Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0718
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grafschaft Ostfriesland

sagt? Aber ich werde ihnen antworten: Ich habe
euch noch nie gekant, wechet [!] von myr alle, ihr
ubeltaeter etc.:

Als wollen wyr, das hinfurder keine person ohne
ordentlichem beruff zum h. predigampte und offent-
lichem kirchendienste soll zugelassen werden, son-
dren wo vacante platzen sein oder werden, daselbst
sollen die benachbarten prediger oder der inspector 25
die kaspelleute 26 zum gebete und anruffung Gottes
vermahnen, umb einen getreuwen sielsoerger zu be-
kommen nah des Herrn Christi bevellich Matth. 9
[37 f.]: Die ernte ist groß, und weinig sein der arbei-
ter. Bittet den Herrn des erntes, das ehr arbeiter in
seine ernte sende etc. 27 Nach gepflogenem gebete
sollen sich die kaspelleute sampt den benachbarten
predigern und dem inspectore, umb tuchtige, god-
saelige diener des h. worts zu bekommen, fleisig
umbsehen und erkunden etc. Huten sich aber fur
den umblaufenden, so sich zum kirchendienste
praesenteren, denselben ohne genuchsam gezeuch-
nus und erkundigung ihres vorigen wandels, dien-

25 Zu einem frühen Versuch des Coetus, jeweils mehrere
Kirchengemeinden zu „classes“ unter der Aufsicht
eines Pastors als Inspektors zusammenzuschließen,
s. die Coetusordnung von 1576, oben S. 438 mit Anm.
47f. - Im Gegenbericht, B I (H. Garrelts, 107)
heißt es von Albert Latomus (vgl. oben S. 669, Anm.
13), er sei Pastor zu Aurich gewesen, habe die In-
spektion der Kirchen in Auricherland bei seinem
Pastorat gehabt, bis er 1582 im Alter von 91 Jahren
gestorben sei; vgl. auch P. F. Reershemius, 94.
Ebd. berichtet Reershemius, in den folgenden
Zeiten hätten die Grafen einem jeden Pastor prima-
rio die Inspektion über den Distrikt anvertraut,
„worin er als primarius angesehen worden“.

26 = Kirchspielsleute; vgl. oben S. 22, Anm. 28.

27 Bis hier lehnt sich der Absatz, teils wörtlich, an die
Hoyasche KO von 1581, Sehling VI, 2, 1131 f., an.

28 Der Passus „denselben... gleuben“ in Anlehnung
an die Hoyasche KO von 1581, Sehling VI, 2, 1132.

29 B. und A. bringen das Folgende unter der neuen
Überschrift: Vom examen.

30 Ähnlich die Hoyasche KO von 1581, Sehling VI, 2,
1132. — Unsere KO nimmt hier offenbar Rücksicht
auf die älteren Rechtsverhältnisse in Ostfriesland,
indem sie die Kirchspielsleute an der Pfarrbestellung
beteiligt sein läßt. Anscheinend ist daran gedacht,
sie auch am Examen in irgendeiner Form teilnehmen
zu lassen (die Hoyaschen KOO fordern ein öffent-
liches Examen vor der Gemeinde; vgl. aaO. 1132
mit Anm. 16b, und unten S. 727), wie dies bereits die
Lüneburger Prädikanten 1535 vorgeschlagen hatten;
vgl. oben S. 383f. mit Anm. 28 f. - Mit der Auffas-

stes und ehrlaubnus nicht gleuben 28 noch raum ge-
ben etc. 29

Wan nun sie gute personen uberkommen, sollen
sie dieselbe bei uns als der hohen obrigkeit ahngeben
und unsern gnedigen consens darauf ehrsuchen, auch
folgens myt ehrlangtem unsern consens dieselbe per-
sonen in allen punkten christlicher religion und
lehre examinieren 30 (des Melanthonis 31 oder Chem-
nicii examen 32 soll den examinanden zu lesen und
zu wissen bevolen sein). Es soll aber das examen in
etzlichen viel kirchendiener gegenwaert gescheen 33,
auf das mit einem examen viele gelehret, auch der
lehr und disciplin erinnert werden, so bei desem oder
jenem mag in vergeß und unacht gekommen sein
etc. 34

Nah gehalten examen (so die tuchtigkeit yn der
lehre befunden) oder auch unter dem examen soll
der ordinandus etliche mal predigen und seine gaben
hoeren lassen. Und wahn solches gescheen (im vall
ehr nicht beweishch ordinieret ist), soll die ordina-
tion im gegenwart der benachbarten predigern

sung des Ligarius über die Pfarrbesetzung stebt un-
sere KO hier wohl kaum im Einklang. U. Emmius,
Vita, 60, zufolge, soll Ligarius dem Grafen die Auf-
fassung vermittelt haben, daß dem Grafen allein das
Patronatsrecht gebühre in allen seinen Landschaften,
und daß er dadurch die vollkommene Macht habe,
den Kirchen nach seinem Belieben Diener zu geben
und zu nehmen. Hierzu bemerkt H. Garrelts, 59,
Anm. 6, Emmius sage dies von Ligarius mit Recht.
In der Antwort auf die Missive, D V (Garrelts,
136) schreiben die luth. Prädikanten (Ligarius): Und
was in dem beruff des predigamptes und bestallung
des kirchendienstes ungebürlich gehandelt, das ba-
ben die Lutherschen mit langheit der zeit von den
Zwinglischen gelernet... Wir aber bitten und flehen
den magistrat umb gute kirchenordnung und miß-
preisen auch an den Lutherschen, was den ungött-
lichem proces der Zwinglianen nachfolget. — Vgl. J.
Weerda II, 24.

31 Melanchthon, Examen ordinandorum, deutsch in
der Mecklenburger KO von 1552 (Sehling V, 161 ff.;
MW VI, 168 ff.), lateinisch CR 23, 1 ff.

32 Martin Chemnitz, Die fürnehmsten hauptstücke
der christlichen lehre, wie darin die pastores exami-
niert und unterwiesen werden, 1569 (später Hand-
büchlein der etc.). Lateinisch von Zanger, Brevis et
simplex forma etc. (Später Enchiridion). Vgl. J.
Kunze, RE 3 3, 798.

33 Anknüpfung an den Coetus? Vgl. die Coetusordnung
von 1576, oben S. 435.

34 B. und A. bringen das Folgende unter der neuen
Überschrift: Von der ordination.

686
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften