11. Einhelliger radtslag auf das ministerium und vormeretes consistorium
in matrimonialsachen.
[1589]1
Demnach der loblichen sambtregierunge2aufliet,
dahin zu sehen, darmit alle stende dieser christ-
lichen gemein bey friede, einigkeit, ihrem ruhe-
lichen wesen unverrucket bleiben, und dagegen
keine einige ursache von ihren so geistlichen so
weltlichen untertanen gegeben werden muge, und
aber ir gleichwol furbracht, das im erwurdigen mini-
sterio, darauf die ganze gemeine allenthalben und an
allen ortern fleissigen respekt hat, die furige gele-
genheit nicht allerdinge behalten, sondern dagegen
etliche, wiewoll Godt lob nochmaln geringe mis-
forstende furfallen wollen, als hat gedachte lobliche
sambtregierunge der hochsten nottorft erachtet,
denselben sich erreugenden3menglen, in der zeit,
ehe sie sich heufeten, wuchssen und die uberhand
nemen, mit aller bescheidenheit furzukommen, und
1Druckvorlage: Stadt-A. Hildesheim, Hs. Alt-
stadt 154, Bd. I, fol. 200-206. Kanzleireinschrift.
2 Im Unionsvertrag zwischen Alt- und Neustadt vom
15. August 1583 lauten die für die gemeinsame Re-
gierung entscheidenden Artikel: ,,7. Der ganzen hil-
desheimischen ohgesatztermaßen bestalter regirunge
sollen vier personen aus dem neustettischen rate,
unter welchen die beiden burgermeistere, bey den
rat der stadt Hildeßheim, deßglichen vier personen
aus den zwolf man zu den vierundzwanzich mannen
in Hildeßheim, gleichermaßen vier neustettische
olderleute den hildesheimischen olderleuten zuge-
satzt werden. Dieselbigen sollen das haubt der gan-
zen stadt uber alle hurgere durchaus sein und der
große oder sambtliger rat genant werden, so in ge-
meinen stadtsachen zu raten und zu regieren und
auf das altestadt rathauß, wehn das notich, oder zu
gewißen zeiten wochentlich zu rate sich vorsamblen.
8. Dem großen, gemeinen oder sambtrate, so also
von beider orter regierunge vorordenet in genere
und keinem in specie allein oder deren sembtligen
beveheligten sollen die burger durchaus durch die
alte und neustadt einen burgerlichen eid, wehn man
daß jerlige schos gibet, leisten und sich die reigi-
runge mit der burgerschaft und die burgerschaft mit
der regirung durchaus dahin vorwandt machen,
einer dem andern getreu und hold zue sein"; vgl.
Urkundenbuch VIII, Nr. 964. Über die Bildung des
,,Samtrates" bei der Vereinigung von Altstadt und
Neustadt berichtet Joachim Brandis' des Jünge-
ren Diarium, 200: ,,Und alse solches einer den ande-
hat darumb heutigs tags, war der 16. Decembris
dieses noch laufenden neunundachzigsten jahis, sich
darauf in dem namen Gottis einhellich, wolbe-
dechtich beraten, voreiniget und geschlossen, das
eine wolmeintliche errinnerung und anweisung an
vielgedachts erwurdiges mynisterium furgenomen
werden solte, nicht zweivelende, dasselbe in gemein,
dan dessen alle und jede personen werden sich dis
furnement mitnichten widerwertich, sondern viel-
mehr zum treuligsten gefellich und bevohlen sein
lassen, und sich demnach ahne ferner erinnernt aller
gebuer, aufligender hogsten ambtspflicht in allen
und jeden punkten sowoll gegen gedachte regie-
runge, ire christliche obrigkeit, die ganze gemein
und deren beiderseiz folgere, alß gegen ihren super-
intendenten4, seniorn und gegen sich selbst unter-
ren fürstendiget, woirden de dor [ = Tore] na der
Nienstat geopent, und kemen alle die burger ut der
Nienstat in die Oldenstat, bie paren gande. De rat
und 12 man ut der Nienstat gingen boven up rathuis
to unsen hern, die gemeinen borger kemen to uns up
dat wanthuis. — Up der ratdornsen [ = Ratsstube]
worden beiden burgermeistern und 2 ratspersonen
im ratstoil or stidde gewiset, und doin die personen
im sittenden samptrade ein nie eit, und de nasampt-
rade dede wedderumme dem sittenden rade ein nie
eit, darna die 4 personen ut den 12 mannen, so in
den 24 mit sitten, ok dem rade ein sunderlich eit. Na
fürrichtunge solches, dat sich die samptrat mit
eiden tosamde gesetzet, komen sie samptlich her-
under to den borgeren beider stede...". Vgl. F.
Arnecke, 207.
3 = sich zutragenden, sich begebenden; vgl. Grimm,
Deutsches Wörterbuch III, 784f. 787f.
4 Das Amt des Superintendenten in Hildesheim ist
durch die KO begründet; vgl. S. 847f., Anm. 8;
S. 857f. mit Anm. 7. Erster Superintendent wurde
Justus Isermann; vgl. S. 806 (1543-1551). 1547
wurde zugleich Justus Jonas zum Superintendenten
berufen, der aber schon nach wenigen Wochen wie-
der nach Halle zurückkehrte; zur Berufung Jonas'
vgl. CR VI, 553 f.; zum Aufenthalt in Hildesheim
vgl. G. Kawerau, Der Briefwechsel des Justus
Jonas II. 1885/1964, S.229ff., Nr. 844ff.; J. B.
Lauenstein II, 4 § 2 berichtet, Jonas sei Helfer
Isermanns gewesen und habe wegen des Interims
Hildesheim verlassen; für die Annahme, daß Jonas
12 Sehling, Niedersachsen II/2
929
in matrimonialsachen.
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Demnach der loblichen sambtregierunge2aufliet,
dahin zu sehen, darmit alle stende dieser christ-
lichen gemein bey friede, einigkeit, ihrem ruhe-
lichen wesen unverrucket bleiben, und dagegen
keine einige ursache von ihren so geistlichen so
weltlichen untertanen gegeben werden muge, und
aber ir gleichwol furbracht, das im erwurdigen mini-
sterio, darauf die ganze gemeine allenthalben und an
allen ortern fleissigen respekt hat, die furige gele-
genheit nicht allerdinge behalten, sondern dagegen
etliche, wiewoll Godt lob nochmaln geringe mis-
forstende furfallen wollen, als hat gedachte lobliche
sambtregierunge der hochsten nottorft erachtet,
denselben sich erreugenden3menglen, in der zeit,
ehe sie sich heufeten, wuchssen und die uberhand
nemen, mit aller bescheidenheit furzukommen, und
1Druckvorlage: Stadt-A. Hildesheim, Hs. Alt-
stadt 154, Bd. I, fol. 200-206. Kanzleireinschrift.
2 Im Unionsvertrag zwischen Alt- und Neustadt vom
15. August 1583 lauten die für die gemeinsame Re-
gierung entscheidenden Artikel: ,,7. Der ganzen hil-
desheimischen ohgesatztermaßen bestalter regirunge
sollen vier personen aus dem neustettischen rate,
unter welchen die beiden burgermeistere, bey den
rat der stadt Hildeßheim, deßglichen vier personen
aus den zwolf man zu den vierundzwanzich mannen
in Hildeßheim, gleichermaßen vier neustettische
olderleute den hildesheimischen olderleuten zuge-
satzt werden. Dieselbigen sollen das haubt der gan-
zen stadt uber alle hurgere durchaus sein und der
große oder sambtliger rat genant werden, so in ge-
meinen stadtsachen zu raten und zu regieren und
auf das altestadt rathauß, wehn das notich, oder zu
gewißen zeiten wochentlich zu rate sich vorsamblen.
8. Dem großen, gemeinen oder sambtrate, so also
von beider orter regierunge vorordenet in genere
und keinem in specie allein oder deren sembtligen
beveheligten sollen die burger durchaus durch die
alte und neustadt einen burgerlichen eid, wehn man
daß jerlige schos gibet, leisten und sich die reigi-
runge mit der burgerschaft und die burgerschaft mit
der regirung durchaus dahin vorwandt machen,
einer dem andern getreu und hold zue sein"; vgl.
Urkundenbuch VIII, Nr. 964. Über die Bildung des
,,Samtrates" bei der Vereinigung von Altstadt und
Neustadt berichtet Joachim Brandis' des Jünge-
ren Diarium, 200: ,,Und alse solches einer den ande-
hat darumb heutigs tags, war der 16. Decembris
dieses noch laufenden neunundachzigsten jahis, sich
darauf in dem namen Gottis einhellich, wolbe-
dechtich beraten, voreiniget und geschlossen, das
eine wolmeintliche errinnerung und anweisung an
vielgedachts erwurdiges mynisterium furgenomen
werden solte, nicht zweivelende, dasselbe in gemein,
dan dessen alle und jede personen werden sich dis
furnement mitnichten widerwertich, sondern viel-
mehr zum treuligsten gefellich und bevohlen sein
lassen, und sich demnach ahne ferner erinnernt aller
gebuer, aufligender hogsten ambtspflicht in allen
und jeden punkten sowoll gegen gedachte regie-
runge, ire christliche obrigkeit, die ganze gemein
und deren beiderseiz folgere, alß gegen ihren super-
intendenten4, seniorn und gegen sich selbst unter-
ren fürstendiget, woirden de dor [ = Tore] na der
Nienstat geopent, und kemen alle die burger ut der
Nienstat in die Oldenstat, bie paren gande. De rat
und 12 man ut der Nienstat gingen boven up rathuis
to unsen hern, die gemeinen borger kemen to uns up
dat wanthuis. — Up der ratdornsen [ = Ratsstube]
worden beiden burgermeistern und 2 ratspersonen
im ratstoil or stidde gewiset, und doin die personen
im sittenden samptrade ein nie eit, und de nasampt-
rade dede wedderumme dem sittenden rade ein nie
eit, darna die 4 personen ut den 12 mannen, so in
den 24 mit sitten, ok dem rade ein sunderlich eit. Na
fürrichtunge solches, dat sich die samptrat mit
eiden tosamde gesetzet, komen sie samptlich her-
under to den borgeren beider stede...". Vgl. F.
Arnecke, 207.
3 = sich zutragenden, sich begebenden; vgl. Grimm,
Deutsches Wörterbuch III, 784f. 787f.
4 Das Amt des Superintendenten in Hildesheim ist
durch die KO begründet; vgl. S. 847f., Anm. 8;
S. 857f. mit Anm. 7. Erster Superintendent wurde
Justus Isermann; vgl. S. 806 (1543-1551). 1547
wurde zugleich Justus Jonas zum Superintendenten
berufen, der aber schon nach wenigen Wochen wie-
der nach Halle zurückkehrte; zur Berufung Jonas'
vgl. CR VI, 553 f.; zum Aufenthalt in Hildesheim
vgl. G. Kawerau, Der Briefwechsel des Justus
Jonas II. 1885/1964, S.229ff., Nr. 844ff.; J. B.
Lauenstein II, 4 § 2 berichtet, Jonas sei Helfer
Isermanns gewesen und habe wegen des Interims
Hildesheim verlassen; für die Annahme, daß Jonas
12 Sehling, Niedersachsen II/2
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