Die Katechismusfragen für die Erstkommunikanten hat Micron insbesondere für seine Norder Gemeinde noch
einmal neu bearbeitet und bereits 1554 drucken lassen 66. Aus den 41 Fragen sind jetzt 32 geworden; inhaltlich umge-
staltet sind besonders die Abschnitte über die Abendmahlslehre, die eine scharfe antilutherische Spitze erhalten haben.
Auch dieses Büchlein ist in erster Linie für Kommunikanten gedacht, wobei freilich nicht ganz deutlich ist, ob es,
wie die Londoner Fragestücke, hauptsächlich als Grundlage eines Examens für Erstkommunikanten dienen sollte.
Eine Zulassungsordnung zum Abendmahl mit einem öffentlichen Examen hat Micron in Norden aber tatsächlich
durchgeführt6 7. Im übrigen ist anzunehmen, daß das Abendmahlsbüchlein, das in seiner knappen und pointierten
Art dazu geeignet war, auch den ungelehrten und einfachen Christen mit der reformierten Lehre vertraut zu machen,
auch im weiteren Sinn auf die Gemeinde, in der vor Micron der lutherische Pastor Wilhelm Lemsius gedient hatte 68,
erziehend bzw. umerziehend wirken sollte.
Mit Microns Abendmahlsbüchlein hatte die ostfriesische reformierte Kirche ihren dritten und kleinsten Kate-
chismus, ganz entsprechend der Londoner Gemeinde, die neben dem Großen Katechismus von 1546/51 und dem Kleinen
Katechismus von 1552 in den Katechismusfragen für die Erstkommunikanten von 1553 ihren Kleinstkatechismus
erhalten hatte. Vermutlich hat man den Londoner Kleinstkatechismus vor Augen gehabt, als man 1553 im Coetus be-
schloß, neben dem Großen Emder Katechismus und dem Katechismus Gellius Fabers noch einen dritten, ganz kleinen
Katechismus für die einfältigeren Kinder drucken zu lassen 69.
Wir bringen Microns Norder Katechismusfragen von 1554 jeweils in Parallele zu den entsprechenden Fragen
der Ordinancien.
Hinsichtlich des Einflusses, den die Londoner Ordnungsformen bzw. Microns Ordinanden außerhalb Ostfries-
lands ausgeübt haben, insbesondere betreffend ihre Einwirkung auf die Liturgie der niederländischen reformierten
Kirche, verweisen wir bes. auf die zusammenfassende Darstellung von Dankbaar 10. Im übrigen wird in den ent-
sprechenden Abschnitten weiterer Bände unserer Ausgabe der ev. KOO des 16. Jh.s darüber zu handeln sein.
Die Londoner KOO im Hinblick auf die Theologie und die Kirchenrechtssystematik ganz auszuwerten, liegt außer-
66 Der Originaldruck von 1554 gilt als verloren (vgl. Borchling und Claußen I, 731). J. M.Reu benutzte für seine
Edition (I, 3, 2, 3, 1191—1196) einen Nachdruck (diesen erwähnt auch J. H. Gerretsen, 89ff.), von dem er vermu-
tete, daß er noch dem 16. Jh. angehöre. In Wirklichkeit hatte er jedoch auch nur G. Outhofs Ausgabe, die gelegentlich
dessen Schrift „Waarschouwinge aan alle Kristenen... Embden 1723“ angebunden ist (vgl. auch P.F. Reers-
hemius, 225), vor sich; darüber J. Weerda I, Beilage. Titel und Vorrede des„Kurzen Unterrichts“ nach Outhofs
Ausgabe (Exemplar der Bibliothek der Großen Kirche in Emden; angebunden an „Waarschouwinge...“): Ein
kort underricht voor den eentfoldigen Christen, de desz Heren hillich aventmahl werdiglijcken willen geneten, in
frage unde antwoert, ut der hilligen schrift vervatet dorch Mart. Mycronium unde Vincentium Phrisium, deners der
gemeine Christi to Norden. Gedrukt na het original van 1554, den 8. Decemb_Der gemeene to Norden genade
unde frede van Gade dem Vader unde unsen Heren Jesu Christo. Nachdem dat de Heere Jesus Christus syn hillig
aventmael allen Christen gebaden heft to sijnem wederkomste to underholden, unde dat se alle na getuychenisse der
schrift des lyves unde bloedes Christi schuldig sind, de sick nicht recht proeven unde dat lyf des Heren nicht under-
scheiden [l.K 11, 23ff.], unde dewyle dat sick oock nemand recht proeven unde dat lyf des Heren recht underscheiden
kan, idt sy dan, dat he voor alle den grund des christlycken geloves wete unde vorstah, so hebben wy (als de sorge voor
juwer seelen salicheit dragen, up dat nemant edder dorch unwetenheit dat bevel Christi vorachte unde also dat gebruck
des aventmaels nalate edder schentlyck miszbruke), desse korte summa der noedigen hoevetstucken des christlyken reli-
gions to juwen besten beschreven. — Insonderheit vor denjennen, den de gemeene landescatechismus, dorch unsen leven
broeders unde getruwen kerckendeners to Embden unlanges im druk gegeven, wat to lank muchte vallen, bidden J. L.
dorch Jesum Christum, gy willen dessen unsen arbeit to danke annemen unde to juwer salicheit unde unsen froude
am dage des Heren mit allem flyte waernemen. Gegeven to Norden dorch juwe guetwillige deners Martinum My-
cronium unde Vincentium Phrijsium. Anno 1554, den 4. Dez. (Vgl. die Abbildung des Titelblattes in diesem Band.
Oben ist die Orthographie, auch die des Titels, vereinfacht.)
67 Apologeticum Scriptum, 12f.: Proinde etiam nos, pro ecclesiae nostrae salute et Christi gloria solliciti, neminem
omnino sub nostro ministerio ad sacram Domini mensam admittimus, nisi fidei rationem, de praecipuis christianae
religionis capitibus, scitu omnino necessariis utcunque teneat, ac prius edat, eamque publice coram ecclesia palam
contestetur, seseque disciplinae ecclesiasticae, iuxta Dei verbum, sua sponte, ultro subiiciat, testificans se eam fidei
suae confessionem, vitae probitate (sublatis ex animo omnibus, quas quidem habere posset, simultatibus) ornare
velle. — Am 28. Februar 1558 teilt Micron in einem Brief an Bullinger mit: Ecclesiae interim hic nostrae tam
Nordae quam Embdae feliciter quotidie promovent, et incrementa sumunt. Cum nuper coenam dominicam hic
Nordae celebraremus familia quaedam anabaptistica per publicam suae fidei professionem in frequentissima
concione ecclesiae nostrae se adiunxit, idque cum magna piorum hic omnium consolatione(J. H. Gerretsen, Bei-
lage VII).
68 Vgl. oben S. 352 mit Anm. 16f.
69 Vgl. oben S. 331 f. mit Anm. 63.
70 W.F. Dankbaar, 23ff., bes. 25ff,; vgl. auch Leiturgia III, 57f.
37 Sehling, Niedersachsen II/l
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einmal neu bearbeitet und bereits 1554 drucken lassen 66. Aus den 41 Fragen sind jetzt 32 geworden; inhaltlich umge-
staltet sind besonders die Abschnitte über die Abendmahlslehre, die eine scharfe antilutherische Spitze erhalten haben.
Auch dieses Büchlein ist in erster Linie für Kommunikanten gedacht, wobei freilich nicht ganz deutlich ist, ob es,
wie die Londoner Fragestücke, hauptsächlich als Grundlage eines Examens für Erstkommunikanten dienen sollte.
Eine Zulassungsordnung zum Abendmahl mit einem öffentlichen Examen hat Micron in Norden aber tatsächlich
durchgeführt6 7. Im übrigen ist anzunehmen, daß das Abendmahlsbüchlein, das in seiner knappen und pointierten
Art dazu geeignet war, auch den ungelehrten und einfachen Christen mit der reformierten Lehre vertraut zu machen,
auch im weiteren Sinn auf die Gemeinde, in der vor Micron der lutherische Pastor Wilhelm Lemsius gedient hatte 68,
erziehend bzw. umerziehend wirken sollte.
Mit Microns Abendmahlsbüchlein hatte die ostfriesische reformierte Kirche ihren dritten und kleinsten Kate-
chismus, ganz entsprechend der Londoner Gemeinde, die neben dem Großen Katechismus von 1546/51 und dem Kleinen
Katechismus von 1552 in den Katechismusfragen für die Erstkommunikanten von 1553 ihren Kleinstkatechismus
erhalten hatte. Vermutlich hat man den Londoner Kleinstkatechismus vor Augen gehabt, als man 1553 im Coetus be-
schloß, neben dem Großen Emder Katechismus und dem Katechismus Gellius Fabers noch einen dritten, ganz kleinen
Katechismus für die einfältigeren Kinder drucken zu lassen 69.
Wir bringen Microns Norder Katechismusfragen von 1554 jeweils in Parallele zu den entsprechenden Fragen
der Ordinancien.
Hinsichtlich des Einflusses, den die Londoner Ordnungsformen bzw. Microns Ordinanden außerhalb Ostfries-
lands ausgeübt haben, insbesondere betreffend ihre Einwirkung auf die Liturgie der niederländischen reformierten
Kirche, verweisen wir bes. auf die zusammenfassende Darstellung von Dankbaar 10. Im übrigen wird in den ent-
sprechenden Abschnitten weiterer Bände unserer Ausgabe der ev. KOO des 16. Jh.s darüber zu handeln sein.
Die Londoner KOO im Hinblick auf die Theologie und die Kirchenrechtssystematik ganz auszuwerten, liegt außer-
66 Der Originaldruck von 1554 gilt als verloren (vgl. Borchling und Claußen I, 731). J. M.Reu benutzte für seine
Edition (I, 3, 2, 3, 1191—1196) einen Nachdruck (diesen erwähnt auch J. H. Gerretsen, 89ff.), von dem er vermu-
tete, daß er noch dem 16. Jh. angehöre. In Wirklichkeit hatte er jedoch auch nur G. Outhofs Ausgabe, die gelegentlich
dessen Schrift „Waarschouwinge aan alle Kristenen... Embden 1723“ angebunden ist (vgl. auch P.F. Reers-
hemius, 225), vor sich; darüber J. Weerda I, Beilage. Titel und Vorrede des„Kurzen Unterrichts“ nach Outhofs
Ausgabe (Exemplar der Bibliothek der Großen Kirche in Emden; angebunden an „Waarschouwinge...“): Ein
kort underricht voor den eentfoldigen Christen, de desz Heren hillich aventmahl werdiglijcken willen geneten, in
frage unde antwoert, ut der hilligen schrift vervatet dorch Mart. Mycronium unde Vincentium Phrisium, deners der
gemeine Christi to Norden. Gedrukt na het original van 1554, den 8. Decemb_Der gemeene to Norden genade
unde frede van Gade dem Vader unde unsen Heren Jesu Christo. Nachdem dat de Heere Jesus Christus syn hillig
aventmael allen Christen gebaden heft to sijnem wederkomste to underholden, unde dat se alle na getuychenisse der
schrift des lyves unde bloedes Christi schuldig sind, de sick nicht recht proeven unde dat lyf des Heren nicht under-
scheiden [l.K 11, 23ff.], unde dewyle dat sick oock nemand recht proeven unde dat lyf des Heren recht underscheiden
kan, idt sy dan, dat he voor alle den grund des christlycken geloves wete unde vorstah, so hebben wy (als de sorge voor
juwer seelen salicheit dragen, up dat nemant edder dorch unwetenheit dat bevel Christi vorachte unde also dat gebruck
des aventmaels nalate edder schentlyck miszbruke), desse korte summa der noedigen hoevetstucken des christlyken reli-
gions to juwen besten beschreven. — Insonderheit vor denjennen, den de gemeene landescatechismus, dorch unsen leven
broeders unde getruwen kerckendeners to Embden unlanges im druk gegeven, wat to lank muchte vallen, bidden J. L.
dorch Jesum Christum, gy willen dessen unsen arbeit to danke annemen unde to juwer salicheit unde unsen froude
am dage des Heren mit allem flyte waernemen. Gegeven to Norden dorch juwe guetwillige deners Martinum My-
cronium unde Vincentium Phrijsium. Anno 1554, den 4. Dez. (Vgl. die Abbildung des Titelblattes in diesem Band.
Oben ist die Orthographie, auch die des Titels, vereinfacht.)
67 Apologeticum Scriptum, 12f.: Proinde etiam nos, pro ecclesiae nostrae salute et Christi gloria solliciti, neminem
omnino sub nostro ministerio ad sacram Domini mensam admittimus, nisi fidei rationem, de praecipuis christianae
religionis capitibus, scitu omnino necessariis utcunque teneat, ac prius edat, eamque publice coram ecclesia palam
contestetur, seseque disciplinae ecclesiasticae, iuxta Dei verbum, sua sponte, ultro subiiciat, testificans se eam fidei
suae confessionem, vitae probitate (sublatis ex animo omnibus, quas quidem habere posset, simultatibus) ornare
velle. — Am 28. Februar 1558 teilt Micron in einem Brief an Bullinger mit: Ecclesiae interim hic nostrae tam
Nordae quam Embdae feliciter quotidie promovent, et incrementa sumunt. Cum nuper coenam dominicam hic
Nordae celebraremus familia quaedam anabaptistica per publicam suae fidei professionem in frequentissima
concione ecclesiae nostrae se adiunxit, idque cum magna piorum hic omnium consolatione(J. H. Gerretsen, Bei-
lage VII).
68 Vgl. oben S. 352 mit Anm. 16f.
69 Vgl. oben S. 331 f. mit Anm. 63.
70 W.F. Dankbaar, 23ff., bes. 25ff,; vgl. auch Leiturgia III, 57f.
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