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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0227
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Kirchenordnung 1606

her gebühren mag 32, ohne einigen behelf und ab-
bruch gütlich, freundlich und gebürlich gereicht
und entrichtet werde. So jemand hierin ungehor-
sam befunden würde, der oder dieselbige sollen von
unsern beambten, oder da dieselbige seumig sein
würden, von den verordneten unsers consistorii ge-
bürlich unterwiesen und nach befindung der sachen
und verbrechung gestrafft werden.

Zum dritten 33: Diejenige, so von alters her dem
pastorn schinken und dem küster schuldern 34 oder
andere pröben und provent an korn, fleisch, but-
ter, hüner, eyern etc. zu geben schüldig, dieselben
sollen, solches ferner zu reichen und zu erstatten,
hiemit verpflichtet sein.

Zum vierden 35 sollen die kirchgeschwornen und
karßpelsleute ihren pastorn ehrliche und bequeme
wohnung sambt andern gebeuen, so zur haußhal-
tung und anderer notturft gehören, verschaffen und
dieselbigen auf ihren (der gemeine) unkosten in ste-
tem bau und besserung erhalten, damit die kirchen-
diener trucken, ohne hinderniß und gefahr darinnen
wohnen mögen, wie solches bey regierungszeiten bi-
schoffen Eberharten,christmiltergedächtniß,auf dem
landtage anno 72 etc. den 21. Julii beschlossen ist 36.

Zum fünften 37: Da auch einer oder mehr von
unsern pastorn oder küstern nottürftig weren und

32 Einen Einblick in das Diensteinkommen der Pasto-
ren gestatten die Visitationsprotokolle von 1573 aus
Scheeßel und Kirchwalsede. Vgl. das Scheeßeler
Protokoll bei H. Meyer, Scheeßel, 478ff.; das
Kirchwalseder Protokoll in: Heimatborn, Jg. 3, 12
(Dez. 1929), 5ff. Vgl. auch die Intradenverzeichnisse
von 1630 bei A. Asmus, 34ff.

33 Vgl. zu diesem Absatz Lüneburger KO, Sehling
VI, 1, 539, und Hoyasche KO, Sehling VI, 2, 1194.

34 Streit entstand mehrfach darüber, wieviel Geld statt
des Schinkens für den Pastor und der Schulter für
den Küster zu entrichten sei, wenn keine Mast vor-
handen war; vgl. das Landtagsprotokoll vom 21. Juni
1581 im Staats-A. Hann.: Stade Br. Arch. Des. 8 a
Fach 11 Nr. 1; ebenso vom 5. Juli 1582 ebd.; den
Landtagsabschied vom 24. Januar 1583 im Staats-A.
Hann.: Stade Br. Arch. Des. 8 a Fach 19 Nr. 1,
Stück 13; H. Meyer, Scheeßel, 436ff. Die 1583 für
den Schinken festgesetzten 8 Schillinge wurden trotz
erheblicher Geldentwertung teilweise noch 1670 ge-
zahlt; vgl. Meyer, aaO. 483.

35 Dieser Absatz stimmt teilweise wörtlich mit dem
entsprechenden der Hoyaschen KO von 1581 über-
ein; vgl. Sehling VI, 2, 1195, dazu die Hoyasche
KO von 1573/74, unten S. 746.

36 Vgl. Einleitung, oben S. 139.

demnach wiesen oder land, zur kirchen gehörig,
umb den alten zins begerten, so soll ihnen vermüg
dieser unser ordnung solch land und wiesen, so ad
fabricam 38 gehörig, für andern umb den gebür-
lichen zins, wie den andere vor ihnen gegeben, ge-
gönnet und zu ihrem besten zu gebrauchen ein-
getan werden, in betrachtung, das sie, der kirchen
zu dienen, tag und nacht bereit sein müssen. Dieses
ist nicht allein von unserm geliebten antecessore
p[iae] m[emoriae] 39, sondern auch in den kirchen-
ordnungen der benachbartenfürstentumb und graff-
schaften 40 also heylsam und nützlich versehen und
verordnet.

Zum sechsten 41, so sollen unsere beambte, pfar-
hern und kirchengeschworne versehung tun und
daran sein, das die güter, so zu den kirchen und
pfarren in unserm stift Verden von alters her ge-
hörig, keinesweges von denen, so sie umb den jer-
lichen zins innehaben, zu erbe gemacht 42 und noch
viel weniger versetzt, verkauft oder ihren kindern
mitgegeben werden sollen. Da sich aber jemand
eines solchen unterstehen würde, so sollen unsere
beambte und oben angezogene befehl haben, ge-
melte kirchen- und pfargüter andern umb den ge-
wönlichen zins einzutun, damit also, aus den kir-
chengütern ein erbgerechtigkeit zu machen, hie-

37 Dieser Absatz stimmt teilweise wörtlich überein mit
den entsprechenden Absätzen der Lüneburger und
der Hoyaschen KO, Sehling VI, 1, 539. VI, 2, 1195.

38 Kirchenfabrik heißt eigentlich Kirchengebäude, be-
zeichnet dann die Einnahmen und den Fonds zur
Erhaltung der Kirchengebäude und des Gottes-
dienstes; vgl. F. H. Jacobson- O. Mejer, RE 3 10,
366f.; E. Friedberg, Lehrbuch des kath. und ev.
Kirchenrechts 6. 1909, 606ff.; J. B. Sägmüller,
Lehrbuch des kath. Kirchenrechts II 3. 1914, 470ff.;
H. E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte I 2. 1954,
187. 357f. 370f.; W. M. Plöchl, Geschichte des Kir-
chenrechts II. 1955, 375; S. Reicke, RGG 3 III,
1417 f. 1435 ff.

39 Vgl. Einleitung, oben S. 139.

40 Außer der Lüneburger und der Hoyaschen KO vgl.
auch Lauenburger KO, Bl. 28v; Sehling V, 413.

41 Vgl. zu diesem Absatz Lüneburger KO, Sehling
VI, 1, 539, und Hoyasche KO, Sehling VI, 2,
1194f.

42 Bischof Eberhard hatte 1568 angeordnet, daß die
Kirchen- und Pfarrgüter alle Jahre für den gewöhn-
lichen Zins ausgetan werden sollten, damit keine Kir-
chengüter zu Erbgütern gemacht würden; vgl.
W. Dreyer, Das Meierrecht im ehemaligen Stift
Verden, in: Heimatborn, Jg. 2, 2 (Febr. 1928), 6.

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