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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0742
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Grafschaft Ostfriesland

Vom h. abentmall des Hern etc. 32

Zum h. abentmall 33 des Hern soll jede kirch eigen
tischtug, kelch, schussel und kandel haben, aufen altar
oder tisch des Hern fein sauber zu gebrauchen. Und
sollens die communicanten kniend empfangen 34 ahn
einen ende des altars oder tisches das gesegentes [!]
brot, ahm andren den kelch mit geburlicher reve-
renz und andacht. Die, so communiciren wollen,
sollen mugen den prediger ansprechen, haeuficht die
speciallvermanunge und -absolution zu horen, aber
die, so sonderliche beschwerung haben oder enzelen
zu kommen mer gesinnet, sollen den prediger auch
ihn sunderheit und alleine mugen ahnsprechen, umb
unterricht, radt und trost zu bekommen. Es sollen
die prediger als getrouwe zeelsorger die leute zur
oftmaligen communion vermanen und wichtige ur-

32 Überschrift in B.: Vom heyligen nachtmal des
Herren etc. — A.: Vom heiligen nachtmahl.

33 B., entsprechend A.: nachtmal.

34 Knien der Kommunikanten beim Sakramentsemp-
fang sah die KO von 1535 vor (vgl. oben S. 377 mit
Anm. 50; dazu Einleitung oben S. 321 mit Anm. 87).
Die Hoyasche KO von 1581 verlangt Kniebänke
für die Kommunikanten (vgl. Sehling VI, 2, 1150).
Gegenüber der Angleichung an den äußeren Ritus des
ersten Herrenmahls, wie sie in den ref. ostfriesischen
Gemeinden beim Abendmahl geübt oder doch erstrebt
wurde (vgl. oben S.340. 494. 633 f. mit Anm. 23; dazu
die Begründungen a Lascos und Microns oben S. 557,
Anm. 31), hält unsere KO hier den Ritus der sog.
Lüneburger KO fest. Ligarius hat sich in seinem
„De Adiaphoris Tractatus“ (vgl. dazu oben S. 687,
Anm. 37) auch zu diesen Riten geäußert: In primi-
tiva Domini coena fuerunt tres rerum classes, quae
scite sunt distinguendae: 1. Aliae enim res ex lege
Mosaica ortae cum eadem desierunt. 2. Aliae ex com-
muni more sunt ascitae, quem circumstantiae varie
mutant. 3. Aliae ex nova institutione, ob coenam
Domini coeptae cum ipsa quoque perdurant... Ex
more civili sumptus est accubitus in lectulis ad men-
sam, lotio pedum, osculum et fractio panis. Siqui-
dem multis olim gentibus hic mos fuit, ut in lectulis
accubantes, nudisque pedibus et discincti cibum cape-
rent... Sic etiam fractio panis consuetudo civilis fuit,
et quidem plurium gentium adeo vulgaris, ut fran-
gere panem significet, tum frustulationem tum distri-
butionem tum concaenationem facere... Mysticus
enim sensus non in frustulatione, sed in distributione
situs est. Siquidem textus agni Paschalis, quem Joh.
in passione Domine [!] tam accurate allegat: Ossa
eiusnoncomminuetis, Exod. 12 [46], Joh. 19[33 ff.],is
inquam textus frustularem communionem utriusque
agni aeque prohibet... [zur Brechung des Leibes

sache wissen dem volke ahnzuzeigen, warumb sie
oft und viel behoren zum tische des Hern zu gen. -
Die, so niemals oder ein raume zeit nicht zum tische
des Hern gewest, sollen ohne entzlan ahnsprechen 35
nicht zugelassen werden 36. - Die vormanung von
nachtmall des Hern soll nicht zwischen die fruhe-
predigt und hohepredigt (weil solches der zeit hal-
ben dem volke vast ungelegen), sundren einen pre-
digtag 37 zuvor geschen 38. Und soll auch die disci-
plin alsdan geburlich und nach nottrufft der sachen
geubet werden 39, da 40 zuvor der proceß nach Christi
regel (Matt. 18 [15 ff.]) gehalten oder die sache also
beschaffen, wie Paulus 1. Timoth. 5 in fin[e] meldet,
da die regel gilt: Die da sundigt, den straffe offen-
bar, auf das die andre sich auch furchten, 1. Ti-
moth. 5 [20] etc.

Christi vgl. bes. den Bericht des Gellius Faber, Ein-
leitung, oben S. 344, und Oldersumer Spendeformel,
oben S. 472, Anm. 42, dazu 1. K 11, 24; zur Abwei-
chung der Emder und Londoner Formeln gerade im
Hinblick auf die Brechung s. J.Weerda, Entste-
hung, 42 f.]. Paulus et Lucas faciunt sermonis aequi-
pollentiam... [Luk 22, 19; 1. K 11,24], l.Quia tota
salvatoris humiliatio, passioque et incarnatio est
ipsissima fractio panis de coelo, qua Deus Filium
suum, Filius seipsum ὲδωκεν..., Joh. 3 et 6, lege
nec non Rom. 8, Eph. 5 et ubique evangelii. Atque
hic idem panis coelicus etiam in coena Domini frangi-
tur, hoc est, erogatur non comminuitur. Distribu-
tio namque praecipuus scopus est, non frustillatio.
Ideo enim divisibile totum dividitm, et pluribus
dispensetur. Coelestis autem panis, ubique est in-
teger, nusquam particulatus... (Opera, Bl. 82 v ff.).

35 B. und A. haben hier außerdem: des predigers.

36 Ein seelsorgerliches Gespräch vor der Kommunion
sieht die KO von 1535 vor (vgl. oben S. 382 mit
Anm. 21a). Die Hoyasche KO von 1581 widmet der
Privatbeichte eine ausführliche Beschreibung (vgl.
Sehling VI, 2, 1145 ff.). Zum Ausbau bzw. zur Um-
gestaltung der Zulassungsordnung in Emden s. oben
S. 492 f. mit Anm. 51; vgl. auch oben S. 554 mit
Anm. 8.

37 B., entsprechend A.: eine predigt oder predigtag.

38 Hier ist anscheinend auf die Sitte, einen Vorberei-
tungsgottesdienst abzuhalten, Bezug genommen
(Vorbereitungsgottesdienste in Emden am Sonn-
abend vor dem Abendmahl; auch die Frühpredigt
am Sonntag wurde zur Vorbereitung verwandt; vgl.
KO von 1594, oben S. 493 f.).

39 Kirchenzuchtfälle im Vorbereitungsgottesdienst
(acht Tage vorher) abzuhandeln, war bei Micron in
Norden üblich gewesen (vgl. oben S. 628, Anm. 8).
Weiter verbreitete Sitte? 40 Druckvorlage: du.

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