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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0137
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Kasseler Kirchenordnung 1539

Und so der pfarher dies gebet beschlossen, soll er
zum tisch26 gehen27, uf dem brot und wein fürge-
stelt sein, und die andern diener des worts, sampt
den eltesten und castenherrn umb den tisch umb-
her sich stellen. Da soll dann der pfarher an dem
tische gegen dem volk stehen, das Vatter unser mit

und durch ihn jetzund und alle zeit umb alle diese gut-
tat loben und preisen mit worten und werken, willigem
dienst und milder hülf an den armen und dörftigen,
daß also dein göttlicher namen immermer durch uns
geheiliget, dein reich erweitert und einmal alles bei uns
auf erden mit solcher lust und lieb nach deinem heili-
gen willen geschehe, wie das im himel geschicht, darzu
gib uns auch unser teglich brot, alle leibes notturft, ge-
sundheit und friede, daß wir dir dies zu lob gebrauchen
mögen, und verzeih uns unser teglich fehel, wie jetz-
und vor deinen augen wir allen denen verzeihen, so
uns je leides getan haben, und laß uns den versucher,
den bösen feind, nimmer mehr mit seiner anfechtung
obliegen, sonder erlöse uns von ihm und allem argen.
Denn dein ist das reich, die kraft und herrligkeit in
ewigkeit, Amen.
Ein ander und kurzer form des gebets
Barmherziger Gott, himlischer Vater, du hast uns
geheißen, in deinem und deines lieben Sons unsers
Herren und heilands Jhesu Christi namen zu versam-
len und dich umb alles, das uns und allen menschen
nutz und gut sein mag, zu bitten, mit gnediger ver-
tröstung uns veterlich zu geweren. Hierauf vertröstet
erscheinen wir alhie vor den augen deiner göttlicher
maiestet, bitten und flehen, du wollest uns alle unsere
sünd und ungerechtigkeit verzeihen und unser herz
mit deinem heiligen Geist erneuern und zu deinem
Sohn unseren Herrn Jhesu Christo aufrichten und er-
hitzigen durch deinen heiligen Geist, daß wir dich für
alle notturft deiner kirchen und aller menschen mit
allem vertrauen bitten und von dir erlangen, was uns
allen zu deinem preis warlich nutzen und fromen mag.
Und bitten dich erstlich für deine kirche und gemeine,
erlöse und behüt die vor allen denen bischoffen und
fürgengern, die du nicht gesandt hast und sende ihnen,
die alle deine zerstreuete schefflein mit allen treuen
suchen und unserm Herrn Christo, dem allein guten
hirten, zufüren, und welche sie ihm zubracht haben zu
allem deinem willen und gefallen teglichen besser und
sterker erbauen, damit bei uns und allenthalben alles
gottlos wesen, alle secten, rotten und aller falscher
gottesdienst hienfall und ausgetilget werden und wir
in einickeit wares glaubens und erkentnus deines lieben
Sons einander recht begegnen, in ihm genzlich versam-
let und eins werden zu deinem lob und besserung un-
sers nehsten, Amen.
26 Die gottesdienstlichen Handlungen finden sonst auf
der Kanzel statt, vgl. S. 114; für die Abendmahls-
handlung wird stets der „Tisch“ festgehalten und

tapferer verstentlicher sprache vorbetten und dann
die wort des Herrn, mit denen er sein heilig abent-
mal gehalten und angesetzt hat, gleichermaßen
fürsprechen und daruf das heilig sacrament, durch
sich selbst den leib des Herrn, durch den capellan
zu der andern seiten des tisches das blut des Herren,
Also bitten wir dich auch für unsere öbern, keiser,
könig, fürsten und herrn, und fürnemlich für unsern
landsfürsten, seine ret und gewaltigen und regenten
dieser stadt, gib ihnen, daß sie warlich Gottes seien,
alles arges bei ihren untertanen, die aber werk deiner
hende und schefflein deiner weide sein, abtreiben, alles
guts pflanzen und fordern, damit wir frei von forcht
der feinden dir dienen in aller heiligkeit und gerechtig-
keit.
Wir bitten dich auch, gütiger Gott und Vater, für
alle menschen, wie du doch wilt ein heiland sein aller
welt, zeuch zu deinem lieben Son, die noch von ihm
entpfremdet sein, und die du zu ihm gezogen, denen
gib in seiner erkentnus immer zu wachsen und zuzu-
nemen.
Und vor die, die du uns allen zum exempel züchti-
gest mit allerlei anfechtung und trübsal, bitten wir
auch, tröst sie und hilf ihn aus allen nöten und gib uns,
daß wir deine veterliche warnung an ihnen zu herzen
füren und uns selbst richten und bessern, daß wir nicht
von dir müssen gerichtet werden, und uns, die wir al-
hie vor deinen göttlichen augen zu deinem wort, gebete,
almusen und heiligen sacramenten versamlet sein, ver-
leih, daß wir ja alhie allein in deinem und deines lieben
Sohns namen versamlet sein, gib, daß wir dein heiliges
gesetz und evangelii mit rechtem glauben fassen und
daher einmal genzlich uns selbst abstehen und an dei-
nem Son, unsern einigen heiland uns ergeben, der uns
auch allein durch sein bitter leiden und sterben von
sünden von ewiger verdamnus erlöset und durch seine
selige auferstentnus und himlische regirung zu sich in
seine kirch und gemein beruffet und ihm selbst zum
ewigen leben eingeleibet hat, und gib uns uber das alles
auch seinen leib und blut in dem heiligen sacrament
zur speis und trank in das ewige leben, auf daß wir
immer mehr in ihm und er in uns lebe zu unserm ewi-
gen heil und seligkeit. Dies alles gib, heiliger Vater,
uns im lebendigem rechten glauben zu bedenken und
in solchem glauben diese selige gemeinschaft des leibs
und bluts deines lieben Sons, unsers Herren von sei-
nem tiesch zu entpfahen, also daß wir selbst in uns
immer weniger und in ihm aber als völliger leben und
er in uns ein leben, das dir zu allem preis und dem nech-
sten zu aller besserung dienen, damit dein nam an uns
also mehr geheiliget, dein reich erweitert, etce. ut
supra. [Vgl. diese S. oben]

der Begriff des Altares abgelehnt.
27 Vgl. die liturgischen Ausführungen des folgenden
unter k.

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