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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0765
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Kirchenordnung 1573/74

specificiret und in ao. 70 vermeldet worden ist 55,
procederen und fortfahren 56.

Sectio tertia.

Zum dritten sollen zue diesem abendmahl deß
H. Christi keine personen, so offentlich in sunden
und lastern kegen daß gesetze deß Herrn und wie-
der der evangelischen bekentniße leben, liggen und
beharren, gelaßen werden.

Der siebende articul.

Von dem schändlichen laster deß floekenß.

Dewiele daß grauliche laster deß floekenß und
schwerendeß, leider, die oberhand genommen, wol-

55 Im Zusammenhang mit diesem Mandat ist vielleicht
folgende Bemerkung H. Hamelmanns, 799, zu se-
hen: Qui [Friedrich Russius]... effecit apud comitem
... Ericum . . ., ut... examen catechismi in omnibus
parochiis a prandio diebus dominicis exerceretur
semper... Vgl. dazu E. L. Rathlef, Geschichte der
KOO in der Grafschaft Hoya, in: Hannoverische
Beyträge usw. vom Jahre 1762, 1160 f. 1164 f.

56 Die Nienburger Stadtordnung von 1569 bestimmt:
Up allen Sondagen, auch hogen und anderden fest-
und vierdagen, wanner christliche ceremonien ge-
holden und dat heilsame gotliche wort gepredigt
werd, sollen die hußwerde und hußfrauen sovele
muglig tor kercken gahn, auch ihre kinder und ge-
sinde flitig darto fordern und vermahnen, dat sie na
gelegenheit der tidt und husser jo in die fro-, ander-
den oder dritten namiddagspredigken gahn...,
aver sich sunst up den gebadenen vierdagen, alse die
in der kerckenordnung namhaft stahn, inhalts der-
selvigen aller utterlichen arbeiden entholden“. Über-
treter dieses Gebots sollen mit einem Gulden be-
straft werden. „Up den Mitwecken und Frigdagen
sollen hußherrn und hußfrauwen gleicherwisse mit
ohren kindern tor bedmüsse und predigken koh-
men...“. (F. E. Pufendorf, aaO. 323 f.; H. Gade,
aaO. 199). Fast dieselben Bestimmungen enthält
schon Graf Albrechts zur Hoya Polizeiordnung von
1551 (aaO.); doch kennt sie für die Feiertage nur die
Früh- und die zweite Predigt, Wochenpredigten nur
am Freitag.

57 Gegen das Fluchen und Schwören des Volkes wendet
sich die Reichspolizeiordnung von 1548 in Tit. II
(Koch-Senckenberg, Neue und vollständigere
Sammlung der Reichs-Ahschiede. 1747, 2. Th., 590).
Wer gotteslästerlich flucht oder schwört, soll nach
einmaliger Vermahnung von dem, der es hört, bei der
jeweiligen Obrigkeit denunziert und mit dem Turm
oder einer Geldbuße gestraft werden. — Offensicht-
lich darauf fußend, wenden sich Graf Albrechts zur
Hoya Polizeiordnung von 1551 und die Nienburger
Stadtordnung von 1569 gegen die Gotteslästerungen
(Staats-A. Hann. Celle Br. Arch. Des. 72 XVIII

len wir unsern pastorn ernstfich befohlen haben,
daß sie jederman, er sey jung oder alt, vor sotanem
laster sich zu verwahrende ernstlich vermahnen,
damit sie den gottlichen zorne und unsere ungnedige
straffe vormaiten 57.

Der achte art[i]cull.

Von wicker- 58, zauber- und boferie 59.

Wollen wir unsern praedicanten durch unsere
graff- und herrschaften ernstlich befohlen haben,
daß sie wedder de grauliche sunder, der wahrsager,
töverschen 60, wickerey, boverschen, christallen-

Nr. 1a;F. E. Pufendorf, aaO. 323; H. Gade, aaO.
198 f.). Die Strafe wird jeweils bei Mißerfolg ver-
schärft; wenn Geldbuße und Gefängnis nichts nüt-
zen, erfolgt Landesverweisung.

58 Wickerei = Wahrsagerei, Wahrsagekunst; vgl.
Schiller und Lübben V, 706; Grimm, Deut-
sches Wörterbuch 14, 1, 2 (1959), 859.

59 = Büberei; vgl. Schiller und Lübben I, 410;
Lasch und Borchling I, 337. - Vermutlich stand
im ursprünglichen Text unserer KO: boterie (Auszug
von Ch. Funck: böterey; vgl. auch Ch. Lüpkes,
9). - Boterie = Besprechung, Beschwörung, Heilung
durch Segensformeln; vgl. Schiller und Lübben I,
406; Lasch und Borchling I, 333 f. - Bespre-
chungsformeln aus Ostfriesland (Alter?) s. bei
A. Thimme in: Niederdeutsche Zeitschrift f. Volks-
kunde 7 (1929), 33.

60 = Zauberinnen; vgl. Doornkaat Koolman III,
420. Über ostfriesische Hexenprozesse des 16. Jh.s s.
C. Borchling, Hausbuch, in: JbE 15, 1 (1903),
104 ff. (ebd. 122 ff. Mitteilung der Akten des Auricher
Hexenprozesses von 1543 und eines zweiten etwa
derselben Zeit angehörenden Prozesses aus den Pen-
borgschen Kollektaneen, von Eggerik Beninga kon-
zipiert). In Esens wurden 1586 drei (wegen angeb-
lichen Giftmords an der Gräfin Walpurga), in Witt-
mund 1590 zwei sog. Hexen verbrannt; vgl. ebd.
108 ff.; zum Esenser Hexenprozeß von 1586 auch
Reimers, Esens als Mittelpunkt Harlingerlands.
1924, 32 f. Einen Eindruck von den Auswirkungen
des Zauberglaubens in der benachbarten Grafschaft
Ostfriesland vermitteln auch einige Notizen, die hin-
ter einer Hs des Ostfriesischen Landrechts (Nieder-
sächs. Staats-und Universitätsbibliothek Göttingen,
Cod. Ms. jurid. 736, um 1567) eingetragen sind:
Anno 1543 sinnen to Aurig 18 toeversche und een
man verbrent, daerna de olde Bouwa to Embden
verbrent, und to Doernum sinnen oeck etlige ver-
brennt (Bl. 211 r). Anno 1562 am 10. Aprilis sinnen
Syben Weyts van Eylsrnn und Theyo van Haum toe-
veners tor Greet verbrent (Bl. 209 v). - Zum Auri-
cher Hexenprozeß von 1543 vgl. auch E. Beninga,

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