Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0640
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grafschaft Ostfriesland

allein die schult tragen und nit die eltern, so sol
man die eltern trösten und mit ihnen ratschlagen,
auf was weise man die unzucht der kinder am besten
sol mögen zeumen. Und dise kinder sollen darzwi-
schen von den dienern auß dem wort Gottes scharf
(dennoch mit weißheit) vermanet werden mit den
göttlichen dreuungenp, und so sie sich nicht bessern,
sollen sie zu dem gebrauch des nachtmals nicht zu-
gelassen werden, biß daß sie sich bekerenq. So auch
jemand von diesen kindern durch solche straffe und
abhaltung von dem nachtmal nicht bewegt wurd
und faret fort in aller boßheit mit verachtung seiner
Deut. 21 [18-21] eltern (welche sünde nach der ordnung Gottes des
tods wert ist), so er zu den 18. oder 20 jaren kommen
ist und bleibt halßstarrig, verachtende die göttliche
vermanung der kirchen, und folget der welt, so soll
derselbige mit einer gemeinen betrübnuß der ganzen
gemeine (als ein verechter der gnaden und des bunds
Gottes, den Gott mit ihm durch die zeugnuß des
taufs gemacht hatte) abgeschnitten und dem teufel
ubergeben werden, auf daß man darauß lerne, daß es
nicht gnug sey, ein Christ zu sein, darumb daß wir
den sigel des bunds, nemlich den tauf 14, in unser
kindheit entpfangen haben und also mit dem namen
Christi zu seiner unehre geschmücket sind r, es sey
denn, daß auch unser leben darnach mit demselbi-
gen ubereinkomme. |

f' Cap. XII.

Von der weiß der prophecey,
welche allweg am Donnerstag
gehalten wird.

Es hat unsere gemeine darfür gehalten, daß diß
die beste und richtigste s weise der prophecey 15 sey,
in welcher erwegt und bekreftiget wird (durch ein
zusammenfügung der örter der heiligen schrift t)
alles, was in der vergangnen wochen in den pre-
digten sich hat lassen ansehen, als wann es nit recht

p) mit den... dreuungen] N: ,doer t’ voerhouden der
goddelicker dreighementen q) bekeren] N: beteren
r) und also... geschmücket sind] N: ende ons also
met den naeme Christi tot synder oneere vercieren
Cap. XII s) richtigste] N: stichtelickste

t) der... schrift] N: der Schriftueren met malcande-
ren u) zeitigem rat] N:rijpicheit

v) besserung] N: stichtinghe

oder dunkel oder nit gnugsam von den dienern des
worts were erkläret worden, oder so es auch sonst
einigen zweifel in den herzen der brüder gegeben
hette: so wird derwegen die ordnung unser prophe-
cey auf folgende weiß von uns gehalten:

Des Donnerstags nach der predig, ihe der psalm
gesungen wird, sitzet der diener des worts mit seinen
mitdienern im gesicht der gemeine und vermanet
die eltesten der gemein und diejenigen, so die fragen
vorzustellen geordnet sind (welche auch samptlich
im gesicht der gemein auf einer bank sitzen), das-
jenige, so sie haben, mit aller zucht, demut und zei-
tigem rat u zur besserung v der gemeine in der forcht
des Herren ohne einigen ehrgeiz vorzubringen.

So dann jemand unter ihnen ist, der etwas hat,
der stellet seine fragen ordentlich vor, und die die-
ner geben auß dem wort Gottes antwort und be-
scheid w ihrer lehre, die sie in der vergangnen wo-
chen geprediget haben.

So auch von einem nicht gnugsam geantwortet
were, so wird die sach von den andern beygesesse-
nen dienern weiter erkleret, biß daß endlich der
gemeine | nach dem wort Gottes gnug geschehen ist. f. 42

Und auf daß alle ding in diesem handel ordentlich,
bescheiden und ohn ergernuß zugehen, auch das wir
keineswegs durch solche prob der lehre jemand ur-
sach geben zu furwitzigen und gefährlichen fragen,
welche anders nichts denn zank gebieren und die
gemeine ergern und bewegen, welches in der schrift
verbotten ist, so wird nicht einem jedern zuge- 1. Tim. 4[1 ff.]
lassen, die fragen in der prophecey vorzubringen, ^Tim" U2-5]
sonder es sind auß den eltesten und diaken, auch 3[9]
auß dem andren teil der x gemein, gottsfürchtige und
geschicktey menner verordnet, von welchen man
zeugnuß hat, daß sie anders nichts suchen dann die
ehre Gottes und die erbauung der gemeine, denen
ist allein geurlaubet, in der prophecey etwas vorzu-
bringen. Denn es nicht müglich were, daß die ge-
meine ohne bewegung und confusion sein würd, wo

w) antwort und bescheid] N: reden

x) N + ganscher

y) geschickte] N: bequame treffelicke

14 Zur Versiegelungslehre s. oben S. 490, Anm. 40. 43.

15 Zu verschiedenen Formen der Prophezei s. oben

S. 569 mit Anm. 34-43.

608
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften