Superattendentenordnung 1596
uber die andern prediger beider 17 kirchen, sowoll zu
Unser Lieben Frauwen 18 als S. Catharinen, fleissige
aufsicht haben solle und wolle:
Das sie nemblich und vurirst in ihren pfarkirchen
reine und gesunde lere furen nach dem corpore doc-
trinae Auspurgischer [!] Confession 19 und darauf er-
folgter Formulae Concordiae 20, dazu sich diese ge-
meinde bekennet, und das allerding erbarlich, zuch-
tiglich, ohne aufrurigkeit und ohnchristliches lastern
und schelden.
Zum zweiten 21, das sie sonderlich in dieser ge-
meinde und an diesem ort, da die bapstische religio
und ceremonien noch zur zeit mit im geprauch sein 22,
ihr ambt also mit guter bescheidenheit verrichten,
das es gereiche zur aufbauwung und nicht zur ver-
storung der kirchen und eines christlichen, fried-
lichen wesendes, auch das tumbcapittul und clerisei
hieselbst (außerhalb christlicher und in Gottes wort
gegrundeter bußpredigten und gepurlicher refuta-
tion falscher ler) in ihrem stand ohngetadelt gelaßen
werde, damit allerseits guter friedenstand erhalten
pleibe.
Zum dritten 23, das auch die untersassen, ihrer
oberkeit schuldigen und gepurlichen gehorsamb in
aller stille und gutwilligkeit zu leisten, durch ihre
predigten immerda ermanet und aufgemuntert wer-
den.
Zum vierten 24, das sie, die predigere, unterein-
andern gute einigkeit und frieden haben und halten.
17 Die Ordnung von 1610 ergänzt: unser stadtpfarren.
18 Statt „zu Unser Lieben Frauwen“ hat die Ordnung
von 1610 „zu St. Marien“. - Zur Marienkirche vgl.
oben S. 249, Anm. 27.
19 Die Ordnung von 1610 betont ausdrücklich, daß die
unveränderte Augsburgische Konfession in Osna-
brück gelte, und nennt noch die Apologie; vgl. unten
S. 296. Vgl. dazu oben S. 265 mit Anm. 10.
20 Hier ist allem Ansehen nach die Konkordienformel
von 1577 (Bek. Schr., 739 ff.) gemeint, die die Osna-
brücker Prediger unterschrieben hatten; vgl. Ein-
leitung, oben S. 242 mit Anm. 1. Vgl. die merkwür-
dige Wendung der Ordnung von 1610 zur Witten-
berger Konkordie von 1536 und die Nennung wei-
terer lutherischer Bekenntnisschriften unten S. 297;
dazu Einleitung, oben S. 243 mit Anm. 10.
21 Ordnung von 1610: Züm sechsten. - S. unten S. 297.
22 Vgl. Einleitung, oben S. 238ff.
23 Ordnung von 1610: Züm siebenden. - S.unten S.297.
24 Ordnung von 1610: Züm achten. - Vgl. den dort
stark erweiterten Abschnitt unten S. 297f.
Und dan zum funften dabei selbest 25 ein ohnerger-
lich leben furen, auch sambt den ihrigen der ganzen
gemeinde mit guten, erbarn und zuchtigen sitten
und geberden furgehen, damit dem eitel und leider
taglich wachsender und zunemender uppigkeit in
dieser gemeinde soviel die mehr gesteuret und ge-
weret werden muge.
Demnegst solle und wolle dieser superior 26 auf die
ceremonien des eusserlichen gottesdienstes und ver-
richtung der hochwurdigen sacramenten ein fleißig
auge haben und furdern, das darinnen gehalten
werde, was der heilige apostel Paulus 1. Cor. 14
[40. 26] befielet und leret, es solle nemlich in der kir-
chen Gottes alles erbarlich, ordentlich und zu der
gemeine beßerung zugehen.
Und seitemall an ohngleichen ceremonien einfel-
tige herzen sich sehr stoßen und ergern, so soll dar-
innen bei beiden ihme anbefolenen kirchen gleich-
und einhelligkeit gehalten werden 27.
Ferrer und 28 zum dritten soll und wolle dieser be-
stalter superior 29 mit in seine sorge und aufsicht
nemen, das kirchenzucht gepurlich erhalten werde,
wilches erstlich darein stehet und beruhet, das ein-
gerißenen oder aufsteigenden lastern gepurlicher-
weise durch privat- und offentliche strafe und ver-
manung 30 vurgebauwet und geweret werde.
Zum andern, das das heiligtumb der hochwurdigen
sacramenten nicht prophanirt und denen, so es zum
heil und saligkeit nicht nutzen kunnen, gereicht,
25 Ordnung von 1610: Und dan züm neunten, daß sie
selbst hieneben. - S. unten S. 298.
26 Ordnung von 1610: superintendens.
27 Die Ordnung von 1610 hat hier folgenden Randver-
merk: NB. Alß anno 1610 die frag furfiele, ob die
pastores zue S. Catharin die casulam [vgl. dazu
oben S. 200, Anm. 64] bei auspendung des h. sa-
craments ablegen und denen zue S. Mariae pasto-
ribus sich conformiren solten oder vice versa, ist zue
radt decretirt worden: umb ergernuß zu vermeiden,
solt in diesem stuck jede kirch bei ihrer gewohnheit
gelassen werden, uff das also unsre widersacher im
augenschein vernehmen, daß wir diese ceremonien
alß adiaphoram halten.
28 „Ferrer und“ fehlt in der Ordnung von 1610. — Fer-
rer = ferner; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
III (1862), 1542.
29 Ordnung von 1610: superintendens.
30 Ordnung von 1610: irstlich durch privatermahnung
und folgentz offentliche straffe.
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uber die andern prediger beider 17 kirchen, sowoll zu
Unser Lieben Frauwen 18 als S. Catharinen, fleissige
aufsicht haben solle und wolle:
Das sie nemblich und vurirst in ihren pfarkirchen
reine und gesunde lere furen nach dem corpore doc-
trinae Auspurgischer [!] Confession 19 und darauf er-
folgter Formulae Concordiae 20, dazu sich diese ge-
meinde bekennet, und das allerding erbarlich, zuch-
tiglich, ohne aufrurigkeit und ohnchristliches lastern
und schelden.
Zum zweiten 21, das sie sonderlich in dieser ge-
meinde und an diesem ort, da die bapstische religio
und ceremonien noch zur zeit mit im geprauch sein 22,
ihr ambt also mit guter bescheidenheit verrichten,
das es gereiche zur aufbauwung und nicht zur ver-
storung der kirchen und eines christlichen, fried-
lichen wesendes, auch das tumbcapittul und clerisei
hieselbst (außerhalb christlicher und in Gottes wort
gegrundeter bußpredigten und gepurlicher refuta-
tion falscher ler) in ihrem stand ohngetadelt gelaßen
werde, damit allerseits guter friedenstand erhalten
pleibe.
Zum dritten 23, das auch die untersassen, ihrer
oberkeit schuldigen und gepurlichen gehorsamb in
aller stille und gutwilligkeit zu leisten, durch ihre
predigten immerda ermanet und aufgemuntert wer-
den.
Zum vierten 24, das sie, die predigere, unterein-
andern gute einigkeit und frieden haben und halten.
17 Die Ordnung von 1610 ergänzt: unser stadtpfarren.
18 Statt „zu Unser Lieben Frauwen“ hat die Ordnung
von 1610 „zu St. Marien“. - Zur Marienkirche vgl.
oben S. 249, Anm. 27.
19 Die Ordnung von 1610 betont ausdrücklich, daß die
unveränderte Augsburgische Konfession in Osna-
brück gelte, und nennt noch die Apologie; vgl. unten
S. 296. Vgl. dazu oben S. 265 mit Anm. 10.
20 Hier ist allem Ansehen nach die Konkordienformel
von 1577 (Bek. Schr., 739 ff.) gemeint, die die Osna-
brücker Prediger unterschrieben hatten; vgl. Ein-
leitung, oben S. 242 mit Anm. 1. Vgl. die merkwür-
dige Wendung der Ordnung von 1610 zur Witten-
berger Konkordie von 1536 und die Nennung wei-
terer lutherischer Bekenntnisschriften unten S. 297;
dazu Einleitung, oben S. 243 mit Anm. 10.
21 Ordnung von 1610: Züm sechsten. - S. unten S. 297.
22 Vgl. Einleitung, oben S. 238ff.
23 Ordnung von 1610: Züm siebenden. - S.unten S.297.
24 Ordnung von 1610: Züm achten. - Vgl. den dort
stark erweiterten Abschnitt unten S. 297f.
Und dan zum funften dabei selbest 25 ein ohnerger-
lich leben furen, auch sambt den ihrigen der ganzen
gemeinde mit guten, erbarn und zuchtigen sitten
und geberden furgehen, damit dem eitel und leider
taglich wachsender und zunemender uppigkeit in
dieser gemeinde soviel die mehr gesteuret und ge-
weret werden muge.
Demnegst solle und wolle dieser superior 26 auf die
ceremonien des eusserlichen gottesdienstes und ver-
richtung der hochwurdigen sacramenten ein fleißig
auge haben und furdern, das darinnen gehalten
werde, was der heilige apostel Paulus 1. Cor. 14
[40. 26] befielet und leret, es solle nemlich in der kir-
chen Gottes alles erbarlich, ordentlich und zu der
gemeine beßerung zugehen.
Und seitemall an ohngleichen ceremonien einfel-
tige herzen sich sehr stoßen und ergern, so soll dar-
innen bei beiden ihme anbefolenen kirchen gleich-
und einhelligkeit gehalten werden 27.
Ferrer und 28 zum dritten soll und wolle dieser be-
stalter superior 29 mit in seine sorge und aufsicht
nemen, das kirchenzucht gepurlich erhalten werde,
wilches erstlich darein stehet und beruhet, das ein-
gerißenen oder aufsteigenden lastern gepurlicher-
weise durch privat- und offentliche strafe und ver-
manung 30 vurgebauwet und geweret werde.
Zum andern, das das heiligtumb der hochwurdigen
sacramenten nicht prophanirt und denen, so es zum
heil und saligkeit nicht nutzen kunnen, gereicht,
25 Ordnung von 1610: Und dan züm neunten, daß sie
selbst hieneben. - S. unten S. 298.
26 Ordnung von 1610: superintendens.
27 Die Ordnung von 1610 hat hier folgenden Randver-
merk: NB. Alß anno 1610 die frag furfiele, ob die
pastores zue S. Catharin die casulam [vgl. dazu
oben S. 200, Anm. 64] bei auspendung des h. sa-
craments ablegen und denen zue S. Mariae pasto-
ribus sich conformiren solten oder vice versa, ist zue
radt decretirt worden: umb ergernuß zu vermeiden,
solt in diesem stuck jede kirch bei ihrer gewohnheit
gelassen werden, uff das also unsre widersacher im
augenschein vernehmen, daß wir diese ceremonien
alß adiaphoram halten.
28 „Ferrer und“ fehlt in der Ordnung von 1610. — Fer-
rer = ferner; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
III (1862), 1542.
29 Ordnung von 1610: superintendens.
30 Ordnung von 1610: irstlich durch privatermahnung
und folgentz offentliche straffe.
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