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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0664
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Grafschaft Ostfriesland

Warin die rechte
prüfe gelegen. o

a Matt. 5 [22 ff.]

f. 72

Jere. 3
Johan. 3
Rom. 3 [bes.
22 ff.]

8

Col. 2 [bes.

13 f.]

aufrichtig prüffet und den leib des Heeren under-
scheidet, wirdiglich zu seiner seelen trost und selig-
keit zum nachtmal des Herren geht.

Diese m prüffung aber und underscheidung des
leibs des Herren oder seines opfers, durch welches
er seinen leib für uns in den tod gegeben n hat, ist in
dreien stücken fürnemlich gelegen.

Zum ersten, daß wir unsere sünden, die wir wider
Gott und unsern nechsten getan haben, von herzen
bekennen und beweinen und uns (sofern es müglich)
(a) warhaftig mit allen denen versünen, mit welchen
wir etwas widerwertiges haben.

Zum andern, das wir in der er|kentnuß unser sün-
den und in der empfindnuß des zorns Gottes gegen
uns nicht kleinmütig werden umb unser sünden wil-
len noch in verzweifelung fallen an seiner güte gegen
uns, (a) auch unsere zuflucht nicht nemen zu mensch-
lichen verdiensten, (b) sonder sollen festiglich glau-
ben, daß uns alle unsere sünden allein auß lauter
gnaden umbsonstP vergeben werden durch das einige
verdienst des tods Christi, gleich ob wir den todt
selber in unser eignenq person am stammen des
kreuzes r gelidten hetten 15.

Zum dritten ist das rechte prüffen unsers ge-
wissens hierin gelegen, das wir einfeltig one gleiß-
nerey vor uns nemen ein aufrichtige besserung des
lebens nach dem heiligen willen Gottes.

Hierin soll denn ein jeder sein eigen herz und ge-
wissen fleissig undersuchen, wie er sich selbs gerüst
find gegen Gott und seinen nechsten; denn welcher
halßstarrig in seinen sünden wil bleiben, als in ab-

m) N + onse n) gegeben] N: gheoffert

o) N (Warin... gelegen.)

p) auß lauter gnaden umbsonst] N: voer niet

q) unser eignen] N: synen

r) N <am stammen des kreuzes)

s) N + werdelick t) fromkeit] N: volmaecktkeit

15 Gellius Faber (dritte Vermahnung): ...up dat ein
yder... der vorgevinge syner sunde, am galgen des
krützes em vorworven, desto sekerer sy, so vorma-
nen wy em, dat he mit warem, vasten geloven sun-
derliken up de worde unde tosage Christi merke unde
sick desülve annemen unde toegene, als he van sy-
nem lyve unde blode spreckt: dat vor juw gegeven
unde vor juw vorgaten wert tor vorgevinge juwer
sunde...

16 Dieser Absatz erinnert, insbesondere hinsichtlich der

götterey, lästerung, geiz, stelen, liegen, betriegen,
haderen, volsaufen, unreinigkeit und dergleichen,
oder der seine sünden bekennet und doch in jemand
anders beruwet denn in Jesu Christo und in dem
verchenst seines tods, oder der nicht von ganzem
herzen one gleißnerey vor sich nimpt, ein besser le-
ben zu füren, derselbige sol nu, zu dem nachtmal des
Herren zu kommen, nicht eilen. So aber jemand
anders hierin handlen wurde, wie heimlich auch
dasselbige geschehe, wird er doch vor dem angesicht
Gottes schuldig sein des tods Christi, welchen er also
verunehrt und verachtet 16.

Diß sagen wir dennoch darumb nicht, lieben brü-
der, als wolten wir die zerschlagene herzen der glau-
bigen kleinmütig machen, als wen niemand zu dem
nachtmal des Herren möcht s | gehn, denn der von f. 73
aller unreinigkeit der sünden frey und in aller heilig-
keit volkommen sey.

Denn Christus der Herr hat sein nachtmal nicht
eingesetzt zu einem zeugnuß unser heiligkeit oder
volkommenheit, sonder vielmehr zu einem zeugnuß
unser unvolkommenheit und ungerechtigkeit, wel-
che er von uns hinnimpt durch das opfer seines leibs
und rechent uns seine gerechtigkeit und ehre zu, ja,
schenket uns dieselbige. Und darumb kommen die
gläubigen zu dem tisch des Herren nit, daß sie sich
ihrer gerechtigkeit und fromkeit t rümen, sonder
vilmehr zu bezeugen, daß sie auß ihnen selbs nichts
anders sünd [!] (a) denn kinder des zorns, (b) under a Ephe.2[3]
die sind [!] verkauft (c) und unwirdig, ihre augen ^ Lu<+L5[18-
gehn himmel aufzukeben, (d) welcher gerechtigkeit, 21]

et 18 [13]
d 1.Cor.1 [30]

Aufzählung der Sünden bzw. Sünder, die die Forma
ac ratio nicht hat (A. Kuyper II, 162; vgl. W. F.

Dankbaar, 11), an die allgemeine Exkommunika-
tionsformel der Forme des prieres (CR 34, 198;

COpp II, 47) und der Liturgia sacra Poullains (Bl.

8 v). Die Exkommunikation der Sünder und Unbuß-
fertigen im Abendmahl Calvins scheint über Bern
hinweg auf Basel zurückzugehen, wo man ebenfalls
schon 1526 auf dieses Stück im Zusammenhang mit
der Abendmahlsfeier Nachdruck gelegt hatte; vgl.
die Baseler Abendmahlsordnung bei J. Smend,

214ff., die Bannung ebd. 215f. Dazu Leiturgia III,

55f. 40. 41. Vgl. auch oben S. 566, Anm. 8. Diese Art
der Bannung war übrigens schon in der vorreforma-
torischen Kirche, namentlich am Gründonnerstag,
üblich; vgl. Smend, 228; auch oben S. 382, Anm.

21a.

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