Kasseler Kirchenordnung 1539
Auf die ermanunge soll der pfarher dann erzelen,
welche zum nachtmal durch Gottes wort nit zuge-
lassen können werden24, und daruf verlesen das ge-
meine gebett für den kirchendienst25, die regirung
und alle notturft der kirchen mit dem anhang, daß
der Herr denen, so zu dem tische des Herren gehn
4 KE fügt hier ein:
Zum nachtmal des Herren. Oratio
Almechtiger, ewiger, gütiger Gott und vater, du hast
uns durch dein lieben Son, unsern Herrn J. C., auch
sein heiligen apostel bevolhen, uns vor dir in seinem
namen zu versamlen und verheißen, was wir dich, also
vereiniget und in seinem namen bitten, das wollest du
uns gnediglich geben. So bitten wir dich durch den-
selbigen deinen lieben Son, unsern einigen heiland.
Erstlich du wollest uns alle unsere sünd und missetat,
die wir dir hie alle beichten und bekennen, gnedighchen
verzeihen und dein billigen zorn, den wir mit zu schwe-
rer ubertretung verdienet haben, durch das blut und
die teure versünung deines Sons, unsers mitlers gne-
diglich von uns abwenden und deinen heiligen Geist in
uns sterken, daß wir ihm zu deinem wolgefallen genz-
lich ergeben, auf daß wir dich jetzund und alle zeit für
uns und andere in rechtem glauben bitten und dein
hülf und gnad reichlich erlangen mögen. Und bitten
dich also erstlich vor deine kirche und gemein, erlöse
die von allen wolfen und midlingen, die sie zerstören
und sich mit ihrem verterben wider dich erhöhen, gib
und erhalt ihr frommen getreuen emsigen hirten und
seelsorger, damit alle deine zerstreuten schöfflein zu
deinem lieben Son, dem erzhirten und bischoff unserer
seelen, recht versamlet und in seine ware gemeinschaft
gebracht werden, uf daß ein hirt und ein schaffstal sei.
Also bitten wir dich auch, heiliger Vater, für alle
deine diener, unsere öberen keiser, könig, fürsten und
herrn und fürnemlich für unser landsfürsten, seine rete
und gewaltigen und regenten dieser stadt, gib und
mehr diesen allen dein recht fürstlichen geist und gnade
deiner regierung, damit sie Christum, deinen Son, un-
sern Herrn erkennen und küssen, als dem du allen ge-
walt geben hast im himel und erden, daher ihre unter-
tanen, aber dein gescheft und kinder, also regiren, daß
wir hie und allenthalben ein ruwig still leben füren in
aller gottseligkeit und erbarkeit. Weiter bitten wir dich
auch, heiliger vater, für alle menschen, auch die nach
von deinem reich entfrembdet sein, zeuch zu deinem
Son, unserm heiland, alle, die nach von ihm flihen, und
die du ihm gezogen und erleuchtet hast, daß sie nu
wissen, in ihm allein verzeihung der sünd und alles guts
zu erlangen, die sterk in dieser erkentnus und gib ihnen,
daß die erkentnus immer tetiger bei ihnen werd zu allen
guten werken.
24 Vgl. die Liste derer, die vom Abendmahl auszu-
schließen sind, unter k. Die Tafel gründet in den
Zuchtbestimmungen der Ziegenhainer Ordnung und
geht im einzelnen an dem Dekalog entlang. Ähnlich
verhält es sich in Straßburger Ordmmgen seit 1537,
wöllen, seine gnade und geist verleihe, seinem gne-
digen zusagen recht zu glauben, sein leib und blut
mit gebürender andacht zu entpfahen, darzu daß
sie hinfurt nit ihnen selbst, sondern in dem Herrn
und der Herre in ihnen lebe ein leben, das zum preis
Gottes und heil des negsten immer dienei
Wir bitten dich auch, gütiger Gott und vater, für
alle die, so du in besonderer straff und zucht heltest, es
sei durch armut, elend, kranckeit, gefenknus und ander
jamer und anfechtung. Gib ihnen zu erkennen deine
gnedige veterliche hand, tröst und erlöse sie endlich
von allem ubel, gib uns an der zucht zu erkennen und
zu bedenken, daß wir wol schwerer züchtigung ver-
dient haben, damit wir uns desto zeitiger und herz-
licher von allem argen zu deinem allein gutem willen
bekeren, richten und halten.
Zuletzt bitten wir dich, ewiger getreuer Gott und
Vater, weiters auch für uns alhie, die wir für deinen
göttlichen augen zu deinem wort, gebet und heiligen
sacramenten versamlet sein, erleucht unsere augen des
herzens und gib uns recht zu erkennen und zu beden-
ken, daß wir leider von unsern eltern und uns selbst so
verkerter und verdampter natur und art sein, daß wir
durch unser fleisch und blut dein reich, wilches ist alle
gerechtickeit und seligkeit, nicht ererben, sondern
allein dein ewigen zorn und alles unglück verdienen
mögen, daß aber du, aller gütigster Gott, aus deiner
gruntlosen barmherzigkeit dieser unser elend und ver-
terben angesehen und dein ewiges wort, deinen lieben
Son, hast wollen fleisch und unser bruder werden, da-
mit wider ein heilisch fleisch und blut were und wir
armen verdampten menschen durch ihn wider zu dei-
ner biltnus und allem göttlichen willen und gefallen
erneuert und wider geheiliget worden. Darumb er den-
selbigen seinen heiligen leib und blut dir für unser
sünd am kreuz aufgeopfert und damit all unsere sünd
bezalet und uns dir versünet hat, und uber das alles hat
er sich selbst, seinen waren leib und blut, in dem heili-
gen sacrament zur speise und trank geben, auf daß er
in uns und wir in ihm leben ein fein heihgs göttlichs
leben. Dies alles verleihe uns, heiliger himlischer Vater,
in rechtem lebendigem glauben zu vernemen, itzund
und alwegen gründlich zu erwegen und zu betrachten,
damit wir doch eimnal uns selbst und aller unser ver-
terpter vernunft und böse lüsten gar verleugnen und
uns genzlich in deinem lieben Son, unsern Herren,
einigen heiland und erlöser ergeben, alle hülf und trost
allein in ihm und seinem tod, kreuz und uferstentnus
suchen und entpfahen und jetzund sein heiligen leib
und blut entpfahen mit aller dankbarkeit umb sein
menschwerdung, bitter leiden und sterben, seine him-
lische regirung und daß er sich uns selbst hie gibt zur
speise und trank zum ewigen leben, daß wir dich in
jedoch werden hier die Vergehen gegen den Dekalog
in das Confiteor des an dem Abendmahl Beteiligten
hineingenommen, vgl. Hubert 92ff.
25 Das Gebet vgl. unter i; vgl. dazu die Straßburger
Gebete bei Hubert lOOff.
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Auf die ermanunge soll der pfarher dann erzelen,
welche zum nachtmal durch Gottes wort nit zuge-
lassen können werden24, und daruf verlesen das ge-
meine gebett für den kirchendienst25, die regirung
und alle notturft der kirchen mit dem anhang, daß
der Herr denen, so zu dem tische des Herren gehn
4 KE fügt hier ein:
Zum nachtmal des Herren. Oratio
Almechtiger, ewiger, gütiger Gott und vater, du hast
uns durch dein lieben Son, unsern Herrn J. C., auch
sein heiligen apostel bevolhen, uns vor dir in seinem
namen zu versamlen und verheißen, was wir dich, also
vereiniget und in seinem namen bitten, das wollest du
uns gnediglich geben. So bitten wir dich durch den-
selbigen deinen lieben Son, unsern einigen heiland.
Erstlich du wollest uns alle unsere sünd und missetat,
die wir dir hie alle beichten und bekennen, gnedighchen
verzeihen und dein billigen zorn, den wir mit zu schwe-
rer ubertretung verdienet haben, durch das blut und
die teure versünung deines Sons, unsers mitlers gne-
diglich von uns abwenden und deinen heiligen Geist in
uns sterken, daß wir ihm zu deinem wolgefallen genz-
lich ergeben, auf daß wir dich jetzund und alle zeit für
uns und andere in rechtem glauben bitten und dein
hülf und gnad reichlich erlangen mögen. Und bitten
dich also erstlich vor deine kirche und gemein, erlöse
die von allen wolfen und midlingen, die sie zerstören
und sich mit ihrem verterben wider dich erhöhen, gib
und erhalt ihr frommen getreuen emsigen hirten und
seelsorger, damit alle deine zerstreuten schöfflein zu
deinem lieben Son, dem erzhirten und bischoff unserer
seelen, recht versamlet und in seine ware gemeinschaft
gebracht werden, uf daß ein hirt und ein schaffstal sei.
Also bitten wir dich auch, heiliger Vater, für alle
deine diener, unsere öberen keiser, könig, fürsten und
herrn und fürnemlich für unser landsfürsten, seine rete
und gewaltigen und regenten dieser stadt, gib und
mehr diesen allen dein recht fürstlichen geist und gnade
deiner regierung, damit sie Christum, deinen Son, un-
sern Herrn erkennen und küssen, als dem du allen ge-
walt geben hast im himel und erden, daher ihre unter-
tanen, aber dein gescheft und kinder, also regiren, daß
wir hie und allenthalben ein ruwig still leben füren in
aller gottseligkeit und erbarkeit. Weiter bitten wir dich
auch, heiliger vater, für alle menschen, auch die nach
von deinem reich entfrembdet sein, zeuch zu deinem
Son, unserm heiland, alle, die nach von ihm flihen, und
die du ihm gezogen und erleuchtet hast, daß sie nu
wissen, in ihm allein verzeihung der sünd und alles guts
zu erlangen, die sterk in dieser erkentnus und gib ihnen,
daß die erkentnus immer tetiger bei ihnen werd zu allen
guten werken.
24 Vgl. die Liste derer, die vom Abendmahl auszu-
schließen sind, unter k. Die Tafel gründet in den
Zuchtbestimmungen der Ziegenhainer Ordnung und
geht im einzelnen an dem Dekalog entlang. Ähnlich
verhält es sich in Straßburger Ordmmgen seit 1537,
wöllen, seine gnade und geist verleihe, seinem gne-
digen zusagen recht zu glauben, sein leib und blut
mit gebürender andacht zu entpfahen, darzu daß
sie hinfurt nit ihnen selbst, sondern in dem Herrn
und der Herre in ihnen lebe ein leben, das zum preis
Gottes und heil des negsten immer dienei
Wir bitten dich auch, gütiger Gott und vater, für
alle die, so du in besonderer straff und zucht heltest, es
sei durch armut, elend, kranckeit, gefenknus und ander
jamer und anfechtung. Gib ihnen zu erkennen deine
gnedige veterliche hand, tröst und erlöse sie endlich
von allem ubel, gib uns an der zucht zu erkennen und
zu bedenken, daß wir wol schwerer züchtigung ver-
dient haben, damit wir uns desto zeitiger und herz-
licher von allem argen zu deinem allein gutem willen
bekeren, richten und halten.
Zuletzt bitten wir dich, ewiger getreuer Gott und
Vater, weiters auch für uns alhie, die wir für deinen
göttlichen augen zu deinem wort, gebet und heiligen
sacramenten versamlet sein, erleucht unsere augen des
herzens und gib uns recht zu erkennen und zu beden-
ken, daß wir leider von unsern eltern und uns selbst so
verkerter und verdampter natur und art sein, daß wir
durch unser fleisch und blut dein reich, wilches ist alle
gerechtickeit und seligkeit, nicht ererben, sondern
allein dein ewigen zorn und alles unglück verdienen
mögen, daß aber du, aller gütigster Gott, aus deiner
gruntlosen barmherzigkeit dieser unser elend und ver-
terben angesehen und dein ewiges wort, deinen lieben
Son, hast wollen fleisch und unser bruder werden, da-
mit wider ein heilisch fleisch und blut were und wir
armen verdampten menschen durch ihn wider zu dei-
ner biltnus und allem göttlichen willen und gefallen
erneuert und wider geheiliget worden. Darumb er den-
selbigen seinen heiligen leib und blut dir für unser
sünd am kreuz aufgeopfert und damit all unsere sünd
bezalet und uns dir versünet hat, und uber das alles hat
er sich selbst, seinen waren leib und blut, in dem heili-
gen sacrament zur speise und trank geben, auf daß er
in uns und wir in ihm leben ein fein heihgs göttlichs
leben. Dies alles verleihe uns, heiliger himlischer Vater,
in rechtem lebendigem glauben zu vernemen, itzund
und alwegen gründlich zu erwegen und zu betrachten,
damit wir doch eimnal uns selbst und aller unser ver-
terpter vernunft und böse lüsten gar verleugnen und
uns genzlich in deinem lieben Son, unsern Herren,
einigen heiland und erlöser ergeben, alle hülf und trost
allein in ihm und seinem tod, kreuz und uferstentnus
suchen und entpfahen und jetzund sein heiligen leib
und blut entpfahen mit aller dankbarkeit umb sein
menschwerdung, bitter leiden und sterben, seine him-
lische regirung und daß er sich uns selbst hie gibt zur
speise und trank zum ewigen leben, daß wir dich in
jedoch werden hier die Vergehen gegen den Dekalog
in das Confiteor des an dem Abendmahl Beteiligten
hineingenommen, vgl. Hubert 92ff.
25 Das Gebet vgl. unter i; vgl. dazu die Straßburger
Gebete bei Hubert lOOff.
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