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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0033
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Die Errichtung des Stipendiums und der Stipendiatenanstalt in Marburg29 erlangt besondere Be-
deutung30, wird doch dadurch jedem hessischen Bürger31 der Besuch der Universität möglich gemacht32.
Das Stipendienwesen in Hessen durchläuft eine vielfältige Entwicklung: 1529 wird das Stipen-
dium errichtet (Text Nr. 2), durch die Gefangenschaft Philipps erfährt seine Ordnung eine längere
Unterbrechung; die Stipendiatenordnung von 1560 (Text Nr. 16) schließlich gibt dem Stipendienwesen
eine relativ feste Gestalt33.

3. Der Kasten (Texte Nr. 3. 6. 17. 19)
Literatur: W. Diehl, Neue Funde zur Geschichte der Kastenordnungen des Landgrafen Philipp von Hessen,
ZKG 32, 1901. - W. Köhler, Aktenstücke zur hessischen Reformationsgeschichte, ZhistTh NF 31, 1867. - W. Mau-
rer, Die hessischen Kastenordnungen, Jahrbuch 4, 1953. — E. Münsterberg, Bibliographie des Armenwesens,
1900 (Nachträge 1902. 1906). - G. Freiherr Schenk zu Schweinsherg, Beiträge zur hessischen Kirchengeschichte
III. Die älteste hessische Kirchenkastenordnung (1530), AHG NF 1, 1894. — G. Uhlhorn, Geschichte der christ-
lichen Liebestätigkeit, 1882—1890.
Ausgangspunkt der Entwicklung bildet die Frage nach der Verwendung und Verwaltung der Gefälle
der geistlichen Lehen, der Bruderschaften und Kalande34. Letztere waren größtenteils ihrem kirchlichen
Charakter entfremdet und dem gemeinen Nutz dienstbar gemacht worden35.
Am Ende einer ersten Entwicklungsphase36 steht die Kastenordnung von 1530 (Text Nr. 3) 37-38.
Sie bemüht sich um Herausarbeitung der für den Kasten verantwortlichen Personen (Pfarrer und
Kastenmeister) und ihrer Aufgaben und andererseits um die allgemeinen Bestimmungen über die Ver-
wendung des Kastengutes (Besoldung der Prediger - bald auch der Schulmeister - und Unterstützung
der Armen und Kranken). Insofern eine Unterstützung aus dem Kasten von der Würdigkeit ihrer
Empfänger abhängig gemacht wird, dient die Kastenordnung zugleich der Ausübung einer christlichen
Kirchenzucht39.
Eine zweite Ordnung vom 17. Januar 1533 (Text Nr. 6)40 zeigt die weitere Entwicklung des
Kastenwesens auf: Die Ordnung verbietet die artfremde Anlegung des Kastengutes; die Aufgaben des
29 Die Errichtung eines Stipendiums ist schon in der Reformatio ecclesiarum Hassiae cap. 32 gefordert, angeordnet
wird es im Stiftungsbrief, vgl. Hildebrand Nr. III, 19 f. S. 13 ff.
30 Zur Bedeutung des Marburger Stipendiums für die Stipendiatenanstalten in Tübingen, Wittenberg und Jena vgl.
Hermelink, 13. 71 und die dort angegebene Literatur.
31 Ausländer sollen nur genommen werden, wenn die Zahl der Stipendiaten durch Einheimische nicht erfüllt wird.
32 Das mittelalterliche Kollegiensystem war im ganzen in der Reformationszeit dahingefallen, man stellte es jedoch
für die Stipendiaten mit Internat, Aufsicht und Prüfung wieder her, vgl. Paulsen I, 234. 262.
33 Am 13. März 1566 erlassen Landgraf, Superintendenten, landgräfl. Räte und der Rektor der Universität einen
Abschied die Stipendiatenordnung betreffend. Der Abschied regelt vor allem den finanziellen Teil des Stipendiums
(vorhanden: St. Goar, Stifts-u. Superintendenturarchiv Stck 5 Nr. 14 und StA DarmstadtV A 2 K. 1 f. 4, letzteres
mit dem Verzeichnis der Stipendien der Landgrafschaft). Die Ordnung des Stipendienwesens beschäftigt auch die
Generalsynoden, vgl. deren Abschiede, S. 350. 376.
34 Vgl. den Denkzettel Philipps über die Reformation (Quellen II, 37), die landgräfliche Instruktion für die Visi-
tatoren (Quellen II, 57, 5.6) und den landgräflichen Befehl, durch das ganze Land Gotteskasten aufzurichten
(Quellen II, 63).
35 Vgl. Sohm, Territorium 62.
36 Vgl. Sohm, Territorium 60 ff.
37 Die Sigla der einzelnen Ordnungen sind von Sohm, Territorium 180 ff. und Maurer, Kastenordnungen 36 f.
ühernommen. Hinzu kommt das Siglum V = die Kastenverordnung von 1564 (Text Nr. 17).
38 Über die Datierung der Ordnung auf Frühjahr 1530 vgl. Sohm, Territorium 181 f. (im Gegensatz zu Diehl
441 f.). — Zu der Frage einer „vor S existierenden Ordnung, die offenbar durch S aufgenommen und verdrängt
worden ist“, vgl. Maurer, Kastenordnungen 5 f.
39 Sohm, Territorium 66f. und Diehl 463.
40 Unter dem 17. Januar 1533 existieren zwei Ordnungen: C und A; letztere ist (nach Maurer, Kastenordnungen
37) für die Darmstädtische Visitation von 1628 geschaffen worden, in deren Akten sie sich auch befindet.

2 Sehling, Bd. VIII, Hessen I

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