Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0275
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lange kein Exemplar mehr aufzufinden4. Auch erneute Nachforschungen brachten kein positives Ergeb-
nis. Schon damals war die KO schnell vergriffen. Darum, aber auch wegen der Verwendung der inzwi-
schen außer Gebrauch gekommenen niederdeutschen Sprache in der KO von 1588, ließ der Rat 1618
einen neuen Druck in hochdeutscher Sprache vornehmen, der, nach der Vorrede zu schließen, im übrigen
mit der Fassung von 1588 übereinstimmen müßte. Auf eine Übereinstimmung beider Ausgaben deutet
auch eine Nachricht in der Fortgesetzten Sammlung 5, wobei allerdings nicht mit Sicherheit zu ent-
scheiden ist, ob dem Verfasser die KO von 1588 wirklich vorgelegen hat, oder ob er seine Mitteilung nicht
vielmehr aus der Vorrede der KO von 1618 geschöpft hat. Man wird jedoch keine Übereinstimmung bis
in alle Einzelheiten annehmen dürfen, wie schon die Aufführung des Erinnerungstages an den Brand
von 1613 6 unter den Feiertagen zeigt. Auch setzt die KO von 1618 das Vorhandensein einer Superinten-
dentur und eines Ratsgymnasiums in Osnabrück voraus, Einrichtungen, die 1588 nicht bestanden. -
Spiegel 7 vermutet, daß die KO von 1588 im Gegensatz zu der von 1618, die die Wittenberger Kon-
kordie als verbindlich nennt, ganz im Sinne der Konkordienformel abgefaßt gewesen sei. Dafür spricht,
daß auch die Superintendentenordnung von 1596 8 neben der Augsburgischen Konfession nur die Kon-
kordienformel nennt, während die Predigerordnung von 1610 9 ebenfalls u. a. die Wittenberger Konkor-
die aufführt. Der Gegensatz ist von Spiegel aber zu scharf herausgestellt, da die KO von 1618, ebenso
wie die Predigerordnung von 1610, daneben auch das Konkordienbuch, ausdrücklich auch die unver-
änderte Augsburgische Konfession, als verbindlich hervorhebt 10.

Die Agende von 1618 enthält z.T. in der lutherischen Kirche jener Zeit weit verbreitete Formulare und
Formeln. Die Kollekten zu den Evangelientexten für das ganze Kirchenjahr sind mit wenigen Aus-
nahmen dieselben wie die in der Grubenhagener KO von 1581 11 und danach in der Verdener KO von
1606 12 begegnenden.

Nach überstandenen Kriegswirren ließ der Rat die KO 1652 aufs neue, gegenüber der Ausgabe von
1618 etwas erweitert, zu Rinteln drucken.

Wir drucken die KO nach der Ausgabe von 1618: Text Nr. 2.

Die KO ließ die Ordnung des Kirchenwesens weithin außer acht. Als sich das Domkapitel,
das in den ersten Jahrzehnten nach dem Passauer Vertrag so wenig eine Hochburg des Katholizismus
war, daß sich im Dom - ebenso wie in der Johanniskirche - sogar hier und da evangelische Prediger

4 Vgl. Stüve in: MO 13 (1886), 230; B. Spiegel, Bonnus, 84f.; J. M. Reu I, 3, 1, 2, 1041*; Borchling und

Claußen III, 1, 71. 5 Sammlung, 960f.

6 Zum Stadtbrand von 1613 vgl. Anm. 21 zur KO von 1618, unten S. 267.

7 B. Spiegel, Bonnus, 85. 8 S. unten S.291. 9 S. unten S. 296f.

10 Bei seiner Bestallung wird der 1610 zum Superintendenten erhobene Wolfgang Helvicus (s. unten) nur darauf ver-

pflichtet, die evangelische Lehre nach Inhalt der prophetischen und apostolischen Schriften, wie sie „in der rechten

alten Augßburgischen Confession, derselben Apologie, auch Kleinen und Großen Catechismis Lutheri verfaßet“,
lauter und rein zu predigen, Konzept (ursprünglich datiert vom 29. September 1610, später korrigiert zu 15. Fe-
bruar 1617) im Staats-A. Osn.: Rep. 120 I A Nr. V 15a Nr. 1; Original ebd. Dep. 3a 1 V B Nr. 88c 3. In der
Bestallung des Magisters Andreas Praetorius (vgl. unten S. 299, Anm. 23) von 1619 zum Pastor an St. Marien
werden die „uralte, ohnverenderte Augßburgische Confession“, die Apologie und - allgemein - die Schriften Luthers,
Chemnitz’, und Hunnius’ besonders genannt, Konzept im Staats-A. Osn.: Rep. 120 I A Nr. V 15a Nr. 1. - Danach
erscheint die Hervorhebung der Wittenberger Konkordie in den Ordnungen von 1610 und 1618 schwer verständlich.
Vgl. hierzu J. M. Reu I, 3, 1, 2, 1042*: „Wie es kommt, daß hier [in der KO von 1618] die Wittenberger Kon-
kordie von 1536 mit aufgezählt wird, ist noch nicht aufgeklärt. Daraus mit Spiegel... auf eine Erweichung des
lutherischen Standpunktes zu schließen, ist angesichts der Tatsache, daß sofort hernach die ganze Concordia von
1580 und vorher gar Luthers Kleines und GroßesBekenntnis [vgl. dazu die Anmerkungen zur KO von 1618] ... auf-
gezählt wird, unverantwortlich.“ — Möglich scheint, daß die Zitierung der Wittenberger Konkordie in der Kon-
kordienformel (SD VII; Bek. Schr., 977f.) zur Aufnahme der ersteren ins Lehrcorpus der Stadt geführt hat. Viel-
leicht muß man dabei auch die Herkunft des Superintendenten Helvicus aus dem früh bucerisch bestimmten Hessen
berücksichtigen.

11 Die KO: Sehling VI, 2, 1041ff.; die Kollekten ebd. 1087ff.

12 Vgl. dazu oben S. 206 mit Anm. 13.

16*

243
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften