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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0109
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Kirchendienerordnung 1537

[3] Von wem die superintendenten zu we-
len und zu bestetigen seien.
Wo der superintendenten einer töds oder anderer
sachen halben abgienge, so will unser gnediger
fürst und herr alle pfarhern, in itzt gemeltes super-
intendenten zirk gehörig, fordern lassen oder den
nechstgesessenen superintendenten zweien solchs
zu geschehen bevelen und anhalten, daß sie, die
pfarhern, aus ihnen allen drei pfarhern desselben
zirks, darin der, so abgangen were, gehort hette
und sie hierzu am tuglichsten achten, furschlagen
und dieselbigen drei den superintendenten schrift-
lich oder personlich zuschicken, also daß diesel-
bigen superintendenten alsdann einen aus den
dreien welen, und wilchen also die superinten-
denten welen, sollen sie furter an unsern gnedigen
f. und h. schicken mit ihren gepurlichen schriften
und zeugnissen, und hat also volgents unser g. f.
und h. solchen zu confirmiren und deshalben be-
velhsbrieve ausgehen zu lassen.
Wo aber seiner f. g. aus redlichen ursachen be-
wegt solchen nicht zuzulassen, alsdann will seine
f. g. solchs den superintendenten widerumb an-
zeigen, seiner f. g. ein andern aus den andern
zweien, so die pfarhern des bezirks benent hetten,
furzuschlagen etc.
Wo sichs aber also zutruge, daß die pfarhern ob-
gemelt solche person bei ihnen nicht finden noch
furschlagen kunten, sonder in einem andern zirk
suchen und anzeigen müßten, sal solche person,
wo sie gemelter weise tuglich ist und angenommen
wurt, von ihrem ort an den andern, dahin sie fur-
ter zu verordnen sein wurdet, commode trans-
ferirt werden.
[4] Was der superintendenten ampt und
bevelh sein, und daß sie solchs mit vleiß
ausrichten sollen.
Es sal ein ider superintendent alle und ein ide
pfarre seines zirks, an dem ort sie gelegen aufs
wenigst in zweien jaren einmal visitiren und da-
selbs sich mit vleiß erkunden, erstlich wie ein je-
der pfarher beid, in lahr und leben, geschickt seie.
Der lahr halben soll sich der superintendent
erstlich in freuntlichem gesprech gegen einem je-

den pfarhern insonderheit erlernen, in furwendung
etlicher punkt und artickel, so itzt mancherlei
rotten und sekten zu unsern zeiten streitig machen,
als von beider, göttlicher und menschlicher natuer
Christi, was gesatz, sunde, christliche buße, evan-
gelion und gute werke seien oder nicht, wie und
durch wen die sunde vergeben und das ewig leben
erlangt werde, was der tauf und des Herren nacht-
mal und weme sie mitzuteilen oder nicht und der-
gleichen viel andere stucke mehr, wilchs alles am
höchsten zu wissen, zu leren und zu treiben von-
nöten ist. Zum andern sal der superintendens zu
weiterer erfarung der lere und wie sich ein ider
pfarher darin gehalten und gebessert, in einer je-
den pfarren, da er visitirt, des morgens die gemein
zusamenfordern und alda den pfarhern des orts
eine prediget des inhalts, wie ihme der superinten-
dens des abents zuvor angezeigt, tun lassen. Item
seine kirchenordnung mit singen, betten, lesen,
taufen, des herren nachtmal zu halten und der-
gleichen selbs in augenscheinlicher ubung und auch
sunst in des pfarherns kirchenbuchlin besehen, und
was er alsdann an dem allem straffpar und zu ver-
bessern befindet, sal er ihnen nach der predig in
geheim freuntlich unterweisen, leren und zur bes-
serung ernstlich ermanen.
Des lebens halben sal sich der superintendent
auch vleißig erkunden, den pfarhern, nachdem er
sein predigt geschlossen, abtretten lassen und die
gememe fragen, ob sie auch ihren pharhern in der
lere rein ader unrein vermirken, ob er in seinern
leben erbar, redlich und unsträflich seie oder nicht,
ob er auch bier oder wein schenke, offenliche ta-
fern halte oder besüche und dergleichen ihme un-
gepurliche hantierunge treibe, item wie er sich
gegen die armen leute in seiner pfarr, im hospital,
siechenhause, kranken und dergleichen, auch sein
weib, kinder und hausgesinde gegen den nach-
puren halten.
Dergleichen sal auch der superintendens sich
des capelans und anderer kirchendiener, wo sie
seint, erkunden, ob sie sich auch in rechtem gehor-
sam gegen dem pfarhern und ihrem dienst gegen
den pfarkindern mit ihrem leben und wesen hal-
ten etc. Und sal alsdann die gemeine durch einen
ausschuß zwen oder drei die geschicktesten men-

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