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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0091
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Kirchenordnung 1532

[5.] Ordenung der Christlichen kirchen in furstenthumb zu Hessen
1532 1

Den werdighen und wolgelerten pharhern und
predicanten des furstentums zu Hessen, unsern in
Christo gelipten hern und brudern, gnad und frid
von got unserm vatter und Jhesu Christo, unsern
hern, amen. Es solle nimant davor achten, liben
bruder, als wolten wir die herzen der freien chri-
sten mit diser ordenung als mit geferlichen sele-
stricken von neuwen widerumb zum nachteil der
gewissen gefangennemen, die wir von gnaden gots
wole wissen, was unser freiheit sei in Christo. Auch
wozu und wie fern der ceremonien breuch dinst-
lich seint der salbung des geistes2, so inwendig im
gewissen leret, weichen wir mit ehrerbietung willig
und gern, aber umb eußerlichs frides willen in der
gemein unter den einfeltigen zu erhalten, haben
wir diser ordenung uns aus lieb bewegt verglichen,
pitten derhalben euch alle und ide pharhern und
kirchendiner des furstentumbs zu Hessen, daß ihr
so viele dise ordenung der eußerlichen kirchen-
breuch belanget, mit uns (doch on begebner und
onverletzter freiheit) um lieb willen, frides, ein-
heit glich wollet gesinnet sein, den man je wole
sehen mag, was wir hiemit suchen und begern,
nemlich nichts anders den forderung gotlichs worts
und frid der gemein zumb preis gots, amen. Geben
zu Hombergin Hessen in sinodo3, Viti4 anno etc. 32.
Von den feirtaghen
Nachdem bis anher ein lange zeit ein unter-
scheid der tage in der kirchen nicht sonder her ge-
wesen, wollen wirs forter (ufgehaben allen unter-
scheid zwissen tagen und tagen) also halten:
Zum ersten alle sontage, dem christag, circurn-

1 Hdschrftl. Original: Marburg StA, 22 a 1 Pak. 3.
Abdrucke: Richter I, 162 ff.; Quellen II, 236.
Druckvorlage: Original.
Bibliograpbie: Quellen II, 236.
Zu Pragen der Einleitung vgl. S. 19 f.
2 Vgl. Reformatio cap. 11, S. 51 und Unterricht der
Visitatorn, Vom Sacrament der Taufe WA 26, 213.
3 Die Kirchendienerordnung von 1531 [4] siebt eine
jährliche Synode am St. Vitistag in Cappel vor, je-
doch haben die Synoden, die von 1532 bis 1536 nach-
weisbar sind, nie in Cappel stattgefunden.

cisionis5, epiphanie6, ostern, himelfart, phinxten,
annunciationis7, purificationis8, visitationis9 sal
man sich aller andern arbeit, in sonderheit aber
fressens und saufens, spilens und unnutzes mussig
gangs enthalten und allein zumb gotlichen wort
und breuch der sacrament schicken, in der versam-
lung der gemeinen beten, singhen und got loben
vor und nach mittag mit allem hausgesind und,
wo imant uff gemelte tage ungehorsamlich sich mit
verachtung des worts uf andere unnutze ubunge
ergeben wurde, sol gepurlicher straff (in den armen-
casten) verfallen sein. Nicht sagen wir, daß dise
tage besser oder heiliger seint dan andere, sonder
daß solchs des gemeinen mans und der ungelerten
jugent, dermaßen furgnomen, hohe notturft er-
fordert, welches sonst, durch ihre arbeit verhindert,
nicht zeit haben, zum weinigsten die notturftigest
stuck christelichs glaubens zu leren; uberdas ist
auch sonst bruderlich und civile, daß man beide,
menschen und viehe, zun zeiten ihre reuw lasse.
Uf die tage apostolorum nemlich Mathie10, vin-
cula Petri11, conversionis Pauli12, Jacobi13, An-
dree14, nativitatis Joannis baptiste15, decollationis
eiusdem16, Magdalene17 umb der schonen evan-
gelien und historien willen, bei den evangelisten und
actis bescriben, lassen wir uns gefallen, daß man
sich vormittag zur predige und nachmittag zur
arbeit (saufen und mussigang zu vermeiden) fuge
und schicke.
Von sontagen und festen
Uf die sontagen und festen gefelt uns, daß man
leute noch eines iden orts gewonheit und eines
4 15. Juni. 5 1. Januar. 6 6. Januar.
7 25. März. 8 2. Februar. 9 2. Juli.
10 24. Februar (im Schaltjahr 25. 2.), Lekt. Act 1, 15
bis 26.
11 1. August, Lekt. Act 12, 1-11; Evgl. Mt 16, 13-19.
12 25. Januar, Lekt. Act 9, 1-22.
13 25. Juli, Evgl. Mt 20, 20-23.
14 30. November, Evgl. Mt 4, 18-22.
15 24. Juni, Evgl. Luk 1, 57-68.
16 29. August, Evgl. Mk 6, 17-29.
17 22. Juli, Evgl. Luk 7, 36-50.

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