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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0250
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erbot sich, besonders auf dem Landtag am Dienstag nach Circumcisionis (3. Jan.) 1548, danach noch-
mals in einer Instruktion für seine Räte vom 20. Januar 1548, die diese dem Domkapitel vortragen soll-
ten, die Rechte der Archidiakonen wieder voll anzuerkennen, die kirchlichen Neuerungen im Stift, abge-
sehen von der sich widersetzenden Stadt Osnabrück, die sich auf eine Erlaubnis ihrer Religionsausübung
bis zum Konzil durch kaiserliche Kommissare berief, zu beseitigen usw. 69 Im März sandte der Bischof
auf die Ämter eine Kommission, versehen mit einer Instruktion, die allen Amtleuten, Kapiteln, Pastoren,
Vicecuraten und Kaplanen gebot, die alte Religion und die alten Kirchenzeremonien zu gebrauchen 70.
Das Domkapitel gab sich aber noch nicht zufrieden, sah in der Visitation der Ämter auch eine Verlet-
zung der Jurisdiktionsrechte der Archidiakonen 71. Auf dem Oeseder Landtag am 12. Mai 1548 erklärte
sich Franz, auch von der Ritterschaft gedrängt, zur Annahme des Interim bereit, nachdem er auf dem
vorangegangenen Landtag am 29. April 1548 die Durchführung des Interim durch sein Nichterscheinen
zunächst verhindert hatte. Jetzt ließen die Archidiakone mit Einverständnis des Bischofs Mandate im
ganzen Stift ausgehen, um den katholischen Gottesdienst wieder einzuführen 72. Die Stadt Osnabrück
mußte ihren anfänglichen Widerstand bald aufgeben.

Nun verließen etliche evangelische Prediger das Stift; allenthalben wurden wieder katholische Geist-
liche eingesetzt 73. Eine vollständige Rekatholisierung erwies sich jedoch, auch auf dem Lande, als un-
möglich 74. Nach dem Passauer Vertrag von 1552 setzte sich der evangelische Gottesdienst, obwohl der
Bischof, der mit Mühe seine Bistümer für sich gerettet hatte 75, sich jetzt ganz zurückhielt, in etlichen
Pfarren wieder durch, so, abgesehen von der Stadt Osnabrück, auch in Quakenbrück, das Bonnus als
gebürtiger Quakenbrücker schon 1547 und 1548 von Lübeck aus zur Standhaftigkeit ermahnt hatte 76.

In den folgenden Jahrzehnten konnten sich lutherische Lehre und lutherischer Gottesdienst noch
weiter ausbreiten 77. Vielfach nahm man allerdings auch, wie das die innere Verfassung im Stift und das
Interim nahelegten, eine unklare Mittelstellung zwischen Protestantismus und Katholizismus ein 78.
Katholische Bräuche bestanden bei sonst lutherischem Gottesdienst fort.

Bischof Johann, anfangs ein weniger entschiedener Katholik, unternahm 1570/71 einen energischen
Gegenreformationsversuch, wobei er besonderen Druck auf die Pastoren ausübte, Ihnen wie den übrigen
Geistlichen bei Strafe Teilnahme an den zweimal jährlich stattfindenden Diözesansynoden befahl, das
Tridentinum und den Katechismus des Tridentinischen Konzils als Richtschnur auferlegte 79, auch ener-

69 Die Instruktion im Staats-A. Osn.: Rep. 100 Abschn. 367 Nr. 7, Bl. 24f. Vgl. dazu C. Stüve, Hochstift II, 114.

70 Staats-A. Osn. Rep. 100 Abschn. 367 Nr. 7, Bl. 26ff. Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 114f.

71 Vgl. den Brief Remberts von Kerssenbrock an das Domkapitel vom 4. April 1548; Staats-A. Osn. Rep. 100 Abschn.
367 Nr. 7, Bl. 53f. — Rembert von Kerssenbrock, Domherr zu Osnabrück und Bischof zu Paderborn, trat als Ver-
mittler zwischen Bischof und Domkapitel auf.

7 2 Vgl. Geschichtsquellen II, 290f. (D. Lilies Chronik); C. Schele, 107. 130; H. Hoyer, 191f.

73 Vgl. Geschichtsquellen II, 292f. (D. Lilies Chronik). III, 74. 75 (Iburger Klosterannalen. Die Ereignisse werden
hier fälschlich z. T. beim Jahr 1540 erzählt); F. Flaskamp, Bonnus, 14.

74 Vgl. Geschichtsquellen II, 295 (D. Lilies Chronik); zur Stadt Osnabrück s. unten; zu Fürstenau G. Hartke, 139.
Der Klerus hielt vor allem an der Priesterehe fest. Am 13. Juni 1566 erließ Papst Pius V. ein strenges Breve an
alle Kirchen Westfalens,worin er den Konkubinat, d.h. auch die im Interim zugelassene Priesterehe, verdammte.Vgl.
Geschichtsquellen III, 81. 216 (Iburger Klosterannalen mit Anm. 430); C. Stüve, Hochstift II, 195. 202f. 267f.

75 Vgl. Geschichtsquellen II, 289f. (D. Lilies Chronik); Th. Röling, 77f.

76 Zum Mahnschreiben von 1547 s. oben Anm. 67. Das Mahnschreiben von 1548 ist abgedruckt bei B. Spiegel,
Bonnus, 204f.

77 Vgl. Acta synodalia, 188; Friderici, 304; C. Baronius-A. Theiner, Annales ecclesiastici II. Romae 1856,
42 (Bericht vom 27. 5. 1575); H. Dühne, 63. 81. 91; G. Hartke, 144f.; A. v. Düring, 14.

78 Vgl. Geschichtsquellen II, 293ff. (D. Lilies Chronik); O. Dökel, 70f.

79 Das die Synoden betr. Schreiben des Bischofs an seinen Offizial vom 13. Januar 1570 (Konzept), das Synodal-
mandat des Offizials vom 13. Februar 1570 mit dem darin wiedergegebenen Schreiben des Bischofs (Druck: „Wyr
Conradt von der Burgk... allen prelaten, ebten, prioren..., pastorn, ...etc., auch der stadt Oßnabrugk...“) und
das Schreiben Johanns an den Offizial vom 18. März 1571 (Konzepte, deutsch und lateinisch), betr. die Abschaf-
fung „ungeschickter“Pastoren, betr. die Predigt katholischer Lehre, Publizierung und Einführung des Tridentinischen

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