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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0183
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Stip endiatenor dnung 1560

gung ihr rätlich bedenken in schriften vorbracht
und eröffnet, welches wir uns also gnediglich wol-
gefallen lassen, setzen demnach, ordenen und wöl-
len, daß es hinfüro in unserm fürstentumb und zu-
gehörigen graf- und herrschaften mit den geist-
lichen beneficien, lehen oder stipendien, die an
einem jeden ort gefallen und zum studio verordenet
sein, nachvolgender gestalt gehalten werden soll.
[1] Und erstlich, wiewol wir uns zu erinnern wis-
sen der ordenung, so wir anfenglich, als unser uni-
versitet Marpurg angerichtet worden, berürter be-
neficien oder stipendien halben unserer gemeinen
landschaft auf etwo gehaltenem landtage zu Hom-
berg verhalten5, und sie mit vorwissen, rat und be-
willigung derselben unserer landschaft im besten
ausgehen lassen, so haben wir gleichwol bis daher
im werk befunden, daß solche ordenung zum teil
mangelhaftig gewesen, zum teil derselben nicht ge-
lebt und nachgesetzt worden ist, in dem daß an
vielen orten die zu diesem werk geordente beneficia
oder stipendia in abgang kommen6 und nicht er-
legt oder bezalet, sondern inbehalten und etwo
anders hin verwendet und mißbraucht worden sein;
zu dem daß auch von denen orten her, da solche
stipendia noch ganghaftig blieben, gemeinlich zu
gar junge knaben, die entweder noch gar kein fun-
dament in grammatica gehabt oder sonst zum stu-
dieren untüchtig gewesen, anhero praesentirt und
geschickt worden sein. Daraus ervolgt, daß man
bisher so wenig gelerter leute, die vor andern etwas
vortrefflichs gewesen weren, aus denen, so sich be-
rürter stipendien gebraucht, auferzogen hat.
Solchem unrat aber, als der dem ganzen vatter-
land und bevorab der kirchen Christi so hoch
schädlich ist, durch ein gute bestendige ordenung
zu begegnen, haben wir zuvorderst vor notwendig
erachtet, daß die beneficia oder stipendia, so zu die-
5 Vgl. die Stipendiatenordnung 1529, Text Nr. 2.
6 Vgl. die seit der letzten Stipendiatenordnung 1546
(Text Nr. 14) ergangenen landgräflichen (bzw. die
von den heimgelassenen Räten verabschiedeten)
Ausschreiben und Verordnungen vom 12. Juli 1551
(Quellen III, 746), vom 9. Juli 1554 (Quellen III,
775) und vom 16. Oktober 1556 (Quellen III, 808).
7 Vgl. etwa die Verschreibungen von Stipendiengel-
dern seitens einzelner Städte von Oktober 1559 bis
Dezember 1560 (Quellen III, 857, mit Literatur-
angaben).

sem christlichen werk zu gebrauchen und zu ver-
wenden sein, vor allen dingen bei allen unsern stet-
ten und flecken unsers obern- und niddernfürsten-
tumbs Hessen sampt den zugehörigen graf- und
herrschaften wider ganghaftig gemacht und in ein
bestendige richtigkeit gebracht würden, damit man
also derselben stipendien und sonderlich, wieviel
man järlich von einem jeden ort her on allen ab-
gang oder verweigerung zu gewarten hat, gewiß
sein möcht7.
Darauf wir dann mit einer jeden berürter unserer
stette und flecken insonderheit auf ein namhafte
und gewisse summ, so zu diesem werk, nemblich
zu auferziehung gelehrter leute angewendet wer-
den sollen, handelen lassen, auch bei denselben
mehrerteils die undertenige und gehorsame volg
befunden, daß ein jede besondern über die summ,
der man sich mit ihr verglichen, ein besiglete ver-
schreibunge über sich gegeben hat8, dergestalt,
daß sie ohn allen abgang oder verweigerung die
verschriebene summen järlich bezalen und auf zwei
underschiedliche ziel, nemblich halb auf Walpur-
gis9 und die ander helft auf Martini10 gewißlichen
anhero den darzu verordenten innemeren liffern
wollen, welchs wir uns dann also zu einer jeden
unserer statt und flecken, die solche verschreibun-
gen von sich gegeben zu bschehen, unweigerlich
versehen. Haben demnach alle solche verschrei-
bungen gemeiner landschaft und diesem werk zum
besten in unsere archiven verwarlich legen, unserer
universitet aber glaubwürdige auscultirte copien
darvon zustellen, auch die summen, wieviel man
von einem jeden ort järlichen zu gewarten hab, in
ein bstendig erbregister underschiedlichen bringen
und dasselbig erbregister auch unserer universitet
und dem oeconomo11 und ephoro12 als hierzu dies-
mals verordenten einnehmern übergeben und zu-
8 Vgl. Diehl, Stipendienreform 234.
9 Walpurgisnacht: 30. April/1. Mai; vgl. R. Buch-
wald, Calendarium Germaniae, 1920, S. 26 (Fest
der Walpurgia dagegen: 25. Februar).
10 11. Novemher.
11 Hermann Pard, oeconomus universitatis und — nach
dem Tode Reinhard Schenks 1574 - Obervorsteher
der vier hohen Hospitalien, † 1576, vgl. Gundlach,
Zentralbehörden III, 191.
12 Stipendiatenephorus seit 1554: Caspar Rudolphi
(t 1561); vgl. S. 160 Anm. 31.

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