Stipendiatenordnung 1546
14. Stipendiatenordnung
15461
Wir Philips von Gots gnaden Landgrave zu Hes-
sen, Grave zu Catzenelnpogen, zu Ditz, zu Ziegen-
hain und zu Nidda, bekennen hiermit gegen men-
niglichen: Als wir hiebevor mit zeitlichem rate, Got
dem almechtigen zu preis, lob und ehren und zu
erhaltung guter kunst zuvoren gotlichs worts,
christlicher lehre und zucht ein universitet in unser
stat Marpurg ufgericht, fundiret2, auch mit vilen
trefflichen gelerten bestellt3 und aber befunden,
daß unser ordenung der stipendiaten etwas in abfal
geraten4, so seind wir verursacht worden, darin zu
sehen mit unserer rete und theologen, auch des
hochgelerten Philippi Melanchthonis rate5 und be-
denken ein gute bestendige ordenunge, statuten
und leges zu machen, wie es hinfurter mit den sti-
pendiaten, ihren lectionibus und andern gehalten
werden soll.
[1] Und erstlich, damit die reine lehre unser waren
christlichen religion in unserm fürstentumb desto
statlicher und besser erhalten werde, so wollen wir
die pfarren allenthalben, da einiche oder mehr
nicht genugsam versehen weren, mit genugsamer
guter bestellung versehen, und ob etwas davon ent-
1 Handschriftliches Original: StA Marburg 305 I, 3.
Abdruck: Hildebrand XI S. 42ff.
Druckvorlage: Original.
Zu Fragen der Einleitung vgl. S. 16f. - Die seit der
letzten Stipendiatenordnung von 1542 ergangenen
Verordnungen und Ausschreiben: vom 9. Juli 1544
(Dommer 254a; Erman-Horn Nr. 13 725) und
vom 14. März 1545 (Dommer 197; Erman-Horn
II 13 726 und 13 726 a; Original: StA Marburg Ge-
setze und Verordnungen II A, 1 Pak. 1; Abdruck:
HLO I, 143f.).
2 Die landgräfliche Fundationsurkunde vom 31. Au-
gust 1529 bei Hildebrand Nr. III. Zur Frage der
Unterhaltung armer Prädikanten vgl. die Donations-
urkunde vom 4. Oktober 1540, Hildebrand Nr.VII
S. 32ff.; Erman-Horn II, 13 600 und Hermelink
31 ff.
3 Vgl. Erman-Horn II, 13392 ff. und Gundlach
Catalogus (hier die ältere Literatur).
4 Schon das fürstliche Ausschreiben vom 14. März
1545 dringt darauf, daß die Stipendiatenordnung
besser gehalten werden soll, vgl. HLO I, 143f.
5 Die Lektionsordnung der Universität (vgl. die Sta-
tuten vom 31. August 1529 bei Hildebrand Nr. IV)
zogen6, dasselbige widderumb restituiren lassen,
damit ein jeder pfarrer seine zimbliche underhal-
tung haben moge. Und als in unsern landen an
vil orten zwei, drei oder mehr dorfer dermaßen und
also beieinander gelegen, daß sie durch einen pfar-
rer wol versehen werden können, so sollen unsere
superintendenten, da es die notturft erfordert und
die gelegenheit der dorfer leiden mag, solche zwei
oder drei dorfer zusamenschlagen und von dem
einkomen einen pfarrer statlich underhalten lassen.
Hat dan solcher pfarrer einer oder mehr ein weiten
district, dem mocht man, so es vonnoten were,
einen capellan adjungiren. Nachdem wir auch aus
unsern Sooden zu Allendorff eintausend gulden zu
underhaltung und zukunft der armen pfarrer ge-
ordnet haben7, so wollen wir unsern superinten-
denten hiemit in ihre pflicht und gewissen gebun-
den haben, daß sie solche tausend gulden under
die armen notturftigen und nit die reichen pfarrer
oder noch gunst, sondern also austeilen, wie sie das
gegen Got dem almechtigen und uns zu jeder zeite
in ihren rechnungen mit gutem gewissen und ehren
gedenken zu verantworten.
zeigen weitgehende Parallelen mit der Wittenberger
Ordnung von 1536 (vgl. Paulsen I, 234), hervor-
gerufen durch den direkten oder indirekten Einfluß
Melanchthons bei der Gründung der Universität.
Vgl. dazu seinen Brief an Camerarius vom 7. Sept.
1526 (CR I, 817). Auch Melanchthons Lehrbücher
lagen dem Unterricht weitgehend zugrunde, vgl.
unten Abschn. 5 S. 157.
6 Vgl. das landgräfliche Ausschreiben vom 14. Sept.
1536 (Quellen II, 329) und das Schreiben des Land-
grafen an Statthalter und Räte in Marburg vom
3. Mai 1538 (Quellen II, 366).
7 Die Donationsurkunde vom 4. Oktober 1540 (Hil-
debrand Nr. VII; vgl. Erman-Horn II, 13 600)
hatte zur Unterhaltung ärmerer Pfarren und ihrer
Diener die Gefälle des Prämonstratenserklosters zu
Spießkappel bestimmt und in die Verfügung von vier
Superintendenten gegeben (Hildebrand S. 33).
Diese Gefälle wurden schon 1542 durch die Rente
von 1000 Gulden aus der Saline Sooden abgelöst,
vgl. Hermelink 30. 74. Im übrigen vgl. J. G.
Estor, Marb. Beyträge zur Gelehrsamkeit 1749,
S. 9ff.
155
14. Stipendiatenordnung
15461
Wir Philips von Gots gnaden Landgrave zu Hes-
sen, Grave zu Catzenelnpogen, zu Ditz, zu Ziegen-
hain und zu Nidda, bekennen hiermit gegen men-
niglichen: Als wir hiebevor mit zeitlichem rate, Got
dem almechtigen zu preis, lob und ehren und zu
erhaltung guter kunst zuvoren gotlichs worts,
christlicher lehre und zucht ein universitet in unser
stat Marpurg ufgericht, fundiret2, auch mit vilen
trefflichen gelerten bestellt3 und aber befunden,
daß unser ordenung der stipendiaten etwas in abfal
geraten4, so seind wir verursacht worden, darin zu
sehen mit unserer rete und theologen, auch des
hochgelerten Philippi Melanchthonis rate5 und be-
denken ein gute bestendige ordenunge, statuten
und leges zu machen, wie es hinfurter mit den sti-
pendiaten, ihren lectionibus und andern gehalten
werden soll.
[1] Und erstlich, damit die reine lehre unser waren
christlichen religion in unserm fürstentumb desto
statlicher und besser erhalten werde, so wollen wir
die pfarren allenthalben, da einiche oder mehr
nicht genugsam versehen weren, mit genugsamer
guter bestellung versehen, und ob etwas davon ent-
1 Handschriftliches Original: StA Marburg 305 I, 3.
Abdruck: Hildebrand XI S. 42ff.
Druckvorlage: Original.
Zu Fragen der Einleitung vgl. S. 16f. - Die seit der
letzten Stipendiatenordnung von 1542 ergangenen
Verordnungen und Ausschreiben: vom 9. Juli 1544
(Dommer 254a; Erman-Horn Nr. 13 725) und
vom 14. März 1545 (Dommer 197; Erman-Horn
II 13 726 und 13 726 a; Original: StA Marburg Ge-
setze und Verordnungen II A, 1 Pak. 1; Abdruck:
HLO I, 143f.).
2 Die landgräfliche Fundationsurkunde vom 31. Au-
gust 1529 bei Hildebrand Nr. III. Zur Frage der
Unterhaltung armer Prädikanten vgl. die Donations-
urkunde vom 4. Oktober 1540, Hildebrand Nr.VII
S. 32ff.; Erman-Horn II, 13 600 und Hermelink
31 ff.
3 Vgl. Erman-Horn II, 13392 ff. und Gundlach
Catalogus (hier die ältere Literatur).
4 Schon das fürstliche Ausschreiben vom 14. März
1545 dringt darauf, daß die Stipendiatenordnung
besser gehalten werden soll, vgl. HLO I, 143f.
5 Die Lektionsordnung der Universität (vgl. die Sta-
tuten vom 31. August 1529 bei Hildebrand Nr. IV)
zogen6, dasselbige widderumb restituiren lassen,
damit ein jeder pfarrer seine zimbliche underhal-
tung haben moge. Und als in unsern landen an
vil orten zwei, drei oder mehr dorfer dermaßen und
also beieinander gelegen, daß sie durch einen pfar-
rer wol versehen werden können, so sollen unsere
superintendenten, da es die notturft erfordert und
die gelegenheit der dorfer leiden mag, solche zwei
oder drei dorfer zusamenschlagen und von dem
einkomen einen pfarrer statlich underhalten lassen.
Hat dan solcher pfarrer einer oder mehr ein weiten
district, dem mocht man, so es vonnoten were,
einen capellan adjungiren. Nachdem wir auch aus
unsern Sooden zu Allendorff eintausend gulden zu
underhaltung und zukunft der armen pfarrer ge-
ordnet haben7, so wollen wir unsern superinten-
denten hiemit in ihre pflicht und gewissen gebun-
den haben, daß sie solche tausend gulden under
die armen notturftigen und nit die reichen pfarrer
oder noch gunst, sondern also austeilen, wie sie das
gegen Got dem almechtigen und uns zu jeder zeite
in ihren rechnungen mit gutem gewissen und ehren
gedenken zu verantworten.
zeigen weitgehende Parallelen mit der Wittenberger
Ordnung von 1536 (vgl. Paulsen I, 234), hervor-
gerufen durch den direkten oder indirekten Einfluß
Melanchthons bei der Gründung der Universität.
Vgl. dazu seinen Brief an Camerarius vom 7. Sept.
1526 (CR I, 817). Auch Melanchthons Lehrbücher
lagen dem Unterricht weitgehend zugrunde, vgl.
unten Abschn. 5 S. 157.
6 Vgl. das landgräfliche Ausschreiben vom 14. Sept.
1536 (Quellen II, 329) und das Schreiben des Land-
grafen an Statthalter und Räte in Marburg vom
3. Mai 1538 (Quellen II, 366).
7 Die Donationsurkunde vom 4. Oktober 1540 (Hil-
debrand Nr. VII; vgl. Erman-Horn II, 13 600)
hatte zur Unterhaltung ärmerer Pfarren und ihrer
Diener die Gefälle des Prämonstratenserklosters zu
Spießkappel bestimmt und in die Verfügung von vier
Superintendenten gegeben (Hildebrand S. 33).
Diese Gefälle wurden schon 1542 durch die Rente
von 1000 Gulden aus der Saline Sooden abgelöst,
vgl. Hermelink 30. 74. Im übrigen vgl. J. G.
Estor, Marb. Beyträge zur Gelehrsamkeit 1749,
S. 9ff.
155