„scolseriver‘‘, die die Bürgerkinder Schreiben und Lesen lehren sollten29. Schule hielten auch die
Fraterherren30.
Im August 1581 trafen Sich Vertreter der Alt- und Neustadt im Gewölbe der St. Paulikirche
zwecks Beseitigung etlicher Mißverständnisse zwischen beiden Orten31. Der Hildesheimer Bürgermeister
Walter Knoke bezeichnete dabei die Vereinigung der Städte als erstrebenswert, etwa nach dem Muster
Braunschweigs, das aus fünf ursprünglich gesonderten Weichbildern zusammengewachsen war. Der
Gedanke fand zunächst bei der Neustadt wenig Beifall, da sie fürchten mußte, übervorteilt zu werden.
Nach einigem Hin und Her wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen. Zu Beginn des Jahres
1583 trat man zunächst mehr vertraulich zusammen, auf jeder Seite nur durch einen Mann vertreten.
Der Bischof beförderte indessen die Union. Ende Juli/Anfang August war der Unionsentwurf fertig
und wurde auf beiden Rathäusern heimlich beraten. Am 14. August wurde er beiderseits durch die städti-
schen Körperschaften angenommen ; am nächsten Morgen stimmten die Gemeindeversammlungen zu.
Fortan sollte Hildesheim als „‚eine Stadt" gehalten werden. Darauf zielten etliche
des Vertrages32. U.a. wurde ein gemeinsames Bürgerrecht geschaffen. Der Hildesheimer Rat wurde durch
das Hinzutreten von vier neustädtischen Ratspersonen zu einem "Samtrat“ erweitert. Dementsprechend
wurden auch der Altstädter „Regierung‘‘ gegebenenfalls je vier Personen von den Zwölfen und dem
Oldermann der Neustadt beigeordnet. Vereint mit dem Samtrat stellten Ste die „Samtregierung“ dar.
Jedoch wurde keine vollständige Vereinigung beider Weichbilder vollzogen. Die Neustadt blieb der Hoheit
des Dompropstes unterworfen. So behielten auch beide Orte die frühere eigene Verwaltung für innere
Angelegenheiten. Kirchen, Schulen und Armenwesen unterstanden der Sondergemeinde usw.33.
2. Anfänge der Reformation
Besonders früh fanden hier wie anderswo die reformatorischen Gedanken Gehör bei den Brüdern
vom gemeinsamen Leben; dort liefen Luthers Schriften schon zu Beginn des Jahres 1519 um1, Doch
sollte es noch mehr als 23 Jahre dauern, bis sich die Reformation durchsetzen würde. Zunächst hatte sie
in dem Rat, ebenso wie im Domkapitel, einen entschiedenen Feind. Unnachgiebigster Führer im Kampf
gegen die Reformation war Hans Wildefüer († 1541), seit 1526 Bürgermeister2.
29 Urkundenbuch VII, Nr. 413 vom 8. Juni 1461: Erklärung des Domscholasters Siegfried von Rössing vor dem
Rate, drei Schulschreiber zum Unterricht der Bürgerkinder zulassen zu wollen: ‚,... dat he deme rade to willen wolde
liiden hir bynnen Hildensem dre scolscriver, de der borger kinder scholden leren Scriven unde leszen...“.
30 Annalen und Akten der Brüder des gemeinsamen Lebens, 108ff. 124ff.
Zum ganzen Komplex vgl. J. Gebauer I, 252ff.
31 J. Brandis, aaO. 187; J.Gebauer, Vereinigung der Alt- und Neustadt Hildesheim, in: Zeitschrift Harzverein,
1911, S. 229.
32 Urkundenbuch VIII, Nr. 964: Unionsvertrag zwischen Alt- und Neustadt vom 15. August 1583: „„... Es sollen
forthin beide stette eine stadt sein, darvor geachtet und gehalten werden und durchaus Hildeszheim genant werden ...“.
Der Unionsrezeß auch bei Ph. J.Hillebrandt, 80ff.
33 Zum gesamten Komplex vgl. J. Gebauer II, 18ff. Zur Vereinigung des geistlichen Ministeriums unten S. 820f.
Zur Samtregierung auch unten S. 929 mit Anm. 2.
1 Vgl. H. A. Lüntzel, Die Annahme des evangelischen Glaubensbekenntnisses von Seiten der Stadt Hildesheim, 9ff.;
K. Kayser, Die Einführung der Reformation in der Stadt Hildesheim, 8; J. Gebauer I, 297.
2 Wildefüer war angeblich 1483 in Hildesheim geboren; als junger Mann stand er im Solddienst in Lübeck. Nach
Hildesheim zurückgekehrt, faßte er durch Heirat in den Kreisen der dortigen Ratsfamilien Fuß. 1510 wurde er
selbst Ratsherr. Während der Stiftsfehde war er Riedemeister. Am 7. Januar 1526 wurde er zum Bürgermeister
gewählt (vgl. H. Brandis, Diarium, 254; J.Gebauer I, 299; ders., Geschichte der Neustadt, 41). Wildefüer starb
am 28. 12. 1541 (vgl. Gebauer I, 318). Als anderes Datum wird das Jahr 1542 angegeben (so H.A.Lüntzel,
aaO. 35; K. Kayser, aaO. 10. J. Brandis, aaO. 52). 4. Bertram II, 115, Anm. 4. erklärt die Differenz damit,
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Fraterherren30.
Im August 1581 trafen Sich Vertreter der Alt- und Neustadt im Gewölbe der St. Paulikirche
zwecks Beseitigung etlicher Mißverständnisse zwischen beiden Orten31. Der Hildesheimer Bürgermeister
Walter Knoke bezeichnete dabei die Vereinigung der Städte als erstrebenswert, etwa nach dem Muster
Braunschweigs, das aus fünf ursprünglich gesonderten Weichbildern zusammengewachsen war. Der
Gedanke fand zunächst bei der Neustadt wenig Beifall, da sie fürchten mußte, übervorteilt zu werden.
Nach einigem Hin und Her wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen. Zu Beginn des Jahres
1583 trat man zunächst mehr vertraulich zusammen, auf jeder Seite nur durch einen Mann vertreten.
Der Bischof beförderte indessen die Union. Ende Juli/Anfang August war der Unionsentwurf fertig
und wurde auf beiden Rathäusern heimlich beraten. Am 14. August wurde er beiderseits durch die städti-
schen Körperschaften angenommen ; am nächsten Morgen stimmten die Gemeindeversammlungen zu.
Fortan sollte Hildesheim als „‚eine Stadt" gehalten werden. Darauf zielten etliche
des Vertrages32. U.a. wurde ein gemeinsames Bürgerrecht geschaffen. Der Hildesheimer Rat wurde durch
das Hinzutreten von vier neustädtischen Ratspersonen zu einem "Samtrat“ erweitert. Dementsprechend
wurden auch der Altstädter „Regierung‘‘ gegebenenfalls je vier Personen von den Zwölfen und dem
Oldermann der Neustadt beigeordnet. Vereint mit dem Samtrat stellten Ste die „Samtregierung“ dar.
Jedoch wurde keine vollständige Vereinigung beider Weichbilder vollzogen. Die Neustadt blieb der Hoheit
des Dompropstes unterworfen. So behielten auch beide Orte die frühere eigene Verwaltung für innere
Angelegenheiten. Kirchen, Schulen und Armenwesen unterstanden der Sondergemeinde usw.33.
2. Anfänge der Reformation
Besonders früh fanden hier wie anderswo die reformatorischen Gedanken Gehör bei den Brüdern
vom gemeinsamen Leben; dort liefen Luthers Schriften schon zu Beginn des Jahres 1519 um1, Doch
sollte es noch mehr als 23 Jahre dauern, bis sich die Reformation durchsetzen würde. Zunächst hatte sie
in dem Rat, ebenso wie im Domkapitel, einen entschiedenen Feind. Unnachgiebigster Führer im Kampf
gegen die Reformation war Hans Wildefüer († 1541), seit 1526 Bürgermeister2.
29 Urkundenbuch VII, Nr. 413 vom 8. Juni 1461: Erklärung des Domscholasters Siegfried von Rössing vor dem
Rate, drei Schulschreiber zum Unterricht der Bürgerkinder zulassen zu wollen: ‚,... dat he deme rade to willen wolde
liiden hir bynnen Hildensem dre scolscriver, de der borger kinder scholden leren Scriven unde leszen...“.
30 Annalen und Akten der Brüder des gemeinsamen Lebens, 108ff. 124ff.
Zum ganzen Komplex vgl. J. Gebauer I, 252ff.
31 J. Brandis, aaO. 187; J.Gebauer, Vereinigung der Alt- und Neustadt Hildesheim, in: Zeitschrift Harzverein,
1911, S. 229.
32 Urkundenbuch VIII, Nr. 964: Unionsvertrag zwischen Alt- und Neustadt vom 15. August 1583: „„... Es sollen
forthin beide stette eine stadt sein, darvor geachtet und gehalten werden und durchaus Hildeszheim genant werden ...“.
Der Unionsrezeß auch bei Ph. J.Hillebrandt, 80ff.
33 Zum gesamten Komplex vgl. J. Gebauer II, 18ff. Zur Vereinigung des geistlichen Ministeriums unten S. 820f.
Zur Samtregierung auch unten S. 929 mit Anm. 2.
1 Vgl. H. A. Lüntzel, Die Annahme des evangelischen Glaubensbekenntnisses von Seiten der Stadt Hildesheim, 9ff.;
K. Kayser, Die Einführung der Reformation in der Stadt Hildesheim, 8; J. Gebauer I, 297.
2 Wildefüer war angeblich 1483 in Hildesheim geboren; als junger Mann stand er im Solddienst in Lübeck. Nach
Hildesheim zurückgekehrt, faßte er durch Heirat in den Kreisen der dortigen Ratsfamilien Fuß. 1510 wurde er
selbst Ratsherr. Während der Stiftsfehde war er Riedemeister. Am 7. Januar 1526 wurde er zum Bürgermeister
gewählt (vgl. H. Brandis, Diarium, 254; J.Gebauer I, 299; ders., Geschichte der Neustadt, 41). Wildefüer starb
am 28. 12. 1541 (vgl. Gebauer I, 318). Als anderes Datum wird das Jahr 1542 angegeben (so H.A.Lüntzel,
aaO. 35; K. Kayser, aaO. 10. J. Brandis, aaO. 52). 4. Bertram II, 115, Anm. 4. erklärt die Differenz damit,
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