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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0188
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Stipendiatenordnung 1560

predigen, lehren und sonst insonderheit nützlich
vorsein möchten etc., sollen durch rectorem, deca-
num, pfarhern und professores theologicae facul-
tatis zu den maioribus stipendiis (doch mit vorge-
hender nottürftiger examination) praesentirt wer-
den, darüber wir gleichwol uns die confirmation
vorbehalten.
Und obwol hierinnen die landsassen und an-
geborne undertanen den vorzog vor den auslendi-
schen haben sollen, jedoch da die zal der zehne von
landsassen, die der geschicklikeit weren, als ob-
stehet, nicht künte erfüllt werden, so fern dann aus-
lendische praeclara und vortreffliche ingenia weren,
die sich dem vatterland zu dienen obligirn und ver-
pflichten würden, die sollen in diese zal der maio-
rum auch aufgenommen und mit obgemelten sti-
pendiis so wol als die landsassen fünf jar lang under-
halten werden, in welcher zeit sie sich auf das stu-
dium theologiae ganz geben und dasselbige conti-
nuiren, sich auch in publicis disputationibus, de-
clamationibus auch sonderlich concionibus et lec-
tionibus patrum27 und sonsten dermaßen exerciren
und üben sollen, daß sie zu ausgang der bstimpten
fünf jar doctores, superintendenten, professores
theologiae, hoff- oder stattprediger werden mögen.
Diese maiores sollen die publicas theologorum
lectiones und disputationes nimmer versaumen,
sondern, so oft die gehalten werden, zu disputiren
schuldig sein, auch darbeneben mit den professo-
ribus theologiae privatim von ihren studiis und
dem, so sie in sacra scriptura, patribus oder son-
sten geläsen haben, iderzeit conversirn, darmit also
dieselben professores von ihrem fleiß und geschick-
licheit, auch wesen und wandel uns, so oft wirs be-
geren, oder dem rectori, decano und andern pro-
fessoribus nottürftigen bericht tun und zeugnus
geben können.
Vornehmblich aber sollen sich die maiores mit
predigen fleißig üben und erstlich auf dörfern, vol-
gens allhie in unser statt Marpurg, dergestalt, daß
27 Vgl. dazu vor allem S. 28.
28 Das Dominikanerkloster zum hl. Johannes bapt.,
1291 gegründet; 1493 reformiert, zur holländischen
Observanten-Kongregation gehörig. 1527 wurden die
Mönche abgefunden. 1529 wurde das Klostergebäude
für die juristische Fakultät und als Pädagogium ver-
wendet (collegium Lani); vgl. Dersch 112f.

eines jeden feiertags aus den maioribus allweg einer
daselbst extraordinarie ein predigt tue, darzu rec-
tor, decanus, ephorus und professores theologiae
ihnen ein gelegene stund und ort als im prediger-
kloster28, oder im kugelhaus29, wo sichs am besten
schicken wil, benennen, auch allweg selbst bei der
predigt sein und darauf mit ernst sehen sollen, daß
diese predigen also gewißlichen und unweigerlich
nach der ordenung beschehen und in dem keiner,
den die ordenung betrifft, übersähen werde.
Da auch diese maiores ihre studia geendet und
die jar nach ausweisung dieser unser ordnung com-
plirt hetten, daß sie nunmehr zum kirchendienst
und predigampt zu gebrauchen weren, sollen sie zu-
vorderst durch unsern superintendenten dieses be-
zirks Marpurg30 in beisein der andern theologen
und predicanten nottürftiglich examinirt und zu
dem predigampt solemniter cum impositione ma-
nuum31 ordinirt werden.
[6] Von caution der examinirten stipen-
diaten und ihrer eltern oder freunde.
Wann die minores stipendiarii in examine tüg-
lich befunden und zu den stipendien zugelassen
sein, sollen sie dem rectori zusagen, daß sie ihrer
studien fleißig obwarten, dieselbigen continuiren
und dieser unserer ordenung allenthalben gehor-
samlich geleben, auch entlich dem vatterland die-
nen wöllen.
Dergleichen caution und zusag die eltern, vor-
münder oder verwanten des praesentirten knabens
dem pfarherrn und burgermeister des orts, daher
solcher knabe bürtig ist, auch tun sollen32, nemb-
lich daß sie denselben knaben zum studiren fleißig
anhalten, darvon nit abwendig machen, sondern
darbei bleiben, auch theologiam studieren und ent-
lich dem vatterland dienen lassen wöllen.
Würden nun in den examinibus, deren jedes
jars zwei, als obstehet33, gehalten werden sollen, etz-
liche tardioris ingenii und zum studiren untüchtig
29 Vgl. Stipendiatenordnung 1546, Anm. 11, S. 156.
30 Dieser Zeit Kaspar Tholde, vgl. Anm. 46.
31 Vgl. Kasseler Kirchenordnung 1539, Anm. n.
32 Vgl. Stipendiatenordnung 1542, Abschn. 7. 8
(S. 145 f.).
33 Vgl. Abschn. 4.

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