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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0346
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Schon frühzeitig stand die Reformation in Ostfriesland nicht ausschließlich unter dem Einfluß
Wittenbergs. Von den Niederlanden her gewann die Abendmahlslehre des Cornelius Hoen 17, die schließ-
lich in der Abendmahlslehre Zwinglis mündete, durch Hinne Rode Einfluß 18. Daneben machten sich
karlstadtscher 19 wie täuferischer Einfluß geltend. Die 48 Artikel des Aportanus von 1526 20, auch die
Thesen Reses 21, ein 1527 von Rese verfaßtes Abendmahlslied 22 und das Glaubensbekenntnis ostfriesi-
scher Prediger von 1528 23, veranlaßt durch von lutherischer Seite erhobenen Einspruch gegen die in Ost-

sive, 106f. Die Thesen waren in einer Druckschrift von ca. 1530 überliefert, die sich ebenfalls in dem verlorenen
Sammelband der „Kunst“ befand; vgl. Catalog, 75; auch unten S. 339, Anm. 34. Sie sind abgedruckt bei E. Mei-
ners II, 352-366; hochdeutsch bei P. F. Reershemius, 234f. Vgl. dazu auch C. A. Cornelius, 12f.;
E.Kochs II, 217ff.; H. Reimers, Gestaltung, 17f.

17 Hoen († 1524) kam zu seiner Abendmahlslehre auf Grund des Studiums der Schriften des Wessel Gansfort von
Groningen. Er legte seine Anschauung in einem Brief nieder, den er Rode anvertraute, damit dieser Luthers [?] Ur-
teil darüber einhole. Rodes Besuch bei Luther wird teilweise bezweifelt (vgl.WA 10 II, 315f.), teilweise als sicher
angenommen (vgl. E.Kochs II, 247ff.). Jedenfalls lehnte Luther Hoens Abendmahlslehre ab. Um so mehr Ver-
ständnis fand Hoens Lehre bei Oekolampad in Basel, bei Zwingli in Zürich und bei Bucer in Straßburg (Bucer in
dem in Anm. 11 genannten Brief, aaO. 16f.: ...agnovi profecto spiritui viri multo inferiorem, neque posse per
scripturas tueri quod cupiebam, coactusque fui, carnalem Christi in pane praesentiam cedere, licet de certa ver-
borum enarratione adhuc haesitarem). Den Brief Hoens veröffentlichte Zwingli 1525 (vgl. CR 91, 505ff.). Vgl.
Eekhof, RGG 2 II, 1971 mit weiterer Literatur; J. N. Bakhuizen van den Brink, RGG 3 III, 411. V, 1135.

18 Capito schreibt an Zwingli im Zusammenhang mit Rodes Aufenthalt in Ostfriesland (vgl. Anm. 11): Veritas eucha-
ristiae passim nota est. — Vgl. dazu E. Kochs II, 246ff.

19 Zu Andreas Bodenstein von Karlstadt (1480-1541) vgl. R. Barge; R. Stupperich, EKL II, 542f.,und E.
Hertzsch, RGG 3 III, 1154f. mit Angabe weiterer Literatur.

20 Die 48 Artikel des Aportanus sind u. a. in den Penborgschen Kollektaneen, Universitätsbibliothek Bonn, Msc.
S. 336, überliefert; vgl. auch C. Borchling, Hausbuch, 191f. Sie standen auch, ebenfalls handschriftlich, im
genannten Sammelband in der Bibliothek der „Kunst“ in Emden (dort mit der Jahreszahl 1524); vgl. Catalog,
195. Abgedruckt sind die Thesen bei E.Meiners I, 114-131 mit niederländischer Übersetzung. Vgl. dazu C.A.
Cornelius, 19f.; E. Kochs II, 256ff.; H. Reimers, Gestaltung 15f.

21 Rese stellt in seinen Thesen Grundregeln für eine neue Gemeindeordnung auf, die einen radikalen Grundzug
verraten. Die kirchliche Überlieferung wird gänzlich abgelehnt; im geistlichen Regiment sollen die Lehren und
Gesetze der Menschen nicht gelten. Das Abendmahl wird als Gedächtnismahl hingestellt, das zur Bezeugung des
Glaubens diene. E. Kochs II, 221f., weist auffallende Übereinstimmungen zwischen Reses Artikeln und der
hessischen KO der Homberger Synode von 1526 nach.

22 Das Lied wurde in das 1529 zu Emden gedruckte Gesangbuch aufgenommen; vgl. Bericht, 379. 381; Goeman,
Das Emder Gesangbuch (Enchiridion) aus dem Jahre 1630, in: JbE 17 (1910), 73ff., bes. 129-136. Bei E. Mei-
ners II, 346-349, ist es nach einem Druck von 1555 wiedergegeben. Vgl. auch E.F. Harkenroht zu E. Be-
ninga, Chronyk, 619f.; U. Emmius, Historia, 839; E. Kochs II, 223f. 259f.

23 Das Bekenntnis von 1528 wurde in demselben Jahr zu Emden gedruckt, neugedruckt 1565 und öfter. E. Meiners
I, 53—64, bringt es in niederländischer Sprache; E.F. Harkenroht zu E. Beninga, Chronyk, 653-664. Der
Druck von 1528 gilt als verloren; vgl. Borchling und Claußen I, 430f. Ein alter Druck ohne Druckortangabe
und Jahreszahl (vgl. dazu unten S. 339, Anm. 34) befand sich in dem bereits erwähnten Sammelband der „Kunst“
in Emden; vgl. Catalog, 84. Danach ist das Bekenntnis gedruckt bei K. Müller, Die Bekenntnisschriften der
reformierten Kirche. 1903, 930jf. Vgl. auch E. Kochs III, 13, Anm. 2. — Die Reformierten behaupteten später,
sämtliche ostfriesischen Prediger hätten das Bekenntnis von 1528 ausgehen lassen; vgl. Bericht, 19; Meiners
I, 64ff.; Historischer Warhafftiger Bericht, Vorrede. Die Lutheraner bestritten, daß das Bekenntnis von 1528 von
allen ostfriesischen Predigern gebilligt und anerkannt wurde; vgl. Gegenbericht, A VIII (H. Garrelts, 105f.).
Im Anschluß daran wendet sich der Gegenbericht gegen die Behauptung, zu Beginn der Reformation habe es in
Ostfriesland keine Lutheraner gegeben: A VIII. B 1ff. (Garrelts, 106ff.). H. Reimers, Gestaltung, 20f.,
weist darauf hin, daß als Träger des Luthertums für die Frühzeit fast nur einheimische Pfarrgeistliche in Frage
kommen, während die oberdeutsch-schweizerische Richtung von auswärtigen Predigern und ehemaligen Mönchen
vertreten wurde. U. Emmius, Historia, 846, nennt acht ostfriesische Städte und Dörfer, deren Prediger am Be-
kenntnis von 1528 teilhatten, namentlich.jedoch nur als Beispiele.Völliger Aufschluß läßt sich aus den vorliegen-
den Quellen kaum gewinnen. Auffallend ist es aber, daß in der ersten Zeit reformatorischer Strömungen in Ostfries-
land keine geprägt lutherische Stimme laut geworden ist; vgl. auch J.Weerda, Experiment, 166, Anm. 13. J. F.
Bertram, Reformations- und Kirchen-Geschichte, 15f., bezweifelt, daß man das Bekenntnis in Emden später
noch unterschrieben hätte, und weist auf die Unterschiede zum Emder Katechismus (vgl. dazu weiter unten) hin;
ähnlich Reimers, Gestaltung, 24f. Vgl. auch Kochs III, 13f. Zum Bekenntnis im Hinblick auf den Ertrag
für die Gestaltung des Gottesdienstes vgl.Weerda, Entstehung, 17ff.

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