Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0193
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kastenordnung 1564

nicht nachzugeben, daß sie solche ihre besserung
ihres gefallens ersteigern, und so hoch als sie selbst
wolten, verkeufen, sondern ist billich, daß jedesmal
solche besserungen, ob sie auch kündlichen ans gut
gewendetg sein, besichtigt, durch verstendige leut
gewürdigt und also allerwege mit vorwissen des
superintendenten, pfarherrs und der kastenmeister,
auch beisein unsers gnedigen fürsten und herren
beampten eines jeden orts verkauft werden.
[5] So viel auch das zerteilen der güter belangt,
dieweil daraus große unrichtigkeit, abgang und
mangel, nicht allein den pfarren und kasten ahn ein-
forderung ihrer zinse, sondern auch unserm gnedi-
gen fürsten und herrn ahn leistunge der dienste zu-
steht, so soll solches zerteilen und zerreißen der
güter hinfort abgestellt, offentlichen verboten und
niemands mehr gestattet werden, seines gefallens
die kasten- oder kirchengüter zu zerteilen, sondern
da jemand, der solche kastengüter underhanden
gehabt hette, verstürbe und mehr kinder verließe,
so sollen dieselbe kinder sich allweg also verglei-
chen, daß ihren eines bei solchen kastengüter
bleibt und im fall sie sich nicht vergleichen kön-
ten, sollen sie den superintendenten, pfarherrn und
kastenmeister eines jeden orts ersuchen, da dan
dieselben mit und neben unsers gnedigen fürsten
und herrn beampten, die von wegen s. f. g. dien-
ste auch darzu gezogen werden sollen, nach ge-
legenheit der personen und güter ermessen kön-
ten, daß solch gut ohne nachteil des dienstes und
der gebürlichen rente und zinse mehr als einem
underhanden getan werden möchte, so soll es bei
ihrer bescheidenheit stehen, in dem dasjenige vor-
zunehmen, damit in allweg unser gnediger fürst und
herr des dienstes so wol als die kirchen und kasten
ihres zinses gewiß und hebwendig sein können.
Was auch albereit von kasten- und kirchengütern
in neulichen jaren verteilt und zerrissen weren, sol
widerumb, so vil müglich, zusammenbracht wer-
den.

g gelegt HLO. h und des lehngeld: fehlt HLO.
4 Dr. Reinhard Scheffer (der Ältere) geb. 1529 Hom-
berg i. H., Studium der Jurisprudenz u. a. in Padua,
1553 Rat und Diener, 1557 Vizekanzler, 1559 Kanz-
ler zunächst unter Philipp, dann bis 1582 unter Wil-

[6] Vor allen dingen aber ist vonnöten, daß in
einer jeden pfarre die kirchen- und kastengüter in
ein bestendig erbregister gebracht, auch die guter
vereint und versteint und die personen, so die güter
underhanden haben und was ein jeder zu zins gibt,
in dasselbige register verzeichnet werden, desglei-
chen so oft ander personen zu den gütern entweder
nach absterben ihrer eltern oder sonst in andere
wege kemen, daß allweg dieselbigen personen sich
bei dem superintendenten, dem pfarherr und ka-
stenmeister angeben und in das erbregister ver-
zeichnet lassen müßten, damit also die pfarrer und
kasten jedesmals nicht allein ihrer güter, sondern
auch des zinses, bei wem sie den zu erfordern und
des lehngeld11 gewiß sein mügen.
[7] Es sol auch kein pfarherr oder kastenmeister
macht haben, einig pfar- oder kastengut erblichen
zu vorleien, viel weniger zu vorkeufen. Dann ob-
wol das kaufgelt einen höhern zins dan das gut er-
tragen möchte, so ist es doch mit pfandschaften
und farender habe mißlich, daß die pfarherrn und
kasten wol mit der zeit umb zins und hauptgeld
kommen könten, welcher gefahr man sich nicht bei
liegenden gütern zu besorgen.
Alle vorgeschriebene puncten und articull will
hochgedacht unser gnediger furst und herr steif
und fest gehalten, auch s. f. g. beampten bei den
pflichten, damit sie s. f. g. verwandt sein, befohlen
haben, daß sie von seinem f. g. wegen diese ord-
nung in den ampten offentlichen verkündigen,
auch den superintendenten, pfarherrn oder kasten-
meistern uff ihr ansuchen jedesmals bestes fleißes
beforderlich und beistendig sein, damit dieser ord-
nung allenthalben gelebt und die zu wirklicher
volnziehung gebracht werden möge. In urkund
s. f. g. ufgetruckten secret insiegels, actum Cassel
den 18ten Junii, anno dni. 1564.
Reinhardt Scheffer4, Canzler sßt.1

1 die Hnterschrift fehlt in A.
helm IV., † 1587. Als Kanzler gehörte er der ober-
sten Zentralbehörde in Kassel an. Vgl. Gundlach,
Zentralbehörden III, 227f. 350f.

12 Sehling, Bd. VIII, Hessen I

177
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften