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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0604
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gemeinde entstammenden Quellen zu! Ein Vergleich der Forma precum mit der Gottesdienstordnung in Microns
Ordinancien und in a Lascos Forma ac ratio zeigt, daß, wenn man vom großen Fürbittengebet absieht, die Forma
precum und Microns Gottesdienstordnung im allgemeinen wörtlich übereinstimmen, während a Lasco in der
Forma ac ratio bei gleichem Schema und im wesentlichen gleichem Inhalt viel ausführlicher und auch im Wortlaut oft
anders formuliert. Nur an einigen wenigen Stellen stimmt Micron mit der Forma ac ratio überein, abgesehen vom
großen Fürbittengebet, das bei Micron wesentlich entsprechend der Forma ac ratio gestaltet ist. Micron hat sich bei
der Gottesdienstordnung also an ein älteres Teilstück der Forma ac ratio gehalten, von dem man annehmen muß, daß
es die Ordnung so wiedergibt, wie sie tatsächlich in der Gemeinde befolgt wurde. Das große Fürbittengebet, das ganz
an englischen Verhältnissen, wie sie sich unter der Regierung Eduards VI. darstellten, ausgerichtet ist, kann leicht
bis 1553 auch für den praktischen Gemeindegottesdienst diese Ausprägung erfahren haben. Im ganzen gibt der Ver-
gleich der Ansicht Dankbaars Recht, daß man, wenn auch mit einigem Vorbehalt, in den Ordinancien Microns
die ursprüngliche Rezension der Londoner Formulare und eine Widerspiegelung der KO der niederländischen Flücht-
lingsgemeinde sehen darf 59. Allerdings — für die übrigen Formulare und Anweisungen fehlen uns authentische Quel-
len, die Rückschlüsse auf Einzelheiten zuließen, abgesehen von den Katechismusfragen an die Erstkommunikanten.
Diese ergeben ein ähnliches Bild, wenn man sie in den drei Fassungen miteinander vergleicht. Micron hat sie in seine
Ordinancien in der Form von 1553 übernommen, a Lasco hat sie erweitert und stellenweise umgestaltet. Insgesamt
sind bei a Lasco aus den 41 Fragen 45 geworden 60. — Für die Übersetzungsfrage, deren Schwierigkeit oben schon
angedeutet war 61, ergibt sich aus dem Vergleich mit den überlieferten älteren Stücken, daß Micron für seine Ordi-
nancien nicht nur a Lascos lateinische Schreibtischarbeit benutzte, die erst ins Niederländische übertragen werden
mußte, sondern auch die im Gebrauch befindlichen niederländischen Formulare; denn auch die Forma precum hat ja
zweifellos ein niederländisches Formular entweder im Gefolge oder als Vorbild gehabt. Als den Übersetzer dieser For-
mulare, sofern sie primär lateinisch verfaßt waren - und das ist anzunehmen, besonders, wenn man ihre Entstehung
an a Lascos Emder und Bremer Vorarbeiten knüpfen will -, darf man wohl mit Dankbaar 62, Jan Utenhove anneh-
men. — Ziehen wir nun auch die Formulare aus Glastonbury heran und vergleichen sie mit den entsprechenden Stücken
bei a Lasco und Micron, so zeigt sich, daß der französische Text im allgemeinen stärkere Verwandtschaft mit der
Forma ac ratio, wie sie uns 1555 begegnet, als mit Microns Ordinancien aufweist. Die Ermahnung nach dem Gebet für
den bußfertigen Bruder ist für den Vergleich besonders prägnant; die französische Fassung ist bei starker Verwandt-
schaft mit dem Text der Forma ac ratio doch kürzer als dieser, aber viel ausführlicher als Microns Fassung. Dagegen
nimmt z. B. das Dankgebet gegen Ende der Handlung einen Passus auf, der sonst nur bei Micron steht. Hier und da
fehlt bei Poullain wiederum ein Passus, den a Lasco und Micron gemeinsam haben. Ob die Poullainsche Übersetzung
die damaligen Formulare a Lascos überall genau wiedergibt, ob sie Formulare zugrundelegt, wie sie in der Londoner
niederländischen oder in der wallonischen Fremdengemeinde benutzt wurden, oder solche eventuellen Formulare neben
a Lascos Gelehrtenarbeit mit herangezogen hat — das alles läßt sich ohne Erschließung weiterer Quellen wohl kaum
entscheiden. Jedenfalls wird deutlich, daß die Londoner KO in diesem Teil bereits 1552 schriftlich fixiert war, und
zwar stellenweise in einer viel ausführlicheren Fassung, als Micron sie 1554 bietet 62a. Insofern muß der Vorbehalt

—- [Fortsetzung s. S. 576]

Untertitel an: L'ordre de la penitence publique. — Darunter sind die den öffentlichen Bußakt vor der Gemeinde
vorbereitenden Handlungen gedrängt zusammengefaßt. Auf Bl. 45v-50 folgen die Formulare, die uns genauere
Vergleichsmöglichkeiten mit dem Text der Forma ac ratio und den Ordinancien geben (vgl. Anm. 62a). Im übri-
gen vgl. zu Poullains fanzösischer Liturgie von 1552 F. de Schickler, 62ff.; F. C. Ebrard, 38ff. 153ff.; Ch.
Martin, Les Protestants anglais, réfugiés à Genève autemps de Calvin 1555-1560, leur Église — leurs Écrits. Genève
1915, 13ff. 88. 299 (ebd. der bibliographische Titel; Martin schildert, wie Poullains Liturgie durch John Knox un-
ter die Quellen der schottischen Liturgie kam); K. Bauer, 16. 158ff.

59 Dankbaar, 11f. — M. Woudstra, 89, schreibt: Bij à Lasco vinden wij meer beschouwing. Micron gaf gang-
bare praktijk. Daarom is ook het werk van den laatsten de bron, welke men volgen moet, wanneer men het inwendige
der gemeente wil leeren kennen. — Dem stimmtauch A. A. v. Schelven,Vluchtelingenkerken, 78, zu. Vgl.U.Falken-
roth, 6. — Hinzuweisen ist hier auch auf die Verschiedenheit der Tauffragen bei a Lasco und Micron. Nach der
Forma ac ratio werden an die Eltern und Paten drei (A. Kuyper II, 113), nach Microns Ordinancien nur zwei
Fragen gerichtet (vgl.auch J.H. Gerretsen, 83f.). Hierzu bemerkt Woudstra, 54, Anm.l: Dat inderdaad twee
en geen drie vragen gedaan zijn, blijkt ook uit het boekje, dat wij voor ons hadden, n. I. De Psalmen Davidis... door
Jan Wtenhove... Londen... 1566... Achteraan staan de formulieren, bij de kerk in gebruik. En daar komen ook
de twee vragen voor, alleen in spelling gewijzigd (fol. 23, keerzijde).

60 A. Kuyper II, 127—135. Einen Vergleich der Fassungen bei Micron und a Lasco nimmt U. Falkenroth, 9, vor.

Vgl. auch M. A. Gooszen, aaO. 61 Vgl. oben S. 351 mit Anm. 12. 62 W. F. Dankbaar, 6ff.

62a Wir teilen die französischen Formulare, da sich für sie kaum eine direkte, sondern nur eine mittelbare Beziehung
zu den ostfriesischen Ordnungsformen nachweisen lassen dürfte, nicht unter dem Text der KO, sondern hier mit:
Admonition a l' eglise pour le frere penitent. -Freres, nousavons icy ensuyvantledeudenostre ministere,
amené en vostre presence ce frere, qui avoit peché, lequel desirant vous faire certains de sa resipiscence, est prest à
confesser sa faulte, qu’il a commise contre Dieu et l’eglise, letout certes a sa vergongne, et à la gloire de Dieu et
edification de ceste eglise, desirant reconciliation avec vous devant Dieu, et rentrée et retenance en la communion de
vostre fraternité, pourquoy nous avons bien voulu par la parolle de Dieu vous admonnester de vostre office envers le

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