Grafschaft Ostfriesland
guider voirsorge bedienen, und up den festdagen mit
christlicher musica und anderen darin stemmen-
den instrumenten 5, sovele eme moeglich, bedienen.
belovet, dat idt nene schade in de kerckendenst
geven schulde, dar uns am voernemsten voer foerch-
te“. 1557 wurde gegen jemanden, „dat orgel vor-
dedingende in der gemeene“ (zur Bezeichnung des
Kirchenrates als „gemeene“ vgl. unten S. 497, Anm.
84), der Vorwurf ausgesprochen, er sei ein „Liber-
tiner“. Protokolle des Kirchenrats im Archiv der
ref. Gemeinde, Band, 2, Bl. 148/149. Band 1, Bl. 3;
Kappelhoff, 85. — Auf Abschaffung des Orgelspiels
drängten 1574 und 1578 die ref. Synoden von Dord-
recht, 1581 die Synode von Middelburg (auf Grund
von 1. K 14, 19); F. L. Rutgers, 174. 253. 409; vgl.
dazu Goeman, aaO. 174f. (dort noch weitere An-
gaben über das Verhalten reformierter Kirchen zum
Orgelspiel); A. Geering, Calvin und die Musik, in:
Calvin-Studien 1959. 1960, 25. Im Zusammenhang
damit teilt Geering mit, daß in Leiden 1593, Arn-
heim 1589 und Haarlem das Orgelspiel der Stadt-
verwaltung unterstellt wurde; von dieser, und nicht
von kirchlichen Instanzen, habe der Organist den
Auftrag erhalten, zu bestimmten Stunden zu spielen,
um die Gemeinde zu unterhalten und sie vom Be-
such der Musikherberge abzuhalten. Vgl. auch Lei-
turgia IV, 39f. (O. Söhngen); W. Blankenburg,
RGG 3 IV, 1680f. Die mangelnde bzw. mäßige Be-
teiligung des Emder Kirchenrates an der Besetzung
der Organistenstelle an der Großen Kirche (vgl. Ein-
leitung, oben S. 346 mit Anm. 77e-g) ist wohl auch
unter Berücksichtigung einer solchen Haltung gegen-
über Orgel und Orgelspiel und der Entwicklung ins-
besondere in den benachbarten niederländischen Ge-
meinden zu sehen.
5 Dafür, daß der Gottesdienst auch mit anderen Instru-
menten ausgestaltet wurde, teilt A. Kappelhoff,
71, einen Beleg aus dem Rechnungsbuch der Großen
Kirche 1572-1595, Nellner 364, 70, mit (vgl. auch
F. Piersig, 64): 1579 erhielt Paul Hanssens Bru-
der Janken einen Gulden und 5 Schaf „darvor datt
he de kerke verziret mit basunblasen [ = Posaune-
blasen] int orgel, unde he sik butenlantz versoken
wolle, to vererunge unde utgelt“. — Auch für die zeit-
weilige Ausschmückung des Gottesdienstes mit Solo-
gesang lassen sich Belege beibringen. Im Juni 1584
gab man „Janken Somers Cornelii organisten jun-
geßen, darvor dat he de hoge festen ins orgel gesun-
gen und henvorder don will“ ein neues Wams. Weih-
nachten 1587 bekam Daniel Alting (ein Sohn Menso
Altings) 2 Schaf (vgl. dazu oben S. 405, Anm. 94a)
„darvor dat he in de kerßfest manlich gesongen re-
spo[nsorien]“ (vgl. auch P. v. Rensen in: Upstals-
boom-Blätter 3 [1913/14], 113). Aus Nellner 364, 108.
137 mitgeteilt bei Kappelhoff, 78.-Fürden Ge-
meindegesang, der der KO von 1594 (vgl. unten
S. 489) zufolge ohne Orgelbegleitung vonstatten
ging, hatte man einen „cantor“, der den Gemeinde-
4. Item idt klockenspil 6, alse syther beschehen,
up gewonlichen tyden versorgen 7.
5. Item aller eheluiden namen und tonamen, die
gesang als Vorsänger leiten mußte (vgl. auch P. F.
Reershemius, 757; Goeman, aaO. 177 [daß das
Amt des Vorsängers immer mit dem Rektoratsamt
der Lateinschule verbunden gewesen ist, wie Goe-
man meint, scheint irrig zu sein; 1577 z.B. dürfte
der Ludimagister Johannes Meppellensis Vorsänger
gewesen sein; vgl. unten S. 517 f„ Anm. 7; Kappel-
hoff, 76ff.]), dazu wurde auch ein Schülerchor
herangezogen; vgl. KO von 1535, oben S. 379. 380;
Schulordnung von 1596, unten S. 518 (Ord-
nung voer de meisters der latinscher schulen, Art.
11 und 17); dazu J. Weerda I, 72f. Chor und Vor-
sänger waren, wie Weerda zeigt, schon deshalb nicht
zu entbehren, weil die Lieder der Gemeinde durch
Vorsagen und Vorsingen eingeprägt werden mußten.
Gesangbücher waren vermutlich nicht in den Hän-
den aller Gottesdienstbesucher, und es konnten
auch nicht alle lesen. Hieraus läßt sich die bis heute
in Ostfriesland nachwirkende Sitte erklären, der
Gemeinde das angesagte Lied ganz oder z.T. vor-
zulesen. - Zu den Emder Gesangbüchern vgl. KO
von 1594, unten S. 485 mit Anm. 24f. Das erste Lehr-
büchlein für den Psalmengesang erschien 1550 in
Genf: „Le Droict Chemin de Musique, composé par
Loys Bourgeois, avec la maniere de chanter les
Pseaumes par usage ou ruse...“ (Faksimile-Neu-
druck, hrsg. von P. A. Gaillard, im Bärenreiter-
Verlag Kassel usw. 1954). Der Verfasser, Loys Bour-
geois, ca. 1510 — ?,ist auch der Komponist etlicher
Melodien des Hugenottenpsalters (vgl. dazu oben
S. 40f„ Anm. 12). Vgl. Gaillard in: Die Musik in
Geschichte und Gegenwart II (1952), 161 ff. (Lit.);
R. Eitner, Biographisch-Bibliographisches Quel-
len-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten 2 II
(1959), 153f.; A. Geering, aaO. 19ff.; Leiturgia IV,
44ff. (O. Söhngen). - Möglicherweise wurden vom
Schülerchor auch künstlerische Musikwerke aufge-
führt. Jedenfalls wird diese Annahme nahegelegt
durch eine Eintragung in Nellner 364, 110, mitgeteilt
bei v. Rensen, aaO. 113, und Kappelhoff, 77, der
zufolge der Komponist Conrad Hagius (vermutlich
geb. 1550 in Rinteln, † 1616 ebd.; vgl. W. Bren-
necke in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart
V [1956], 131 1ff.) dafür, daß er der Großen Kirche
„etliche gesangen in musice parten, de he gemackt“
verehrt hatte, eine Vergütung von einem Königstaler
zu 24 Schaf erhielt.
6 Das Glockenspiel der Großen Kirche scheint ziem-
lich unzulänglich gewesen zu sein. Jedenfalls wird
es im Trifoleum Aureum des Emder Bürgermeisters
Timon Rudolphi (Stadt-A. Emden), der sich für die
Anschaffung eines neuen Glockenspiels, das 1674
angeboten wurde, einsetzte, so beschrieben: daerin
sint maer elf klocken in al, groote und kleine, falsch
van accord, und sonder behorlike semitonien...
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guider voirsorge bedienen, und up den festdagen mit
christlicher musica und anderen darin stemmen-
den instrumenten 5, sovele eme moeglich, bedienen.
belovet, dat idt nene schade in de kerckendenst
geven schulde, dar uns am voernemsten voer foerch-
te“. 1557 wurde gegen jemanden, „dat orgel vor-
dedingende in der gemeene“ (zur Bezeichnung des
Kirchenrates als „gemeene“ vgl. unten S. 497, Anm.
84), der Vorwurf ausgesprochen, er sei ein „Liber-
tiner“. Protokolle des Kirchenrats im Archiv der
ref. Gemeinde, Band, 2, Bl. 148/149. Band 1, Bl. 3;
Kappelhoff, 85. — Auf Abschaffung des Orgelspiels
drängten 1574 und 1578 die ref. Synoden von Dord-
recht, 1581 die Synode von Middelburg (auf Grund
von 1. K 14, 19); F. L. Rutgers, 174. 253. 409; vgl.
dazu Goeman, aaO. 174f. (dort noch weitere An-
gaben über das Verhalten reformierter Kirchen zum
Orgelspiel); A. Geering, Calvin und die Musik, in:
Calvin-Studien 1959. 1960, 25. Im Zusammenhang
damit teilt Geering mit, daß in Leiden 1593, Arn-
heim 1589 und Haarlem das Orgelspiel der Stadt-
verwaltung unterstellt wurde; von dieser, und nicht
von kirchlichen Instanzen, habe der Organist den
Auftrag erhalten, zu bestimmten Stunden zu spielen,
um die Gemeinde zu unterhalten und sie vom Be-
such der Musikherberge abzuhalten. Vgl. auch Lei-
turgia IV, 39f. (O. Söhngen); W. Blankenburg,
RGG 3 IV, 1680f. Die mangelnde bzw. mäßige Be-
teiligung des Emder Kirchenrates an der Besetzung
der Organistenstelle an der Großen Kirche (vgl. Ein-
leitung, oben S. 346 mit Anm. 77e-g) ist wohl auch
unter Berücksichtigung einer solchen Haltung gegen-
über Orgel und Orgelspiel und der Entwicklung ins-
besondere in den benachbarten niederländischen Ge-
meinden zu sehen.
5 Dafür, daß der Gottesdienst auch mit anderen Instru-
menten ausgestaltet wurde, teilt A. Kappelhoff,
71, einen Beleg aus dem Rechnungsbuch der Großen
Kirche 1572-1595, Nellner 364, 70, mit (vgl. auch
F. Piersig, 64): 1579 erhielt Paul Hanssens Bru-
der Janken einen Gulden und 5 Schaf „darvor datt
he de kerke verziret mit basunblasen [ = Posaune-
blasen] int orgel, unde he sik butenlantz versoken
wolle, to vererunge unde utgelt“. — Auch für die zeit-
weilige Ausschmückung des Gottesdienstes mit Solo-
gesang lassen sich Belege beibringen. Im Juni 1584
gab man „Janken Somers Cornelii organisten jun-
geßen, darvor dat he de hoge festen ins orgel gesun-
gen und henvorder don will“ ein neues Wams. Weih-
nachten 1587 bekam Daniel Alting (ein Sohn Menso
Altings) 2 Schaf (vgl. dazu oben S. 405, Anm. 94a)
„darvor dat he in de kerßfest manlich gesongen re-
spo[nsorien]“ (vgl. auch P. v. Rensen in: Upstals-
boom-Blätter 3 [1913/14], 113). Aus Nellner 364, 108.
137 mitgeteilt bei Kappelhoff, 78.-Fürden Ge-
meindegesang, der der KO von 1594 (vgl. unten
S. 489) zufolge ohne Orgelbegleitung vonstatten
ging, hatte man einen „cantor“, der den Gemeinde-
4. Item idt klockenspil 6, alse syther beschehen,
up gewonlichen tyden versorgen 7.
5. Item aller eheluiden namen und tonamen, die
gesang als Vorsänger leiten mußte (vgl. auch P. F.
Reershemius, 757; Goeman, aaO. 177 [daß das
Amt des Vorsängers immer mit dem Rektoratsamt
der Lateinschule verbunden gewesen ist, wie Goe-
man meint, scheint irrig zu sein; 1577 z.B. dürfte
der Ludimagister Johannes Meppellensis Vorsänger
gewesen sein; vgl. unten S. 517 f„ Anm. 7; Kappel-
hoff, 76ff.]), dazu wurde auch ein Schülerchor
herangezogen; vgl. KO von 1535, oben S. 379. 380;
Schulordnung von 1596, unten S. 518 (Ord-
nung voer de meisters der latinscher schulen, Art.
11 und 17); dazu J. Weerda I, 72f. Chor und Vor-
sänger waren, wie Weerda zeigt, schon deshalb nicht
zu entbehren, weil die Lieder der Gemeinde durch
Vorsagen und Vorsingen eingeprägt werden mußten.
Gesangbücher waren vermutlich nicht in den Hän-
den aller Gottesdienstbesucher, und es konnten
auch nicht alle lesen. Hieraus läßt sich die bis heute
in Ostfriesland nachwirkende Sitte erklären, der
Gemeinde das angesagte Lied ganz oder z.T. vor-
zulesen. - Zu den Emder Gesangbüchern vgl. KO
von 1594, unten S. 485 mit Anm. 24f. Das erste Lehr-
büchlein für den Psalmengesang erschien 1550 in
Genf: „Le Droict Chemin de Musique, composé par
Loys Bourgeois, avec la maniere de chanter les
Pseaumes par usage ou ruse...“ (Faksimile-Neu-
druck, hrsg. von P. A. Gaillard, im Bärenreiter-
Verlag Kassel usw. 1954). Der Verfasser, Loys Bour-
geois, ca. 1510 — ?,ist auch der Komponist etlicher
Melodien des Hugenottenpsalters (vgl. dazu oben
S. 40f„ Anm. 12). Vgl. Gaillard in: Die Musik in
Geschichte und Gegenwart II (1952), 161 ff. (Lit.);
R. Eitner, Biographisch-Bibliographisches Quel-
len-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten 2 II
(1959), 153f.; A. Geering, aaO. 19ff.; Leiturgia IV,
44ff. (O. Söhngen). - Möglicherweise wurden vom
Schülerchor auch künstlerische Musikwerke aufge-
führt. Jedenfalls wird diese Annahme nahegelegt
durch eine Eintragung in Nellner 364, 110, mitgeteilt
bei v. Rensen, aaO. 113, und Kappelhoff, 77, der
zufolge der Komponist Conrad Hagius (vermutlich
geb. 1550 in Rinteln, † 1616 ebd.; vgl. W. Bren-
necke in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart
V [1956], 131 1ff.) dafür, daß er der Großen Kirche
„etliche gesangen in musice parten, de he gemackt“
verehrt hatte, eine Vergütung von einem Königstaler
zu 24 Schaf erhielt.
6 Das Glockenspiel der Großen Kirche scheint ziem-
lich unzulänglich gewesen zu sein. Jedenfalls wird
es im Trifoleum Aureum des Emder Bürgermeisters
Timon Rudolphi (Stadt-A. Emden), der sich für die
Anschaffung eines neuen Glockenspiels, das 1674
angeboten wurde, einsetzte, so beschrieben: daerin
sint maer elf klocken in al, groote und kleine, falsch
van accord, und sonder behorlike semitonien...
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