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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0410
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Grafschaft Ostfriesland

nation, dewyle ut godtlicker scrift nicht bewyslick,
dat unrecht gedan, so man der itziger gewoenheit
der meysten gemeynen duedschen landes volget.

Alse nu de prester dat brodt und den kelck toge-
richtet up dem gedeckeden altar, schal he sick kee-
ren jegen de, so communicern willen, und spreken
duße edder derglyken vormanynge 55.

Gi alderlevesten in Godt! Dewyle wy itzundes dat
hillige aventmal unses Heren Jesu Christi willen be-
denken und holden, darynne he uns zyn flesch to
eyner spyse und syn bloet to eynen dranke, den ge-
loven darmede to starken, gegeven hefft, so scholen
wy billick myt groten vlyte eyn yder sick sulvest
proeven, wo de hilge Paulus uns vermanet [1. K
11, 28]. Wente dyt hillige sacrament ys to eynen
sunderigen troeste und starke gegeven den armen,
bedroveden 56 conscientien, de ere sunde bekennen,
Gads torn und dot fruchten und na der gerechticheit
hungerich und dorstich synt. So wy averst uns sul-
ven proeven und eyn yder yn syne eygene conscien-
cie geyt, wo uns de hilge Paulus leret, werden wy
gewislick nicht anders vynden dan allerleye gruwe-
licke sunde und dem doet, den wy mitten sunden
verschuldet hebn, und konnen doch uns sulvest yn
nenen wege darut helpen, darumme hefft unse leve
Heer Jesus Christus sick aver uns vorbarmet und
ys umme uns sunde willen mensche geworden, up
dat he dat gesette und allen wyllen Gads vor uns
und 57 uns to gude vorfullet und den dodt und allet,
wat wy myt unsen sunden vorschuldet hadden, vor
uns und to unser verloesynge up sick neme und lede.
Und up dat wy datsulve jo vast geloveden und dorch
den loven frolick in synen willen leven mochten,
nam he na dem aventmal dat brodt, sede dank,

55 Zur Vermahnung, die auch in der KO für Branden-
burg-Nürnberg von 1533 steht (Sehling XI, 195 f.),
vgl. oben S. 158 mit Anm. 71. Zur liturgischen Stel-
lung der Vermahnung vor dem Abendmahl im Gefüge
der Messe vgl. B.Fischer, Die Predigt vor der Kom-
munionspendung, in: Th. Filthaut-J. A. Jung-
mann, Verkündigung und Glaube. Festgabe für F.
X. Arnold. 1958, 223ff. Die Stelle vor der Kommu-
nionspendung wurde demnach im Laufe der Litur-
giegeschichte immer wieder als Einschubstelle emp-
funden. Auch aus dem Mittelalter gibt es Zeugnisse
für Ansprachen an die Kommunikanten vor der
Kommunionspendung. Teilweise erscheint dieses
muttersprachliche Element dann auch im Gefolge
der übrigen muttersprachlichen Stücke der Messe:

brack idt und sprack [1. K 11, 24]: Nemet hen und
etet, dat ys myn lyfflicham, de vor juw gegeven wort,
dat ys, dat ick mensche byn geworden und allent,
wat ick doe und lyde, ys all juw eegen, vor juw und
juw in gude gescheen. Des to eynen gewissen an-
toegen 58 und tuchnisse geef ick juw mynen licham
to eynen spyse.

Dessulven gelyck nam he ock den kelck und sprack
[Mt 26, 27 f.; 1. K 11, 25]: Nemet hennen und drin-
ket ut dussen alle. Dyt yss de kelck des nyen testa-
ments in mynem blode, dat vor juw und vor velen
vorgaten wort to vorgevinge der sunden. Alzo vake 59
gi dat doen, scholen gi myner darby gedenken, dat
is, dewyle ick my juwer angenamen und juwe sun-
den up my geladen hebbe, so wyl ick my sulvest
vor de sunden an den doet oppern, myn bloet vor-
geten, gnade und vorgevynge der sunden vorwerven
und alzo eyn nye testament uprichten, darynne de
sunden vorgeven und ewich nicht meer sal gedacht
werden. Des to eynen gewissen antögende und tuch-
nisse geef ick juw myn bloet to drinken. Wol 60 nu
alzo van dussem brode ettet und van dussem kelcke
drynket, ock dussen woerde, de he van Christo hoe-
ret, und dussen teeken 61, de he van Christo entfan-
get, vaste gelövet, de blyfft in dem Heren Christo
und Christus in eme und wort ewichlick leven [Joh
6, 54. 56]. Darby schole wy nu syner gedenken und
synen dodt vorkundigen [1. K 11, 26], noemlick, dat
he vor unse sunden sy gestorven und umme unser
rechtferdynge wedderumme upgestan, und eme dar-
vor danken, eyn yder syn krutze up sick nemen und
eme navolgen [Mt 16, 24], und na synen gebade schal
de ene dem andern leven, gelyck als Christus uns
hefft gelevet [Eph 5, 2]. Wente wy all synt eyn broet

Predigt und Predigtannexe (vgl. dazu unten S. 431
mit Anm. 1). - Diese Verbindung hat Luther in der
Deutschen Messe 1526 (WA 19, 95ff.; Sehling I,
15) vor Augen. Ganz deutlich tritt die Verbindung
in der Baseler Abendmahlsordnung von 1525/26
hervor (vgl. unten S. 566, Anm. 8).

56 = betrübten; vgl. Schiller und Lübben I, 178;
Lasch und Borchling I, 166.

57 Die Druckvorlage hat hier nochmals: uns. - Die KO
für Brandenburg-Nürnberg hat: und.

58 = Anzeigen; vgl. Schiller und Lübben I, 109;
Lasch und Borchling I, 110.

59 = oft; vgl. oben S. 223, Anm. 11.

60 = Wer; vgl. dazu oben S. 225, Anm. 38.

61 = Zeichen; vgl. oben S. 301, Anm. 6.

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