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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0647
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Microns Ordinancien (1554) 1565

f. 52 denn das | mit der warheit bestehen mag und zu der
besserung dienet d, und daß Jesum Christum in sei-
nem pristertumb verehret, so haben wir fleißig da-
hingearbeit in der handlung des nachtmals, daß
wir allermeist zu der apostolischen reinigkeit und
dem exempel Christi e kommen 38 und doch dasselbige
one andere reformirten kirchen verdamnung, welche
andere ceremonien dann wir gebrauchen 39, es were
denn, das sie mit gewalt und f tiraney auf papisti-
sche weise etliche abergläubische ceremonien er-
halten wollen, die sie vilmehr mit ernstlicher ver-
manung ablegen solten.

So haben wir (mit den guten und einfeltigen ord-
nungs Christi wolbegnüget) keine ceremonien wol-
len einfüren denn die, durch welche das priester-
tumb Christi geehret und die gemeine in ihrem
gewissen getrost und zu bessenmg des lebens ge-
füret wird, haben darumb keinswegs solche cere-
monien angenomen, die eitel und unütz h sind oder
zu einiger abgötterey zihen und Christum Jesum
in seinem priestertumb verfinstern, als da sind:
altaren, lichten, schellen, kleider 40, denen etwas ge-
heimnuß zugeschriben wird, und was dergleichen
ding mehr sind. Und sind wol zufriden mit einem
tisch, seuberlich mit einem reinen i leinentuch ge-
deckt, an welchen der diener k und alle andere brüder
ordentlich 1 sitzen und das nachtmal des Herren
nach dem exempel Christi und seiner apostelen mit
aller zucht und erbarkeit halten m41. Und das wir in
der haltung des nachtmals Christi das gemein zu-
sammensitzen an den tisch (one einigs verdammen

der anderen christlichen gemeinen) halten, das tun
wir nach dem exempel Christi (a), welcher mit sei-
nen jüngeren in der einsetzung des abendmals an
einem tisch gesessen, da er diß sacrament wie eine
malzeit einsetzet, (b) gleich wie vorhin der uber-
schritt (oder osterlamb) n unter den kindern Israel
auf die weise eines hochzeitlichen mahls eingesetzt
war. Und diesem exempel o haben wir mit (c) den
apostelen wollen folgen. Denn es ein gewisses zeichen
ist unsers friedes und ruhe mit Gott dem Vater durch
Christum 42 und ein vorbild unser zukünftigen ehre
in dem reich Christi, da wir an (d) seinem tisch sit-
zen sollen. Darneben ists auch ein offentliche zeug-
nuß der liebe und einigkeit der ganzen gemeine, die
zur beweisung der einigkeit des herzen an einem
tisch des Herren beyeinandersitzet, (e) eine geist-
liche speise der seelen, nemlich das fleisch und blut
Christi, durch den glauben geistlich em | pfahet. Denn
an einem tisch eine speiß und trank miteinander zu
geniessen, ist bey allen menschen ein warhaftiges
friedenzeichen.

a Mat. 26 [20 ff.]
Mar. 16 [14,
18 ff.]

Luc. 22 [14 ff.]
Johan.13
[2ff. ]

b Exo. 13 [12,
1-28]

c 1. Cor. 10 [1 ff.]

d Luc. 22 [29 f.]

e Johan. 6 [32 ff.]
f 53.

Cap. XV.

Von der vorbereitung
zu dem nachtmal des Herren.

Ihe man aber das nachtmal außteilet, wird es
vierzehen tage zuvor auf einen Sontag durch den
diener von der kanzel der ganzen gemein verkündi-
get, und es wird der tag von ihm ernennet, wenn

bezeugt 1557 für Norden, daß man das Abendmahl
dort jeweils hielt, wann es den Dienern gut schien:
instituitur autem, quoties ex sententia ministrorum,
publica id ecclesiae necessitas et utilitas requirit
(Apologeticum Scriptum, 13; vgl. auch J. H. Ger-
retsen, 69f.; J. Weerda, Entstehung, 37). Auf
Lützburg hielt man das Herrenmahl später viermal,
dann sechsmal jährlich; vgl. oben S. 543.

38 Für a Lasco bedeutete die genaueste Nachahmung
des Beispiels Christi die Erfüllung des „hoc facite“;
vgl. oben S. 557, Anm. 31. Der Ton lag beim Abend-
mahl auf der „actio“; vgl. dazu H. Falkenroth,
RCG 3 IV, 236.

39 Hier ist wohl in erster Linie an die englische Kirche
gedacht; vgl. oben S. 555, Anm. 18; S. 582 mit Anm.
9; S. 585 mit Anm. 21.

40 In Emden hatte a Lasco die bis dahin noch gebräuch-
lichen weißen Chorröcke abgeschafft; vgl. oben S. 343

mit Anm. 71. Zum Streit um die Kirchengewänder
in England s. oben S. 555, Anm. 18.

41 So etwa hielt es Aquilomontanus in Borssum; vgl.
oben S. 340. Micron führte diese Ordnung z. T. auch
in Norden ein; vgl. unten S. 629, Anm. 10; S. 634,
Anm. 23; S. 635 f., Anm. 28.

42 Weiter ausgeführt ist der Gedanke von Micron in
seiner Abendmahlsschrift von 1552; vgl. oben S. 557,
Anm. 31.

d) und... dienet] N: ende doet tot der stichtinghen

e) N + des Heeren f) N <gewalt und>

g) mit den... ordnung] N: met de wyse eenuau-

dicheit h) N <und unütz> i) N <reinen>

k) der diener] N: de Dienaers

l) ordentlich] N: bij ghebuerten

m) mit... halten] N: met alle tuchticheit nutten

n) N <(oder osterlamb)> o) N + Christi

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