Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0222
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1566

sollen herzugehen mit aller ehrerbitung und ihr
knie beugen. Darnach soll der superintendens wie-
derumb dies gebet mit lauter stim sprechen:
O Herr Gott, himlischer Vatter, der du allein
tüchtige diener der kirchen machest und allein
kraft und macht gibst, wir bitten dich von herzen
etc., wie droben angezeigt in der ordinierung der
superintendenten90.
(7) Zuletzt soll er die ordinirten, so vor ihm
stehen, also anreden: Nun befehle ich euch allen
und einem iglichen insonderheit die kirchen, uber
welche ihr als hirten und lehrer gesetzt werdet, auf
daß ihr die herde Gottes, welche Christus mit sei-
nem teuren blut erworben und euch vom heiligen
Geist bevohlen und zugestellet, mit aller treu und
großen fleiß weidet (Act. 20, 28), regiret, füret und
erhaltet zu der ewigen seligkeit. Und sehe sich ein
iglicher wol für, daß er ein vorbild sei den gleu-
bigen im wort, im wandel, in der lieb, im geist, im
glauben, in der keuscheit [1. Tim. 4, 12], wie ihr
zuvor ermanet seit.
(8) Hernach soll der superintendens zur ganzen
gemein reden vom ampt der zuhörer gegen die leh-
rer der kirchen, wie man in der heiligen schrift dar-
von findet, welche zeugnus der schrift zuvor als von
der ordination des superintendenten gehandlet, aus
der ersten an die Thess. 5 [12 f.] und aus dem
13. cap. an die Hebreer [17] angezogen sein, aus
welchen und andern sprüchen der schrift der super-
intendens andere argument nemen und erkleren
kann, wie ers dann vor nutzlich ansehen wird,
welchs insonderheit als denn mit großem fleiß ge-
schehen soll, so einer in der kirchen und gemein
ordinirt wird, da er das predigampt versehen soll.
(9) Die ganz gemein soll singen den 19. psalm91:
die himmel erzelen die ehre Gottes, oder sonst ein
christlich geseng etc.
Nach dem gesang soll der superintendens den
segen uber die ganze gemein sprechen und sie dar-
nach gehen lassen.
(10) Es sollauch der superintendens in das buch
seiner kirchen92, welchs er darzu in bereidschaft

90 Vgl. das Gebet S. 198 Anm. 62; Höfling 156f.
91 Vgl. S. 198 Anm. 64.
92 Vgl. S. 198 Anm. 65.
93 Vgl. G. Kunze, Die gottesdienstliche Schriftlesung

haben soll, aufzeichen, in welchem jar, monat, item
auf welchen tag und an welchem ort die ordination
von ihm geschehen, darzu auch die namen, zu-
namen, ihr vatterland und endlich auch die kirch,
welche einem iglichen ordinirten befohlen, in das-
selbig buch fleißig schreiben.
(1) Welcher nun von den examinatoribus also
examinirt und ordinirt dem superintendenten mit
schriften befohlen wird, denselbigem soll der super-
intendens sampt einem ansenlichen gottfürchtigen
pfarherrn an den ort bringen, da er ins predig-
ampt soll gesetzt werden, und wenn die gemein
desselbigen orts sich zum gottesdienst versamlet,
alles in der kirchen verrichten, was vonnöten sein
will.
(2) Vor der predig aber soll er der ganzen gemein
verkündigen, daß er sampt seinen zugeordneten
einen schriftlichen befelch hab, belangend ihren
künftigen seelsorger, seien auch darumb ankom-
men, solchem bevelch treulich nachzusetzen.
(3) Darnach soll er den gewonlichen text, so man
auf den tag zu predigen pflegt93, verlesen, darauf
soll volgen aus dem 1. ad Titum [Tit 1, 5-9] vom
ampt eines predigers: Derhalben ließ ich dich in
Creta, bis auf die wort: zu straffen die widerspre-
cher. Darauf soll volgen aus 1. Thess. 5 [12 f.] vom
ampt der zuhörer: Wir bitten aber euch, lieben
brüder, etc.
(4) Darnach soll er alles, was aus der heiligen
schrift ordentlich gelesen, nacheinander erkleren
und die ordnung halten, daß er im 1. teil seiner pre-
dig ausleg den text, welcher am ersten gelesen. Im
andern teil soll er sagen von den andern zweien
stücken, als nemlich vom ampt der pfarherrn und
was von den zuhörern Gott in seinem wort erfor-
dert.
(5) Nach der predigt und auslegung der schrift
soll gemelter pfarherr den neuen prediger an dem
ort, da man des Herren abendmal helt, der ganzen
gemein bevehlen und ihn vermanen, daß er seinem
ampt, davon er itzt gehört, fleißig nachkomme.
(6) Darauf soll der ordinirt pfarherr verheißen,
1, 1947. Nach G. L. Büff, Kirchenrecht 543
Anm. 3 ließ Landgraf Philipp das NT mit anschlie-
ßendem Perikopenverzeichnis drucken.

206
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften