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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0089
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Kirchendienerordnung 1531

die amtleut und, wo das nit hilfet, den stadthalter,
canzler und rete ansuchen, die sollen ihnen ernst-
lich zu helfen schuldig sein. Auch sollen sie ein
vleißig ufsehen haben uf die kasten und der armen
versehung, daß die gehalten werden laut der hie-
vor ufgerichten ordenunge15 und, was mangelt,
mit ernst reformiren und besseren und auch, so
ihne das zu schwere werden wolt, die oberkeit, wie
obgemelt, ersuchen. Es sollen auch die vom adel
im lande ersucht werden, daß Sie ihre pfarren, ane
mittel under ihnen gelegen, auch visitiren lassen
in maßen wie obgemeldt.
[5] Es soll ein visitator nicht mehr dan zwei
pferde, es were dan, daß er so gebrechlich were,
daß er zu wagen mit muste faren, haben, so soll
er auch zwei oder drei pferde vor dem wagen ha-
ben und daruber nicht. Item der visitator soll mit
seinem diener sich selbst verlegen und die zerung,
so viel muglich, fliehen; und wilcher pfarher oder
diener bei ihme zu schaffen hat, der soll sich auch
selbst verzeren. Darzu soll einem jeden 40 gulden
des jars verordenet werden an einem beneficio oder
sonst auf einem kloster oder geistlichen gefelle,
davon soll er rechnung tun im synodo; und was
ubrig ist, soll der visitacion zu gut komen. Will
aber mangeln, soll mit der verlegung nochgevolgt
werden; und darauf muessen s.f. g. gedenken, woe
man das nemen soll, damit sie nicht hie und dort
ansuchen dorfen, auch s.f. g. mit den zerungen in
amten unbeschwert pleiben; dann gewiß ist das,
daß die zerung uf essezeddel in den amten vier
mahel so viel stehen wirdet als diese, so sich der
visitator selbst verlegt, dan da wirdet ein großer
zuschlag, kumt dieser und jener, numt sich ge-
scheft ane, der will dan mit zeren; ausgeschaiden
zu Cappel, da soll man den superintendenten uf
ihre pferde futer geben, aber das mal sollen sie
bei dem vogt oder wir[t] zeren, der soll ihne auch
ihre lager bestellen.
[6] Nochdem sich meister Adam beklagt, daß
ane etlichen orten neu und zu zeiten seltzame
dinge von der tauf, von der person Christi und

15 Vgl. die Kastenordnung von 1530 S. 68f.
16 Der Abschnitt 7 lag im Sommer 1536 dem Kasseler
Ausschuß zur Vorbereitung einer Wiedertäuferord-

andern sachen gepredigt werde, so ist von noten,
daß in der visitacion vor allen dingen bei allen pre-
digern geschaffet werde, daß keiner etwas neues
oder also ungewonlichs zu predigen furneme oder
anfahe bei suspension oder abweisung von seiner
pfarre. Uberkommet aber einer ein gabe und wirdet
ihme etwas ingegeben, der soll das zu zeiten des
synodi den superintendenten anzaigen, die sollen
das iudicirn und urtailen und es zulassen oder ab-
schlagen, nach dem es recht sein wirdet.
[7] Dieweil16 itzt viel irrung einfallen mit der
widdertauf, so will vonnotten sein, darin ein vlei-
ßig ufsehen zu haben, damit die sucht weiter nit
einreiße. Derhalben ist bei uns fur gut angesehen
und beschlossen, wilcher befunden, der in dem
argwonig sein wirdet, den soll sein pfarrer vleißig
befragen und so er das gestehet und der pfarrer
ihne nit berichten mag, daß er bues an sich neme
und sich bekere, soll er den dem superintendenten
seins kreises zuschicken und demselben schrei-
ben, wie das mensche geschickt sei. Der sall den
vor sich fordern und mitsamt zweien oder dreien
gelerten pfarhern auch understehen zu berichten.
Will er sich dan berichten lassen und bekennen,
ists das erst mal, soll man es dabei lassen, ist es
das ander mal, so soll man ihme das uflegen, daß
er in angesicht der kirchen seinen irtumb und
sunde bekenne und dweil er die gemeine gottes ge-
ergert habe, sie umb verziehung bitten und ver-
heißen soll, sich hinfuro zu bessern und in christ-
licher gemeine und gehorsam zu pleiben und kei-
nen widertaufer hinfuro in seine hausung zu ne-
men oder mit keinem gemeinschaft zu haben.
Komet er zum dritten mal, so soll man ihne wie
zum andern mal aufnemen. Darzu soll er das halb
tail seiner guter verkaufen one widderrede, er habe
kinder oder keine, sei reich oder arm, und in den
kasten vor die armen geben. Und das soll der amt-
man an dem ort auf ihre ansuchen und auch fur
sich selbs exequiren und ausrichten und das also
zu tun schuldig sein.
Wilcher sich aber nicht bekeren oder underrich-
nung vor. Er weist Korrekturen von der Hand des
Kanzlers Feige und des Superintendenten Johannes
Fontius auf, vgl. den Abdruck Quellen IV, 47 R.

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