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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0334
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Stadt Osnabrück

den diaconis in jederm kerspell 15 avergegeven wer-
den, desulvigen ut den gemeinen armenkisten und
anderm den armen verordnetem gelde to versorgen
(und datsulve andern bedelern, so wagen und ere
noittruft sonst vorwerven können, mit nichten to
geven).

Tom vifften: So dan oick henförder baven de be-
reitz togelatenen und angetekenden andere armen
synn wörden, sollen densulvigen by dem armenvogt
und -upseher und 16 unsern in der leschup verord-
neten sich angeven und durch desulvigen to bid-
dende na befindung erer armoet begunstigt werden
mögen.

Tom sesten: Alß etliche fromme, godtfruchtige
lüde, milder gedacht, sümmige gemeine spende vor
de armen alhir by unß, den rait, fundert und gestif-
tet 17, de wy dan oick alle jar utdeilen laten, sollen
desulvigen spende in hande der vorangetagen umb-
gaenden armen, oick deren, so in sehken- und an-

15 = Kirchspiel; vgl. oben S. 22, Anm. 28. Zum Text:
KO von 1543, oben S. 262.

16 Zunächst stand „oder“, ist aber korrigiert.

17 Die Spenden bestanden in Renten, Häusern und
Ländereien, die der Rat verwaltete, um aus den Er-
trägen Speise und Kleider für die Armen zu beschaf-
fen und zu verteilen; vgl. die Stiftungsbriefe im
Stadtbuch (Geschichtsquellen IV; vgl. ebd. 14f.).
In der ältesten dort eingetragenen Stiftungsurkunde,
vom 14. 8. 1349 (aaO. 67ff.), bringt der Stifter
bereits zum Ausdruck, daß er zu Bürgermeistern und
Schöffen (= Ratsherren) mehr Vertrauen habe als
zu den Pfaffen. In einigen Stiftungsbriefen ist ein
bestimmter Tag oder sind mehrere Termine im Jahr
zur Verteilung der Spenden festgesetzt. An solchen
Tagen sollte die Burgglocke geläutet werden, um die
Armen zum Empfang der Spende einzuladen. Vgl.
Stüve, Stadtverfassung, 92ff.; H. Rothert in:
MO 58 (1938), 146ff.

18 Zu den Hospitälern „Zum Twente“ und „Zum hl.
Geist“ vgl. oben S. 253 mit Anm. 65 und 66. Das
vor dem Hasetor am Süntelbach gelegene Siechen-
haus „Zum Süntelbeke“, urkundlich erwähnt be-
reits in der städtischen Begräbnisordnung von 1278
(Urkundenbuch III, Nr. 617), war zur Aufnahme
von Leprosen bestimmt, gewährte jedoch gelegent-
lich auch anderen Armen Unterkunft. Von Anfang
an lag die Verwaltung in den Händen des Rats (vgl.
die Urkunde vom 13. 11. 1281 über eine Renten-
übertragung, die die Schöffen entgegennahmen, im
Urkundenbuch IV, Nr. 35), der damit einen Rats-
herrn oder Bürgermeister als Patron beauftragte.
Bischof Ludwig erlaubte dann am 18. 10. 1297, daß
bei dem Spital eine Kapelle errichtet, ein Kirchhof
angelegt und ein Priester angestellt würde; für die

dern funderten armenhusern 18 liggen (und eß beder-
ven), und sonst huißarmen gegeven werden und sol-
cher nene andere armen geneten.

(Tom seveden soll nen bedeler de almosen jemande
verkopen oder schwinen offt anderm vehe to etten
geven, noch se offt ere mitwönner in dersulvigen
hüsern oder sonst jennig schwyn noch oick ohne
sonderlichen vorlöve 19 unser dießfals verordneten in
jederer leschup koye holden.)

Tom achteden sollen von buten oder sonst andere
landstrikende bedelers in unsere stadt nicht gelaten,
viel weiniger to bedelende vorstadet, und dar se
hiröver angedrapen, van dem vogte vorwiset oder
sunst in andere wege na gelegenheit vörgenommen
und mit ennen vorfaren werden.

Tom negeden: So dannoch welche durch brand,
roeff 20, schepbröcke 21 oder sonst in andere wege
merklich beschediget sich angeven und des geloff-
werdigen schyn vörbringen, sollen unsere tor tidt

Ablösung der Pfarrgerechtsame mußte der Provisor
des Siechenhauses dem Dompastor, in dessen Pfarr-
bezirk das Haus lag, eine Rente zahlen (Urkunden-
buch IV, Nr. 494). Die Pflichten und Rechte des
Spitalgeistlichen legte das Domkapitel am 11. 7.
1298 fest (Urkundenbuch IV, Nr. 521). In der Refor-
mationszeit wurde auch dieses Spital evangelisch;
die geistliche Betreuung lag einem Pastor der
Marienkirche ob. Als Patronin dieses Siechenhauses
erscheint Maria. — Neben den genannten drei „Hof-
häusern“ gab es zahlreiche kleinere, meistens auf
Privatstiftung beruhende Armenhäuser. Auch unter-
hielten die Handwerksämter Häuser für die Armen.
Eine eigentümliche Stellung nahm die bereits 1177
bischöflich bestätigte (vgl. Urkundenbuch I, Nr. 345)
St. Viti-Stiftung ein. Den Patronat hatte nämlich
der Abt des Klosters Corvey, von dem die mit der
Stiftung verbundene Vitusbruderschaft (vgl. oben
S. 263, Anm. 93) diese zu Lehen empfing. Die nach
der Reformation aus Katholiken und Protestanten
bestehende Bruderschaft konstituierte sich 1565 neu
und errichtete anstelle der St. Viti-Kapelle Armen-
wohnungen, für die sie 1566 eine Ordnung festsetzte
(Abdruck der Statuten von 1565 und der Ordnung
von 1566 bei C. Stüve, Bruderschaften, 9ff.).- Zum
Hl. Veit vgl. oben S. 199, Anm. 62. - Vgl. Stüve,
Stadtverfassung, 89ff. 94ff.; H. W. H. Mithoff
VI, 130; Kunstdenkmäler der Provinz Hannover
IV, 1 u. 2, 207ff. 176f.; L. Hoffmeyer, Fürsorge,
2ff. 52ff.; H. Rothert in: MO 57 (1937), 165f.; MO
58 (1938), 134ff.

19 = Erlaubnis; vgl. Schiller und Lübben V, 398;
Lasch und Borchling I, 871.

20 = Raub; vgl. Schiller und Lübben III, 516.

21 = Schiffbruch; vgl. Schiller und Lübben IV, 99.

Anno 87
additum

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