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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0727
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Marienhafer Kirchenordnung 1593

Das ander teil der kirchenordnung:

Von predigten und lectuiren etc.

1. ] In den stedten und flecken, da des Sontags drey
predigten geschehen 3, soll die fruepredigt myt den
gesange Veni, sancte Spiritus deutsch 4 angefangen
werden, die schulknaben aber sollens knient singen
etc.

2. ] Und den darauf soll das orgel einen psalm oder
geistlich leid (so ihne der prediger nennen wyrt) 5 an-
heben 6 etc.

3. ] Und das chor sambt der gemeine einhellich und
andechtich alle verssen aussingen oder verß umb
verß spilen und singen etc.

4. ] Die fruhepredigt soll kurz sein und balt nach

Disziplin!). Als gleichzeitig vom gräflichen Drosten
approbiert, kann sie für unsere KO z.T. wohl vor-

bildlich geworden sein. Zur geistlichen Schulauf-
sicht in Emden s. ebd. mit Anm. 11, 12 und 13.

3 Die drei Predigtgottesdienste erwuchsen aus Mette,

Hauptgottesdienst (Messe) und Vesper, wie sie die

KO von 1535 und die Interimsordnung vorgeben;

vgl. oben S. 375 ff. und Einleitung, oben S. 329, Anm.

51 (1535 ist schon in Städten und großen Dörfern zur

Mette eine Predigt vorgesehen, zur Vesper eine kurze

Auslegung des verlesenen Textes ins Auge gefaßt).

Allgemeines s. bei G. Rietschel-P. Graff, Lehr-

buch der Liturgik I 2. 1951, 382 f.; Leiturgia III, bes.
85 f. (E. Weismann). Die dt. ref. Gemeinde in Em-
den hatte nach der KO von 1594 am Sonntag sogar
zu vier verschiedenen Zeiten Predigtgottesdienste
(insgesamt fünf Gottesdienste in zwei Kirchen); vgl.
oben S. 484. 485. - Zum selbständigen Predigtgottes-
dienst s. oben S. 677, Anm. 17. Betr. die Einfachheit
der Pormen des Predigtgottesdienstes nach unserer
KO (hier verläßt sie die Hoyasche Vorlage!), die hier
vermutlich bereits bestehende, den reformierten Ord-
nungen verwandte Bräuche der luth. Gemeinden
bzw. luth. Pastoren berücksichtigt (ebenso wie die
Engerhafer Liturgie; vgl. oben S. 672 f., Anm. 1)
sei neben ostfriesischer Tradition wieder auf das
Prinzip der luth. Antwerpener Agende von 1567 ver-
wiesen, die für den Predigtgottesdienst darauf ver-
zichtet, "ungebreuchliche ceremonien anzurichten“
und dafür hält, es sei „gleich genug, das zu jeder
zeit, wenn man predigen soll, das volk einmütiglich
zusamenkomme. Und wenn denn ein heuflein
beyeinander, durch den küster, oder wem solches auf-
erlegt werden mag, ein teutscher psalm oder lied
nach dem andern angefangen und mit dem volk ge-
sungen werde...“ etc. (Bl. J I r). Weiteres zum
Predigtgottesdienst unserer KO s. bei A. Sprengler,
Lutherische liturgische Formen in Ostfriesland am

siben uhr 7 ausgemacht, damit datt volk zeit habe,
sich widerumb zur hoichpredigt zu bereiten etc.

5. ] Und soll derhalben aufs gebett myt einen kurzen
gesange beschlossen werden, als Godt der Vatter
wone uns bey (ein versch) oder Jesus Christus wone
uns by oder Der heiflger Geist wone uns bey 8, und
dergleichen andere etc.

6. ] Zur hoichpredigt soll der schulmeister mit den
knaben balt umme acht uhr dasein und kniend myt
den Kyrie, Ach Vatter 9, ahnfangen etc.

7. ] Darauf soll der organist das Te Deum laudamus 10
anheben und das chor sampt der gemeinten das-
selbe deutsch versch umb versch nach dem orgel an-
dechtich singen etc.

8. ] Darnach noch ein psalm oder geistlich leid, von
prediger angesagt, spielen und singen 11 etc.

Ende des 16. Jh.s (die Gottesdienstordnung nach
der Engerhafer Liturgie von 1583 und der Marien-
hafer KO von 1593) und Voraussetzungen ihrer Ent-
stehung. 1961, auch in: JbnKG 59 (1961).

4 Vgl. oben S. 157 mit Anm. 60; S. 687, Anm. 35.

5 B. und A. haben hier außerdem: oder das Te Deum
laudamus. - Zum Te Deum vgl. oben S. 153 mit
Anm. 36; zu Luthers Verdeutschung S. 163mitAnm.
90. Emder Enchiridion von 1589, Bl. LXXXVIII:
„Te Deum Laudamus. O Godt wy lauen dy...“.

6 In der Emder ref. Gemeinde kannte man während
des Gesanges kein Orgelspiel; vgl. oben S. 489. -
Luther, der die Musik als ein Geschöpf Gottes an-
sah, hatte die Musik unbedenklicher in den Dienst
des Gottesdienstes gestellt als etwa Calvin, der sie
unter die freien Künste zählte; vgl. Leiturgia IV,
bes. 62 ff. (O. Söhngen); oben S. 475 f., Anm. 4.

7 Statt „balt nach siben uhr“ hat B., entsprechend A.,
„zwischen sieben und acht uhr ungefähr“.

8 Zu diesem trinitarischen Lied vgl. oben S. 157 mit
Anm. 61. Das Emder Enchiridion von 1589 enthält
die erste Strophe des Liedes, Bl. LXXXII v/
LXXXIII r: „Godt de Vader wane vns by / etc.
Mart. Luth. Godt de Vader wane vns by...“.

9 Hier scheint sich ein Rest aus den frühen landes-
herrlichen KOO erhalten zu haben, wie auch bei
Anm. 14. Vgl. KO von 1535, oben S. 376 („Kyrieley-
son sampt den Gloria in excelsis to duedsche...“);
Interimsordnung, Einleitung, oben S. 329, Anm. 51
(,,Dat Kyrieleison... Dat Gloria in excelsis Deo...“).

10 B. und A. haben statt „das Te... laudamus“: „ein
geistlich lied“. Für unsere Druckvorlage vorbildlich
war vielleicht wieder die Hoyasche KO von 1581, die
eine deutsche Fassung des Te Deum als Eingangs-
lied zum Hauptgottesdienst angibt; vgl. Sehling
VI, 2, 1148.

11 B., entsprechend A., fährt fort: nach lenge der zeit.

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