Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0457
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Konkordaten 1599

einhelliglich vorglichen, soll ihnen zugelaßen sein
und frey stehen, sich zu erkundigen, ob dieselbe per-
son in confessione und bekantnuß mit ihnen einig,
und alßdan dern geschicklicheit, leben und wan-
dels halber durch vorgehende prob und examen
deßelben coetus, darunter die gemeinde gehörig 20,
oder do sie deßen erheblich bedenken, durch daß
examen unsers consistorii 21 zu erkundigen, auch zu
vernemmen, ob derjennige, so ihnen am meisten ge-
fellig, zu ihnen und dem angebottenen dienst guet-
ten willen trage.

Wan solchs geschehen, soll die gemeinde, ehe und
bevor sie sich mit demselben in etwas vorbindliches
eingelaßen, die gelegenheit an unß schriftlich brin-
gen und undertenig bitten, dieser person daß va-
cirende lehen zu conferiren, dieselbe zum predig-
oder schuellambt zu bestettigen und mit der intro-
duction und investitura gebuerlich zu verfahren.

Do wir nun befinden werden, daß die vorgeschla-
gene person mit der gemeinde, so ihnen uns ob-
gesatztermaßen praesentiret, in confessione einig

20 Über die Einrichtung mehrerer Coetus wird weiter
unten gehandelt. - Die Stände hatten in den Vorver-
handlungen dafür plädiert, daß das Examen der
Geistlichen dem Herkommen gemäß bei den Coetus
verbleiben solle (vgl. dazu unten S. 435. 449), die dem
Examinanden ein Zeugnis über Lehre und Leben er-
teilen sollten, ohne sich dabei die Jurisdiktion an-
zumaßen. Vgl. E. R. Brenneysen Tom. II, 155.

21 Die Einrichtung eines Konsistoriums wird weiter
unten näher behandelt: S. 426.

22 = Kirchspiel; vgl. oben S. 22, Anm. 28.

23 Über die Mitwirkung des Landesherrn bei der Ge-
winnung eines neuen Pastors für eine vakante Pfarr-
stelle wurde auch noch in den den Konkordaten vor-
angehenden Verhandlungen gestritten. Die Stände
unterstrichen ihre Forderung, daß den Gemeinden
keine Kirchendiener aufgedrängt werden dürften,
daß es ihnen vielmehr frei stehen sollte, sich selbst
nach geeigneten Leuten umzusehen und sie zu be-
rufen. Dem Landesherrn wollte man nicht das Recht
zugestehen, auch eine qualifizierte Person zu präsen-
tieren, das dieser gern für sich in Anspruch genom-
men hätte. Hinsichtlich des landesherrlichen Be-
stätigungsrechtes verwahrte man sich gegen eine Er-
schwerung und Verzögerungbzw. Versagung der con-
firmatio aus konfessionellen Gründen , ebenso gegen
eine Beeinträchtigung der Rechte des Adels (in den
Herrlichkeiten usw.) wie der Stadt Emden. Die Kom-
mittierten der Generalstaaten schalteten sich ein
und ersuchten den Grafen ebenfalls, von seiner Be-
anspruchung des Rechtes auf Präsentation („neben-
praesentation " )eines Geistlichen abzustehen. Schließ-

und seines lebens und ehrlichen wandels gutte ge-
zeugnuß vorzulegen, auch vom coetu, darunter daß
karspell 22 gehörig, oder unserm consistorio diß
testimonium erlanget, daß sie zu dem erleddigten
ampt tuchtig:

So seind wir gnedig gemeinet, darauf die gebet-
tene collation, confirmation, investitur und intro-
duction unweigerlich und unverzuglich zuzulaßen 23.

Die ubrigen personen, alß kuster, kyrch- und
armenvögte, mögen der pastor und die gemeinde
jedes orts auch ohne unsere confirmation bestellen 24.
Und sollen eß dieselbe gleichwoll also machen, daß
diejennigen, welche zu kyrch- oder armenvögten
verordnet, dermaßen beguetert und im lande ge-
seßen sein, daß man sich uf allen fall wegen ihres
unfleißes oder untreuw, do sich davon etwas zeit
ihrer verwaltung merken laßen wurde, an ihren guet-
tern deß schadenß zu erholen. Sonsten wollen wir der
kyrchen und armen hiemit außdrucklich vorbehalten
haben, allen den schaden, so ihnen dardurch zu-
gezogen wird, bei demjenigen, so diese kyrchen- und

lich ließ der Graf diese Forderung fallen. Vgl. E. R.
Brenneysen Tom. II, 155. 168. 171. — Später führ-
ten die Emder Reformierten unter den Punkten, die
in den Konkordaten wider Herkommen und Recht
wären, auch den „von der forma und gestalt der be-
ruffung, erwehlung und bestettigung der kirchen-
und schuldiener“ an, „so nach recht und gebrauch
viel anders hie zu land gewest, als da gemeltet wird“;
vgl. Apologia, 236. Stellungnahme der gräflichen
Partei zum Vorläufer der Emdischen Apologia bei
Brenneysen Tom. II, 179f.: Da ihr nun sagen
wollet, die vocation, praesentationes et collationes
der pastoreyen wären zuvor bey der gemeine allein
gestanden, so sollet ihr doch wissen, daß ihr euch
darinnen gewaltig irret; dann auch die prediger in
der stadt Emden, wie sie in öffentlichen gedruck-
ten schriften bezeugen, niemals ohne der hohen
obrigkeit consens, vorbewust und beforderung be-
ruffen, viel weniger eingestellet worden... (zur
Pfarrstellenbesetzung in Emden s. unten S. 480 ff.
mit Anm. 4).

24 Auch dieser Punkt war in den Vorverhandlungen um-
stritten; vgl. E. R. Brenneysen Tom. II, 156. 168;
auch oben S. 416, Anm. 19. - Zum älteren Recht der
Einsetzung von Kirchvögten vgl. oben S. 367,
Anm. 70. 1560 lag für Emden das Recht, Kirchvögte
zu ernennen, bei der Gräfin; seit 1607 liegen regel-
mäßige Nachrichten vor über die Wahl der Kirch-
vögte durch den Kirchenrat (Mitteilung von Herrn
Professor D. J. Weerda). Wahl der Armenvögte
durch die Kirchspielsleute sieht schon die KO von
1529 vor; vgl. oben S. 366.

425
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften