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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0221
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Kirchenordnung 1566

Zuletzt solt ihr auch die kranken, betrübten und
geengste gewissen und alle die, so trostes bedürfen,
mit Gottes wort aufrichten, sterken und trösten
(Rom. 15, 4).
(2) Die sacrament der christlichen kirchen als die
tauf und des Herren abendmal solt ihr also dispen-
siren, wie ihr aus Gottes wort gelernet, daß sie vom
Herrn Christo ingesetzt seien (Mat.28, 19; 1. Cor.
11, 23), und was in den heiligen sacramenten den
gleubigen uberreichet werde. Ihr solt auch den
rechten nutz derselbigen oft erkleren und euer ge-
mein fleißig einbilden und aufs allertreulichst be-
fehlen und endlich mit allem fleiß darauf sehen,
daß sie ja von niemand entheiliget noch mißbraucht
werden.
(3) Ihr sollet euch auch vornemlich bemühen und
vor allen clingen darnach trachten, damit all euere
zuhörer durch euer lehr, vermanung, gebet und
straff geistliche früchte, welche dem erkentnüs der
reinen lehr und dem rechtem brauch der sacrament
gemeß seien, zu bringen erweckt und bewegt wer-
den und daß solche früchte jederman offenbar wer-
den, damit der nam Gottes bei den menschen ge-
ehret und gepreiset (2. Tim. 3, 10f.). Und damit
solchs geschehe, solt ihr zu hülf nemen die andern
lehrer und eltesten in derselbigen gemein (Actorum
14, 23; ad Titum 1,5), solt auch mit denselbigen als
euern lieben mitbrüdern friedsam leben (1. Tim.
5, 19) und allezeit von der besserung, nutz und zu-
nemen der kirchen ratschlagen. Was vor gescheft
vorfallen, davon solt ihr mit denselbigen fleißig
handeln, und so sie endlich ein guten rat geben oder
vorschlag tun, recht urteil sprechen, demselbigen
fleißig und treulich nachsetzen, damit nicht under-
lassen noch verseumet werde, das zu erhaltung
guter disciplin und zu gemeiner erbauung und rech-
ter administration der kirchen furderlich und nutz-
lich ist. Denn der kirchen heil und wolfart wird nit
allein durch reine lehr, sondern auch durch ge-
schickte regierung erhalten.
(4) Damit solchs alles recht und fruchtbarlich
verhandelt werde, will vonnöten sein, daß ihr nicht
allein mit worten, sondern auch mit der tat und
werken lehret, also daß ihr euch ehrlich und recht-

schaffen gegen jedermann haltet, euer hausgesind
wol regiret, kein weinseufer noch geiziger seiet
(1. Tim. 3, 3f.), daß ihr euch aller billichkeit und
meßigkeit in allen dingen befleißiget. In summa,
daß ihr ein vorbild seiet den gleubigen im wandel,
in der lieb, im geist, im glauben, im wort, in der
keuscheit. Halt an mit lesen, mit ermanen, mit
lehren. Laßt nicht aus der acht die gabe, die euch
gegeben seint. Solchs wartet, damit gehet umb, auf
daß euer zunemen in allen dingen offenbar sei. Habt
acht auf euch selbst und auf die lehre, beharret in
diesen stucken mit aller standhaftigkeit (1. Tim. 4,
12-14. 16). Die nachrede aber böser leut und ver-
echter Gottes worts, darzu ihr list, erdichte leste-
rung und gespöt solt ihr nicht achten noch in euerm
ampt euch hindern lassen und an Gottes hülf nim-
mer zweifeln. Denn wo ihr solchs tut, werdet ihr
euch selbs selig machen und die euch hören.
Dies seind nun, mein geliebten im Herrn, der
prediger und der eltesten, so im wort arbeiten, vor-
nemste empter nach der lehr Gottes und unsers H.
J. C. und nach der auslegung seiner h. apostel. Be-
ger derwegen von euch vor dem angesicht Gottes
und unsers H. Jesu Christi und seiner auserwelten
engeln (1. Tim. 5, 21) und dieser ganzen christlichen
versamlung, ob ihr auch versprechen wollet, dies
also stetig und treulich zu halten.
Darauf antworten die ordinanden, ein iglicher in-
sonderheit: Sie erkennen wol, daß ein schwer ampt
sei, darin sie sich begeben wollen, dieweil sie aber
doch darzu beruffen und sich auf das gebet der gan-
zen kirchen und die gnedige hülf des gütigen Got-
tes genzlich verlassen, verheißen sie, alles zu tun,
was in ihrem vermögen ist.
(5) Darauf soll der superintendens mit kurzen
worten die ganz gemein ermanen, den almechtigen
Gott umb sein hülf und beistand anzuruffen im
namen J. C. und ihnen dies volgend gebet mit hel-
ler stim vorsprechen:
O almechtiger, gütiger Gott, himlischer Vatter,
als dein lieber Sohn89.
(6) Nach dem gebet soll der superintendens sampt
den andern dienern des worts und eltesten den ordi-
nanden die hend auflegen, welche auch ordentlich

89 Es folgt im Original das Gebet S. 197 (Vgl. S. 197 Anm. 60; Höfling 155f.)

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