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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0557
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Emder Schulordnung 1596

4. Welcke se düchtich achten und bether nene
schöle geholden, den sollen se verordnen, an wel-
ckerem ort der stadt se am voechlicksten sick setten
und schöle holden sollen.

5. Ehre erste sorge sol syn, dat se Gades frucht
und godtsalicheit, beide, mit lehren und exempel,
der jöget sollen inplanten, den kleinen de hövetstucke
christlicker lehre des catechismi. De överst so wyt
gekomen, dat se lesen könen, sollen se den ganzen
catechismum alle halve jahr van buten lehren.

6. Alle morgen sollen se ehre arbeit mit dem mor-
gengebedt 46 anfangen und den avent mit ein avent-
gebedt endigen und darto des morgens, middages
und avendes einen psalm singen.

7. Se sollen ehre jöget darhen holden, dat se up
ehre gesettede tyd tor scholen komen, nemblich den
morgen van 7 bet to 11 und namiddages van 1 bet
to 5 uhren.

8. Se sollen alleine de A-B-boecker lehren, de mit
dem catechismo overeinkomen, ock nene andere,
so der lehre deser kerken oder sonst der erbarheit
towederen 47.

9. Se sollen nene kinderen in ehren schölen to
lehren annehmen dan allein, de sick deser scholord-
nung in allen underwerpen.

10. Se sollen ehre jöget alle Sondage ut ehren scho-
len ordentlick by paren in de catechismipredige vö-
ren und se dan upseggen laten.

11. Nene meister sal ein kind, so einem anderen
anbestedet 48, in dat halve jar ahne syn vorweten
und vorwilligen annehmen oder den scholarchen mit

Dyrcks. Von den Schulmeisterinnen heißt es aus-
drücklich, sie seien „int schriven probeert worden“.
Mechtelt konnte nicht schreiben, „und derhalven
oeck geen schriven leren wort“. — Der französische
Schulmeister Logier oder Leodigarius (vgl. oben
S. 515, Anm. 6), der am 16. April nicht erschienen
war, wurde am 30. August 1596 auf die Schulord-
nung verpflichtet.Vgl. Kirchenratsprotokolle Band 6,
Bl. 22 v/23r. 25r.

46 Ist ein bestimmtes Gebet gemeint? Vgl. dazu KO
von 1594, oben S. 485 f. mit Anm. 27. Allgemein
zum Schulgebet oben S. 88, Anm. 17.

47 Vgl. oben S. 516, Anm. 13.

48 = anvertraut; vgl. Lasch und Borchling I, 249.

49 = ein Pfund Grote; vgl. Schiller und Lübben
II, 155f. III, 387 (auch zur Berechnung). Zur „Gro-
ten“ genannten Münze oben S. 203, Anm. 89.

50 = sittig, sittsam; vgl. oben S. 122, Anm. 58.

ein punt grot 49 tom besten der scholen verfallen syn.
Na vollendigung des halven jars överst sollen se by
obgemelter poena ock nenen ut eines anderen schöle
annemen, se hebben dan bewys, dat se ehre scholgelt
ehrem gewesenen meister betalet.

12. De meisteren sollen daran syn, dat de kin-
deren in den schölen und int utgaen und sonst up
der straten stille, tuchtig und sedich 50, als erbarn
scholkindern geböret, erfonden werden, sick alles
flökens, schwerens, lichtferdigen singens, löpens, ro-
pens 51, schlandes 52, smytens 53, und wat der unord-
nung mehr is, ganzlick entholden, darop se sulvest
gode acht nehmen, ehre observatores stellen und den
ungehorsamen und overtrederen ahne ansehen und
mit ernst straffen sullen.

13. Darbeneven sollen se ehren kinderen mit ernst
inbinden, dat se up spoeldagen in spoelen mate hol-
den und sick in den kercken mit lopen, kryten 54 und
breken 55 gar nicht finden laten und der geselschaft
der scurren 56, so nicht tor scholen gahn, ganzlick
entholden.

14. Ock sollen se acht hebben, dat die kinderen
nichtes kopen, verkopen oder verbuten 57, idt sy dan
mit ehrem oder der olderen vorganden consenß, item
dat se ock umb neen geld spölen.

15. Dat se darenboven ehren olderen, meisteren,
overicheiden und predigern und allen erbarn luden
up der straten und sonst mit ehrerbedunge bejege-
nen, der schepe, waters, ises sick entuteren 58.

16. De frouwen sollen nene venten 59 lehren, de
boven achte jaren olt syn, ock gar nene macht heb-

51 = Raufens, (oder:) Schreiens; vgl. Doornkaat
Koolman III, 51 f.; Schiller und Lübben III,
504 f.

52 = Schlagens; vgl. Doornkaat Koolman III,
190; Schiller und Lübben IV, 226ff.

53 = Schmeißens, Werfens; vgl. Doornkaat Kool-
man III, 230; Schiller und Lübben IV, 264.

54 = Kreischen, Schreien; vgl. Doornkaat Kool-
man II,367; Schiller und Lübben II, 572f.

55 = Brechen, Niederbrechen, auch Stören; vgl. Schil-

ler und Lübben I, 418f.; Lasch und Borch-
ling I, 345 . 56 = Narren (aus lat. scurrae).

57 = vertauschen; vgl. Schiller und Lübben V,
326f.; Lasch und Borchling 1,790.

58 = entäußern, enthalten; vgl. Lasch und Borch-
ling I, 571.

59 = Knaben; vgl. oben S. 400, Anm. 39.
 
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