. Darauf hat unser
lieber Herr Jhesus Christus sich uber uns erbarmet,
ist umb unsertwillen mensch geworden, das er vor
uns das gesetz erfüllete und lidde, was wir mit un-
sern sünden verschuldet hetten. Und das wir ja
festiglich gleubeten und uns frölich darauf verlas-
sen möchten, nam er nach dem abendessen das
brodt [1. K 11, 23-25], sagte dank, brach es und
sprach: Nemet hin und esset, das ist mein leib, der
vor euch gegeben wirt. Als wolt er sagen: Das ich
mensch bin worden und alles, was ich tue und leide,
das ist alles euer eigen, vor euch und euch zugute
geschehen, und des zu einem warzeichen gebe ich
euch meinen leib zu einer speyse. Deßgleichen auch
den kelch und sprach: Nemet hin und trinket aus
diesem alle. Dieser kelch ist das neue testament in
meinem blut, das vor euch und viel vergossen wird
zu vergebung der sünden; als oft ihr das tut, so
tut es zu meiner gedechtnis. Als wolt er sprechen:
Dieweil ich mich euer angenommen und euer sünde
auf mich geladen habe, wil ich mich selbs für die
sünde opfern, mein blut vergiessen, gnad und ver-
gebung der sünde erwerben und also ein neue testa-
ment aufrichten, darin der sünde ewig nicht sol ge-
dacht werden. Des zu einem warzeichen gebe ich
euch mein blut zu trinken. Wer nun also von die-
sem brodt isset und auß diesem kelch trinket, das
ist, wer diesen worten, die er höret, und diese zei-
chen, die er empfehet, festiglich gleubet, der bley-
bet in Christo, und Christus in ihm, und lebet ewig-
lich [Joh 6, 54. 56]. Dabey sollen wir nun seines
todes gedenken und ihme von herzen danksagen,
ein jeglicher sein kreuz auf sich nehmen und dem
Oldenburger KO, dort aus der agendarischen Folge
gelöst, gegen Ende der KO, Bl. V v IHf.; auch in der
Lauenburger KO von 1585, Bl. 127f. (Varianten). -
Die Vermahnung beruht auf der sog. Nürnberger
Abendmahlsvermahnung aus der Nürnberger Messe
von 1524; zur Nürnberger Messe vgl. J. Smend, Die
evangelischen deutschen Messen bis zu Luthers
Deutscher Messe. 1896, 160ff., bes. 168f.; B. Klaus,
Die Nürnberger deutsche Messe 1524, in: Jb für
Liturgik und Hymnologie 1 (1955), 1ff.; Sehling
XI, lSf. 46ff., bes. 4Sf., dazu 195f. (Nürnberger KO
1533). Weiteres über die Verbreitung der Vermah-
nung vgl. bei Höfling, 59ff. 82ff. Grundsätzliches
zu den Abendmahlsvermahnungen unten S. 378,
Anm. 55.
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legenheit der zeit einen andern, auf der kanzel anfa-
hen.Und soll derselbige von dem chor oder der gemei-
ne vollends zu ende hinaus gesungen werden. Unter-
dessen aber soll der prediger, der das ambt halten und
die communion verrichten wil, seinen ornatum eccle-
siasticum wieder anlegen, darin fein andechtig für
den altar treten und, soferne es die zeit leiden wil, auf
die hohe feste die praefation de tempore singen, wie
dieselbige in dieser agenda am ende zu finden sein.
Darauf wird das Sanctus lateinisch oder zu
deutsch Esaia dem propheten das geschach 69 aus
Lutheri psalmbüchlein 70 gesungen, und soll der
priester oder kirchendiener einen unterricht und
vermanung an die communicanten und ganze ge-
mein vom hoch[wirdigen] nachtmal des Herrn Chri-
sti tun auf folgende weise:
Formula exhortationis zum volk, das zum
sacrament gehen wil 71.
Meine allerliebsten in Gott, dieweil wir nun das
abendmal unsers lieben Herrn Jhesu Christi wöllen
bedenken und halten, darin uns sein fleisch zu einer
speyse und sein blut zu einem trank, nicht des lei-
bes, sondern der seelen gegeben wird, sollen wir
billig mit grossem fleiß ein itzlicher sich selbst prü-
fen, als Paulus [1. K 11, 28] sagt, und den von die-
sem brodt essen und von diesem kelche trinken;
denn niemand soll, sondern allein ein hungerige
seele, die ihre sünde erkent, Gottes zorn und den
todt fürchtet und nach der gerechtigkeit hungerig
und dürstig ist, diß heilige sacrament empfahen.
So wir aber uns selbs prüfen, finden wir nichts in
uns denn sünd und todt, können uns auch selbst
69 Lied Luthers, zuerst in der Deutschen Messe 1526
(WA 19, 99f.; Sehling I, 16) veröffentlicht, von
vornherein als Ersatz für das lateinische Sanctus ge-
dacht; vgl. WA35, 230f. 455. 516ff.; Wackernagel
III, Nr. 30; S. Kümmerle, aaO. I, 648ff.; Ev.
Kgb. u. Kulp Nr. 135.
70 Verbreitet war das sog. Babstsche Gesangbuch, das
letzte, das Luther bevorwortet hatte, erstmalig ge-
druckt 1545 bei Valentin Babst zu Leipzig, danach
oft nachgedruckt. Originalgetreuer Nachdruck des
Druckes von 1545 im Bärenreiter-Verlag zu Kassel
1929, mit einem Nachwort von K. Ameln.
71 Die folgende Vermahnung auch in der Lüneburger
KO und in der Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1,
546 f. 146 f.; auch in der KO für Lippe, Spiegelberg
und Pyrmont von 1571, Bl. VIII f.; ebenfalls in der
in keinem wege daraus helfen. Darauf hat unser
lieber Herr Jhesus Christus sich uber uns erbarmet,
ist umb unsertwillen mensch geworden, das er vor
uns das gesetz erfüllete und lidde, was wir mit un-
sern sünden verschuldet hetten. Und das wir ja
festiglich gleubeten und uns frölich darauf verlas-
sen möchten, nam er nach dem abendessen das
brodt [1. K 11, 23-25], sagte dank, brach es und
sprach: Nemet hin und esset, das ist mein leib, der
vor euch gegeben wirt. Als wolt er sagen: Das ich
mensch bin worden und alles, was ich tue und leide,
das ist alles euer eigen, vor euch und euch zugute
geschehen, und des zu einem warzeichen gebe ich
euch meinen leib zu einer speyse. Deßgleichen auch
den kelch und sprach: Nemet hin und trinket aus
diesem alle. Dieser kelch ist das neue testament in
meinem blut, das vor euch und viel vergossen wird
zu vergebung der sünden; als oft ihr das tut, so
tut es zu meiner gedechtnis. Als wolt er sprechen:
Dieweil ich mich euer angenommen und euer sünde
auf mich geladen habe, wil ich mich selbs für die
sünde opfern, mein blut vergiessen, gnad und ver-
gebung der sünde erwerben und also ein neue testa-
ment aufrichten, darin der sünde ewig nicht sol ge-
dacht werden. Des zu einem warzeichen gebe ich
euch mein blut zu trinken. Wer nun also von die-
sem brodt isset und auß diesem kelch trinket, das
ist, wer diesen worten, die er höret, und diese zei-
chen, die er empfehet, festiglich gleubet, der bley-
bet in Christo, und Christus in ihm, und lebet ewig-
lich [Joh 6, 54. 56]. Dabey sollen wir nun seines
todes gedenken und ihme von herzen danksagen,
ein jeglicher sein kreuz auf sich nehmen und dem
Oldenburger KO, dort aus der agendarischen Folge
gelöst, gegen Ende der KO, Bl. V v IHf.; auch in der
Lauenburger KO von 1585, Bl. 127f. (Varianten). -
Die Vermahnung beruht auf der sog. Nürnberger
Abendmahlsvermahnung aus der Nürnberger Messe
von 1524; zur Nürnberger Messe vgl. J. Smend, Die
evangelischen deutschen Messen bis zu Luthers
Deutscher Messe. 1896, 160ff., bes. 168f.; B. Klaus,
Die Nürnberger deutsche Messe 1524, in: Jb für
Liturgik und Hymnologie 1 (1955), 1ff.; Sehling
XI, lSf. 46ff., bes. 4Sf., dazu 195f. (Nürnberger KO
1533). Weiteres über die Verbreitung der Vermah-
nung vgl. bei Höfling, 59ff. 82ff. Grundsätzliches
zu den Abendmahlsvermahnungen unten S. 378,
Anm. 55.
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