Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0192
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Schulordnung 1574/1618

leut am ausgang nicht verhindert werden, fein zuch-
tig zusammentreten und des rectoris rede anhören,
hernach in aller stille sich zuhauß verfugen. So sich
auch etzliche knaben auß der riege14 machen und
davonlaufen wurden, sollen sie zu gelegener zeit ihr
gebührliche straffe gewertig sein.
6. Die burgerskinder, so das alter erreicht, und
die paedagogi in einer jeglichen pfarr sollen zum ge-
brauch des abendmals sich fleissig einstellen, und
damit der rector desselben wiessenschaft haben
möge, soll ihm kegen ein jedes examen von einem
jeglichen paedagogo ein zettei uberantwort werden,
welches sein pastor alß ein zeugnuss mit eigener
hand unterschreiben, wenn und wie oft er sich bei
solcher himmelsmahlzeit habe finden lassen.
II. Von der schulzucht.
1. Fur allen dingen sollen die ankommende scho-
laren ihrer religion vom rectore mit ernst examiniret
und keine, die unser lehr nicht zugetan, oder von
verdechtigen ortern angelangen, aufgenommen wer-
den. Denn man wol erfahren, das solche gesellen eine
gute zeit sich under dem schein unser religion bey
unß aufgehalten und unser woltat schendlich miß-
braucht, und wenn sie geiegenheit ersehen, sich zu
den Jesuiten und ihren glaubensgenossen mit
grossem ergernus der andern wieder abgewandt,
darumb einer guten aufsicht höchlich vonnöten ist.
2. Die lectiones sollen in unser schull in den frue-
und mittagsstundeng mit einem schönen gebett und
collecten auf den klockenschlag angefangen. Mit
solchen gebett sollen sich alle stunden zur lection
anfangen, sollen auch mit gebet und danksagung
aus dem iateinischen gesangbuchlein, welches in

g 146/24: nachmittagsstunden
h 146/24: ,,damit" fehlt.
i 146/24: + , die wol zu jaren kommen,
k 146/24: daruber
14 =Reihe; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
VIII, 922.
15 Ein altes Gesangbuch von Henningus Dysius (Kan-
tor seit 1537): ,,Sylloge precum et hymnorum
scholasticorum sub intervallis lectionum decantan-
dorum pro schola apud Hildemenses Andreana
facta" erwähnt G. O.Fischer, Geschichte des
Gymnasium Andreanum, 74.

unser schul ublich und breuchüch15, geschlossen und
geendiget werden, und soll allhie ein jeder schul-
diener, dem es geburet, wie droben bei ihrem ampt
schon gemeldet, anfangs dabei sein, den gesang an-
fangen und mit aussingen, alß der nicht weniger
Gottes gnad und den h. Geist alß die knaben zu
seinem ampt bedurftig ist.
3. Nach dem gesang sollen, wo nicht alle tage,
doch zu bestimpter zeit, von allen tagen, in einer
jeden classen die absentes examinirt werden, damith
die praeceptores wiessen mögen, ob ihre schuler vor-
handen oder nicht, und das die, so da schülen16
(wie man sagt) oder sonst neben hingehen, nach
gepur ihre straffe empfahen.
4. Unter allen lectionibus soll der Catechismus
Lutheri latine et germanice in allen classibus fleis-
sig getrieben werden. Denn es befind sich, das die
kleinen und ankommende knaben gar zu langsam,
zum teil auch gar zu ubel und unrecht den Catechis-
mum lernen, ja es begibt sich oft, das grosse knabeni
aus prima und secunda classe nicht die wort des
Catechismi können recitiren und hersagen, wenn sie
Mittwochens in der kirch betroffen und darumbk
gefragt werden, das es nicht allein den schuldienern,
sonderlich auch allen andern, denen die schul be-
fohlen ist, zum hohn und spott gereicht.
Darumb so wollen wir, das hinfort mehr und bes-
ser fleiß angewendet werden sollen, damit die kna-
ben alß zum beten und Catechismo gehaltenwerden,
das sie es gewiß und recht lernen, erstlich den worten
nach, bey den sextanern und quintanern, hernach
mit der auslegung Lutheri, also das sie ihn fur der
gemeine in der kirchen und so oft es von ihnen
erfordert wird, fein fertig daher konnen recitiren
und solches nicht auf einen oder zweyen beruhe.
18 =schwänzen, vgl. Schiller und Lübben lV,
147f.; Lasch und Borchling II, 157f.
17 Kurz nachdem die dritte Wittenberger Buchausgabe
von Luthers Kleinem Katechismus zum Versand ge-
kommen war (13. Juni 1529), erschienen dicht hin-
tereinander zwei lateinische Übersetzungen, eine
vielleicht von Georg Major verfaßt (Ende August),
die andere von Johann Sauermann (September). Im
Konkordienbuch wurde für die Vorrede die vermut-
lich von Major stammende Übersetzung (abgedruckt
in Bd. 5 der Wittenberger lat. Ausgabe der Werke
Luthers 1554 nach der Neuauflage von 1543), für
den übrigen Katechismus die von Selneccer korri-

917
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften