vorbotten und nichtoweiniger des vorstorbenen freunden gestattet werden, den nachlas umb geburlichen
wert an sich zu keufen. Was aber hiebevor den inwonern der hospitalen furschrieben, soll gehalten und
jeden hospitalsheren hirvon aus dem ratisgedenkbuich copia mitgeteilet werden. Actum den 20. No. ao. 89.“
12. Zuchtordnungen des Rates
Der Rat nahm sein obrigkeitliches Kirchenregiment in vieler Hinsicht wahr, wie aus obigem wohl
deutlich geworden ist. Von den Zucht- und Luxusordnungen, die der Rat erließ, teilen wir außer der
Eheordnung von 1543 und der Sittenordnung von 1562 noch die Ordnung vom 21. Mai 15971 mit, die ein
breites Panorama der Disziplinfürsorge des Rates zeigt. Im Einvernehmen mit dem geistlichen Mini-
sterium ist die darin enthaltene Ordnung für die Kopulation aufgestellt. Sie ordnet insbesondere die ein-
zuhaltende Zeit der Trauung. In demselben Jahr bestand besonderer Anlaß, sich um die öffentliche Zucht
zu kümmern : es grassierten Seuchen: Pest und Blutgang. Der Rat ließ eine Ordnung ausgehen, in der
er sich gegen einen besonderen Fall von Blutschande wandte, auf Begehren des geistlichen Ministeriums
Betmessen anordnete sowie Maßnahmen zur Verhütung von Ansteckung, Beisetzung verstorbener Un-
bußfertiger an einen besonderen Ort2 .
1 Text Nr. 14 nach einer Abschrift im Stadt-A. Hildesheim, Akte 173/1, Bl. 127-130. J. Brandis, aaO. 124,
berichtet von einer Hochzeitsordnung aus dem Jahre 1574: „Ein rat und ganze regemente bereiden eine ordenunge,
wo it scholde geholden werden mit den bruithuisen to holden. Men scholde nicht mehr up einen Sondag odder hilligen
dag, sondern up einen werkeldag bruithuis holden, men scholde keine aventkost, sunder middageskost holden, men
scholde eins tor kerken gan und twe dage bruithwis holden, item wat ein iglicher siner dochter na sinem stande
geven und in die kisten leggen scholde, item wo sich ein jung gesel na sinem stande kleden scholde. Und delen die
stende in 4 deil, wy ick des allen eine copien heffe. Solches wort ummegelesen den 17. Decembris. Almechtige
Got!“ 1577, anläßlich der Hochzeit Joachim Brandis’ des Jüngeren, wurde die Ordnung schon wieder geändert:
„Diewile aber uns solches ganß ungelegen was und up grote unkostunge lopen wolde, dat hier die frömden eine
nacht für der hoichzeit ankomen scholden, derhalven erlangede die vader mit bidde vam ganzen regemente nicht
lange für düssen dagen, dat uns nagegeven wort, die hoichzeit up den avent na older gewoinheit to holende, und
wort ok dardorch in gemeine frie gegeven, die hoichzeit up den avent wider antofangen.“ (Brandis, aaO. 150).
Über die Hochzeits- und Disziplinordnung vom Mai 1597? berichtet Brandis aaO. 412.
Stadt-A. Hildesheim, Akte 173/1, Bl. 85f.; Kirchenbuchamt Hildesheim, H. Min. 3, fol. 352f.: „Demnach laster
und schande allenthalben heufig zunimbt und in dieser gemeinde vielen frommen Christen nicht geringe ergenuße
geberet, indeme ezliche nicht allein mit allerhand vorbottenen commixtionibus sich beflecken, ungeachtet unser dar-
jegen statuirte und verbottene scharfe straffe, besonderen auch gegen die gottliche und gemeine beschriebene rechte
auch mit denen persoinen zu vormischen sich understanden, welche ihnen mit schwegerschaft so nahe vorwandt, daß
auch die rechte solche gemeinschaft austrucklich vorbieten und prohibiren, wie solcher concubitus vetitus sich
kurzer tage alhier mit ezlichen auch D. Harmanno Konerdinge und seiner verstorbenen frauwen schwester Emeren-
zien Sonnenbarges zugetragen, derwegen sie beide auch den austritt heimlich genommen und an andere orter gewichen.
Und aber ein erbar sambtrat, vierundzwanzig mann, olderman der gemeinheit, vier ambte und funf gilde, die ganze
lobliche sambtregierung beider weichsbilder in Hildeßheimb solches alles schmerzlich vornommen, und sich dabey er-
innert, daß Gott der almechtige wegen solcher begangenen sunde und bluitschande nicht alleine eine stadt, besondern
auch woll ein ganz land oftmals gestraffet, so hat die lobliche sambtregierung sich heutiges tages beradtschlaget und
einhellichlich voreiniget, daß D. Harmanno Konerdinge und Emerenzien Sonnenbarges auf angeregte ihre vor-
brechung und genommenen austritt, die zeit ihrer beider lebende der freie und sichere eingang in die stadt Hildes-
heimb hinwiederumb nicht eroffnet noch vorstattet und derogleichen ubeltat, wo sich derselbigen hinfuro einige zu-
tragen und begeben solte, welches Gott gnediglichen vorhuiten und abwenden wolle, am leibe gestraffet oder sonsten
nach gelegenheit mit ewiger vorwiesung verfolget werden solle. ... Actum den 8ten September anno etc. 97.“ (Die
Schlußausfertigung nur im H. Min. 3, fol. 352f.; Akte 173/1 führt den Text noch fort). Am 20. September 1597
bittet der Rat das Ministerium, die Verweisung des blutschänderischen Paares sonntags von den Kanzeln verlesen
zu lassen ; vgl. H. Min. 3, fol. 347b. Die Schwester der verstorbenen Ehefrau zu heiraten, war auch nach römischem
Recht verboten; vgl. Sehling, VI, 1, 224. Fortsetzung obigen Textes nach Akte 173/1: „Wan duch itzo Gott der
allmechtige unß wegen unser vielfaltigen sunde und mißetatt mit den greulichen straffen der pest jederzeit und
bluitgangeß heimsucht und dahero hochvannoten, daß wier von unsren sundlichen lebende abstehen und unß beßeren,
auch mit unseren andechtigen gebete Gott in die rute fallen mußen, alß ist von der loblichen sambtregierung der
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wert an sich zu keufen. Was aber hiebevor den inwonern der hospitalen furschrieben, soll gehalten und
jeden hospitalsheren hirvon aus dem ratisgedenkbuich copia mitgeteilet werden. Actum den 20. No. ao. 89.“
12. Zuchtordnungen des Rates
Der Rat nahm sein obrigkeitliches Kirchenregiment in vieler Hinsicht wahr, wie aus obigem wohl
deutlich geworden ist. Von den Zucht- und Luxusordnungen, die der Rat erließ, teilen wir außer der
Eheordnung von 1543 und der Sittenordnung von 1562 noch die Ordnung vom 21. Mai 15971 mit, die ein
breites Panorama der Disziplinfürsorge des Rates zeigt. Im Einvernehmen mit dem geistlichen Mini-
sterium ist die darin enthaltene Ordnung für die Kopulation aufgestellt. Sie ordnet insbesondere die ein-
zuhaltende Zeit der Trauung. In demselben Jahr bestand besonderer Anlaß, sich um die öffentliche Zucht
zu kümmern : es grassierten Seuchen: Pest und Blutgang. Der Rat ließ eine Ordnung ausgehen, in der
er sich gegen einen besonderen Fall von Blutschande wandte, auf Begehren des geistlichen Ministeriums
Betmessen anordnete sowie Maßnahmen zur Verhütung von Ansteckung, Beisetzung verstorbener Un-
bußfertiger an einen besonderen Ort2 .
1 Text Nr. 14 nach einer Abschrift im Stadt-A. Hildesheim, Akte 173/1, Bl. 127-130. J. Brandis, aaO. 124,
berichtet von einer Hochzeitsordnung aus dem Jahre 1574: „Ein rat und ganze regemente bereiden eine ordenunge,
wo it scholde geholden werden mit den bruithuisen to holden. Men scholde nicht mehr up einen Sondag odder hilligen
dag, sondern up einen werkeldag bruithuis holden, men scholde keine aventkost, sunder middageskost holden, men
scholde eins tor kerken gan und twe dage bruithwis holden, item wat ein iglicher siner dochter na sinem stande
geven und in die kisten leggen scholde, item wo sich ein jung gesel na sinem stande kleden scholde. Und delen die
stende in 4 deil, wy ick des allen eine copien heffe. Solches wort ummegelesen den 17. Decembris. Almechtige
Got!“ 1577, anläßlich der Hochzeit Joachim Brandis’ des Jüngeren, wurde die Ordnung schon wieder geändert:
„Diewile aber uns solches ganß ungelegen was und up grote unkostunge lopen wolde, dat hier die frömden eine
nacht für der hoichzeit ankomen scholden, derhalven erlangede die vader mit bidde vam ganzen regemente nicht
lange für düssen dagen, dat uns nagegeven wort, die hoichzeit up den avent na older gewoinheit to holende, und
wort ok dardorch in gemeine frie gegeven, die hoichzeit up den avent wider antofangen.“ (Brandis, aaO. 150).
Über die Hochzeits- und Disziplinordnung vom Mai 1597? berichtet Brandis aaO. 412.
Stadt-A. Hildesheim, Akte 173/1, Bl. 85f.; Kirchenbuchamt Hildesheim, H. Min. 3, fol. 352f.: „Demnach laster
und schande allenthalben heufig zunimbt und in dieser gemeinde vielen frommen Christen nicht geringe ergenuße
geberet, indeme ezliche nicht allein mit allerhand vorbottenen commixtionibus sich beflecken, ungeachtet unser dar-
jegen statuirte und verbottene scharfe straffe, besonderen auch gegen die gottliche und gemeine beschriebene rechte
auch mit denen persoinen zu vormischen sich understanden, welche ihnen mit schwegerschaft so nahe vorwandt, daß
auch die rechte solche gemeinschaft austrucklich vorbieten und prohibiren, wie solcher concubitus vetitus sich
kurzer tage alhier mit ezlichen auch D. Harmanno Konerdinge und seiner verstorbenen frauwen schwester Emeren-
zien Sonnenbarges zugetragen, derwegen sie beide auch den austritt heimlich genommen und an andere orter gewichen.
Und aber ein erbar sambtrat, vierundzwanzig mann, olderman der gemeinheit, vier ambte und funf gilde, die ganze
lobliche sambtregierung beider weichsbilder in Hildeßheimb solches alles schmerzlich vornommen, und sich dabey er-
innert, daß Gott der almechtige wegen solcher begangenen sunde und bluitschande nicht alleine eine stadt, besondern
auch woll ein ganz land oftmals gestraffet, so hat die lobliche sambtregierung sich heutiges tages beradtschlaget und
einhellichlich voreiniget, daß D. Harmanno Konerdinge und Emerenzien Sonnenbarges auf angeregte ihre vor-
brechung und genommenen austritt, die zeit ihrer beider lebende der freie und sichere eingang in die stadt Hildes-
heimb hinwiederumb nicht eroffnet noch vorstattet und derogleichen ubeltat, wo sich derselbigen hinfuro einige zu-
tragen und begeben solte, welches Gott gnediglichen vorhuiten und abwenden wolle, am leibe gestraffet oder sonsten
nach gelegenheit mit ewiger vorwiesung verfolget werden solle. ... Actum den 8ten September anno etc. 97.“ (Die
Schlußausfertigung nur im H. Min. 3, fol. 352f.; Akte 173/1 führt den Text noch fort). Am 20. September 1597
bittet der Rat das Ministerium, die Verweisung des blutschänderischen Paares sonntags von den Kanzeln verlesen
zu lassen ; vgl. H. Min. 3, fol. 347b. Die Schwester der verstorbenen Ehefrau zu heiraten, war auch nach römischem
Recht verboten; vgl. Sehling, VI, 1, 224. Fortsetzung obigen Textes nach Akte 173/1: „Wan duch itzo Gott der
allmechtige unß wegen unser vielfaltigen sunde und mißetatt mit den greulichen straffen der pest jederzeit und
bluitgangeß heimsucht und dahero hochvannoten, daß wier von unsren sundlichen lebende abstehen und unß beßeren,
auch mit unseren andechtigen gebete Gott in die rute fallen mußen, alß ist von der loblichen sambtregierung der
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